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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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fest, daß er keine Streichhölzer
    hatte. Zur Bar zurückzugehen und ein Briefchen zu kaufen war ihm zu aufwendig, deshalb sah er sich nach jemandem um, den er um Feuer bitten konnte.
    In seiner Nähe lehnte ein uniformierter Polizist an der Wand, der alleine trank.
    «Haben Sie vielleicht Feuer?» fragte Grant.
    «Aber sicher», sagte der Polizist und durchsuchte seine
    Hosentasche. Dann präsentierte er ein großes Feuerzeug
    mit einem enormen Windschutz.
    «Neu in Yabba?» fragte er unweigerlich und hielt eine
    riesige gelbe Flamme an Grants Zigarette.
    Grant konzentrierte sich darauf, die Zigarette anzuzün‐
    den, ohne sich, die Nase zu versengen, bevor er antwortete.
    «Gerade mal für die Nacht hereingeschneit», sagte er
    schließlich, «morgen früh flieg ich nach Sydney.»
    «Aha. Von weit her?»
    «Tiboonda ... Ich bin der Lehrer dort draußen.»
    «Aha, der Lehrer! Sieh mal einer an, und Ihr Name
    ist ... ?»
    Grant ließ ihn ein wenig warten, dann sagte er:
    «Grant.»
    «Richtig. Sie haben den alten Murchison abgelöst, nicht
    wahr?»
    «Er hieß McDonald.»
    «Stimmt, McDonald. Na ja, was soll’s ... ich bin jedenfalls Jock Crawford.» Der Polizist streckte ihm eine große Hand entgegen.
    «John Grant», sagte Grant. In Bundanyabba waren Be‐
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    kanntschaften dieser Art an der Tagesordnung. Aber für
    einen Abend spielte es keine Rolle. Morgen um diese Zeit war er in Sydney und Bundanyabba viele Meilen und sechs Wochen entfernt.
    «Möchten Sie etwas trinken, John?»
    «Ähm, gerne, ja, danke.» Es bestürzte ihn noch immer
    ein wenig, wenn ihn Leute beim Vornamen nannten,
    gleich nachdem sie ihm vorgestellt worden waren. Doch
    alle, die er bisher im Westen getroffen hatte, machten es so.
    Für den Polizisten öffnete sich automatisch ein Durch‐
    gang durch die Menge, und er wurde unverzüglich vom
    Hotelbesitzer persönlich bedient. In weniger als zwei
    Minuten war er zurück.
    «Schmeckt Ihnen unser Bier, John?»
    «Doch, ganz gut. Bilde ich mir das nur ein, oder ist es ein bißchen stark?» Es war ein abgedroschenes Thema,
    allerdings eines, das die Leute aus Bundanyabba liebten.
    «Hat’s ziemlich in sich. Man muß aufpassen, wenn man
    es nicht gewohnt ist. Sie müssen ganz schön viel Arsen hin‐
    eingeben, um es für den langen Weg nach hier oben zu
    konservieren.»
    Grant schaute das Bier skeptisch an.
    «Arsen?»
    «So sagt man.»
    «Mmm. Wann machen die Pubs hier zu?» Er wußte die
    Antwort, aber er war neugierig darauf, wie die Polizei die Sache mit den Öffnungszeiten sah.
    «Wenn die Meute nach Hause geht. Manchmal um Mit‐
    ternacht, manchmal überhaupt nicht ... Das ist dann meist am Zahltag.»

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    «Und die Polizei kümmert das nicht?»
    «Nein. Warum sollte es? Solange sie die Türen zu lassen und nicht zuviel Krach machen, kümmern wir uns nicht
    darum. Wenn wir um zehn zusperren, machen doch nur
    eine ganze Menge illegale Schnapsbuden auf.»
    Grant fand es eigenartig, mit einem Wachtmeister, der
    in einem Hotel trank und dabei Uniform trug, ein solches Gespräch zu führen. Der Polizist war ganz offensichtlich tolerant. Es brachte nichts, auf dem Thema herumzureiten.
    «Wie dem auch sei. Ähm. Nehmen Sie noch eins?»
    «Ja. Sicher.»
    Grant wollte das Glas des Polizisten nehmen.
    «Geben Sie mir Ihren Zaster. Ich krieg das Bier schneller als Sie.»
    Gehorsam reichte Grant ihm eine Zehn‐Shilling‐Note,
    und in zwei Minuten war der Polizist mit dem Bier zurück und gab Grant sein Wechselgeld.
    «Feierabend?» fragte Grant.
    «Hab meine Schicht gerade eben angefangen. Ich mach
    die Hotelrunde. Schon die ganze Woche. Ist ziemlich lukra‐
    tiv, müssen Sie wissen. Ich zahl nichts für das Bier, das ich trinke.»
    Grant wußte nicht recht, wie er darauf reagieren sollte, also sagte er nur: « Gar nichts?»
    «Ihres würd ich auch gratis bekommen. Aber das war
    etwas dick aufgetragen, oder?»
    «Doch, doch, natürlich.»
    «Wir helfen den Pubs da und dort, wissen Sie», sagte
    der Polizist, wohl um sich zu rechtfertigen, vermutete
    Grant.
    Er spürte, wie das Bier dafür sorgte, daß er aus sich her-28
    ausging. Er hatte seit zehn Stunden nichts gegessen. Die Hitze in der Bar lastete weniger schwer auf ihm, und der Lärm knallte ihm nicht mehr direkt ins Hirn, sondern
    pochte schwächer um ihn herum.
    Er blickte in das grobe Gesicht des Polizisten, das voller Sommersprossen war.
    «Sind Sie schon lange in Yabba, jock?» sagte er und ge-noß die leise Ironie in seiner

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