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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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nahm er an, wahrscheinlich nicht länger, als seine Haare brauchten, um die Narbe an seinem Kopf vollständig zu
    bedecken, und er nicht mehr andauernd daran erinnert
    wurde, wie nahe er daran gewesen war, niemals wieder irgend etwas fühlen zu können ...
    ... Während er im Hotel auf den Zug gewartet hatte,
    der in einer Stunde fällig war, war er sich dieser Narbe sehr
    bewußt gewesen.
    Er hatte sich mit dem linken Ellbogen auf dem Tresen
    aufgestützt, damit er sie spüren konnte, wenn er den Kopf in seine Hand legte. In der Rechten hielt er ein Glas Bier.
    Das Stimmengewirr bildete einen Kokon um ihn herum,
    und er kam sich abgekapselt vor, was allerdings genau dem
    entsprach, wie er sich fühlen wollte.
    Er war versunken in den Geschmack des Tabaks, die Be‐
    rührung des Glases in seiner Hand und das alltägliche
    Wunder der soliden Struktur der Bodenbretter unter seinen
    Füßen.

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    «Ich werde mich nie, nie mehr betrinken», sagte er
    leise und fügte hinzu: «Außer in guter Gesellschaft.»
    Er betrachtete die trinkenden Männer und die schwit‐
    zende Bardame im rauchigen Mief der Bar.
    Eine impulsive Freude belebte ihn, einfach nur, weil er an dieser Bar stand und am Leben war...
    ...Der Zug hielt an, und Grant stieg auf dem Abstell‐
    gleis aus, das sich ‹Bahnhof von Tiboonda› nannte.
    Er war der einzige Passagier, der ausstieg, und er wartete auf dem Bahnsteig, bis der Zug weiterfuhr. Als es soweit war, hörte er die Stimmen der Sänger, die leiser und leiser wurden und weiterhin das Leid des Viehtreibers be-klagten:

    «Wrap me up in my stockwhip and blanket
    and bury me deep down below,
    Where the dingoes and crows won’t molest me.
    In the shade where die coolibahs grow.»

    Kurz darauf stand Grant alleine unter den Sternen, und der
    Zug war nichts als eine stille Reihe gelber Rechtecke, die kleiner und kleiner wurden.
    Er stand da und blickte nach oben, geblendet und erheitert durch die blinkende, wilde Ruhe, die ausgelassene
    Ordnung der Steine.
    Dann dachte er, beinahe laut: Ich kann die Genialität erkennen, die einen Mann unter denselben Umständen ent‐
    weder erbärmlich oder aber bedeutend macht.
    Ich kann erkennen, daß die Dinge, die er tut, wenn er die
    Erbärmlichkeit wählt, trotzdem einen Sinn ergeben und ihm
    eine Lehre für die Zukunft sein können, wenn er nur will.
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    Was ich überhaupt nicht erkennen kann − er ließ seinen Blick von den Sternen zu der schwarzen Ebene und danach
    wieder zurück zu den Sternen schweifen −, was ich überhaupt nicht erkennen kann, warum mir erlaubt sein sollte, noch am Leben zu sein und ail diese Dinge zu wissen ...
    Er nahm seine Koffer und ging auf den Lichtfleck zu,
    wo, wie er wußte, Charlie der Wirt wartete, dessen Neugier von der Narbe auf seiner Stirn angeregt werden würde.
    «... aber ich spüre, daß ich es irgendwann noch raus‐
    finden werde.»

    Zentaur 06‐06‐13

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