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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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bezahlte.
    Grant glaubte, ihm sei zuviel berechnet worden, war
    sich aber nicht sicher.
    Das Mädchen an der Hotelrezeption war das ver‐
    blichene Abbild der Mädchen hinter Empfangsschaltern auf
    der ganzen Welt.
    «Das Zimmer für John Grant. Ich habe schriftlich ge‐
    bucht.»
    Wortlos nahm das Mädchen einen dicken Ordner zur
    Hand und fing an, die Seiten umzublättern. Grant stellte seine Koffer ab und wartete mehr oder weniger geduldig.
    Das Mädchen fand die Seite mit den Buchungen und fuhr
    langsam mit dem Finger die Kolonne hinunter. Der Finger blieb in der Mitte der Seite stehen, und sie blickte hoch.
    «Sie bleiben nur für eine Nacht?»
    «Genau.»
    «Sie müssen aber jetzt bezahlen.»
    «Das geht in Ordnung.»
    «Möchten Sie Frühstück?»
    «Gern.»
    «Das macht dann ein Pfund zehn.»
    Er nahm zwei Pfundnoten heraus, gab sie ihr und be‐
    kam dafür ein klobiges Metallstück, auf dem eine Sieben stand und an dem zwei Schlüssel hingen.
    «Einer ist für die Haustür und einer für Ihr Zimmer»,
    leierte das Mädchen mit monotoner Stimme, «auf den

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    Schlüsseln ist ein Pfand von zehn Shilling. Die bekommen sie wieder, wenn Sie sie zurückbringen.»
    «Gut, danke.»
    Sie verlor das Interesse an ihm und kehrte zu der nichts-sagenden Nachdenklichkeit zurück, die von ihresgleichen
    praktiziert wird.
    «Könnten Sie mir bitte sagen, wo ich Zimmer Nummer
    sieben finde?»
    «Die‐Treppe‐hoch‐und‐rechts‐den‐Korridor‐lang»,
    sagte sie wie in einem Wort, ohne den Blick zu heben.
    Wenigstens ist sie keine Anhängerin der Freundschafts‐
    doktrin von Bundanyabba, dachte Grant.
    In Zimmer Nummer sieben standen ein eisernes Bettge‐
    stell mit einer alles andere als vielversprechenden Matratze,
    ein kleiner Kleiderschrank, eine Kommode und ein wacklig aussehender Tisch mit einer Bibel und einem Krug Wasser darauf. Die Bibel und der Wasserkrug wirkten uralt und
    gleichzeitig unbenutzt. Grant war durstig, aber das Wasser in Bundanyabba, selbst wenn es nicht in Krügen wie
    diesem serviert wurde, war so stark gechlort und voller Chemikalien, daß er fand, es habe einen ähnlichen Effekt wie die starken Abführmittel, vor denen man in den Zei-tungen gewarnt wurde.
    Er ließ seine Koffer aufs Bett fallen und ging hinaus, um ein Café zu finden, in dem er etwas zu essen und zu trinken
    bekam. Es war weit nach zehn, und die Türen der Hotelbars
    waren zugezogen, aber nicht ganz geschlossen, was der
    Bundanyabba‐Methode entsprach, dem Gesetz zu gehor‐
    chen, das den Verkauf von Alkohol nach zehn Uhr abends sowie sonntags verbot.
    Grant ging an einigen schäbigen Milchbars vorbei, die
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    in regelmäßigen Abständen auftauchten und aus denen der
    nicht gerade verlockende Geruch von fettigen Pommes fri‐
    tes und dünnem Kaffee auf die Hauptstraße drang.
    Ihm kam der Gedanke, daß ein paar Drinks vor dem
    Essen nicht zu verachten wären, und er betrat das erstbeste
    Hotel. Wie die meisten Hotels in Bundanyabba hatte es Flü‐
    geltüren vor der eigentlichen Eingangstür. Diese Flügel‐
    türen mußten aufgezogen, die Eingangstüren aufgestoßen
    werden. Im Unterschied zu den lokalen Gepflogenheiten
    machte Grant die Eingangstür sorgfaltig hinter sich zu.
    Es war nicht einfach zu entscheiden, wo es heißer war: im Innern des Hotels oder draußen auf der Straße. Die
    Theke war von einer dichten Männertraube umringt, da‐
    hinter zapfte der Hotelbesitzer, dem dicke blaue Adern
    aus dem geröteten Gesicht traten, unbeholfen Bier und
    trieb gleichzeitig zwei schmächtige, niedergeschlagen aus‐
    sehende Bardamen zur Eile an.
    «Die Männer dort hinter dir wollen einen Drink, Jean.
    Moment, Kumpel, das Mädchen bedient dich sofort. Zwei
    Große? In Ordnung! Kommen sofort. Vier Mitüere für hier drüben, Mary. In Ordnung, Jungs, nur einen Moment,
    dann sind wir bei euch. Hallo, Jack, was bekommst du?»
    Auf seinem schwitzenden, rastlosen Gesicht kämpfte fal‐
    sche Kameradschaftlichkeit mit befriedigter Habsucht; na‐
    türlich siegte das Geld.
    Das Klingeln der Registrierkasse klang wieder und
    wieder durch den rauchgeschwängerten Raum und den
    Tumult von fünfzig Männern, die allesamt laut durchein‐
    anderredeten.
    Da Grant wußte, daß keines der unzähligen Hotels in
    Bundanyabba weniger vollgestopft war, schlängelte er sich 25
    zur Bar durch und schaffte es, von einer der Frauen ein Bier
    zu bekommen. Er zog sich in eine Ecke zurück, nahm seine
    Zigaretten heraus und stellte

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