In Gedanken bei dir (German Edition)
pressen,
während er mich in den Nacken küsste. Ich mag das, sogar sehr, aber Nick tut
das nicht. Na ja, ich kann mich nicht erinnern, ob er es je getan hat, bevor
ich unser Kind verloren habe, aber jetzt berührt er meinen Bauch nicht mehr.
Vielleicht um mich, feinfühlig wie er ist, nicht an unseren Verlust zu erinnern
oder um mich nicht zu bedrängen, dass wir es noch mal versuchen könnten.
Vielleicht aber auch, weil ihm der Tod unseres nie geschlüpften Schmetterlings
einfach unerträglich ist.
Katie
hat nie gelebt. Und Jolie stirbt.
Bald
bin ich eine Mutter ohne Kind. Ohne Hoffnung und ohne Mut zu einem neuen Baby.
Na
klar, ich denke darüber nach, wenn ich so einen süßen Winzling in einem
Kinderwagen bei Macy’s am Union Square sehe. Ich beuge mich dann über das
niedliche Baby, das seine Augen neugierig zwischen dem herabhängenden bunten
Spielzeug und den über ihn gebeugten lächelnden Gesichtern hin und her wandern
lässt. Und wenn es sein Händchen mit den nassgelutschten Fingern nach mir
ausstreckt, halte ich ihm meinen Finger hin, damit es fest zupacken und daran
ziehen kann. Dann spüre ich ein warmes Gefühl genau hier, wo jetzt meine Hand
liegt, ein sanftes Ziehen zwischen Herz und Bauch, ein dringendes Bedürfnis,
dieses zerbrechliche Wesen in die Arme zu schließen, zu beschützen und zu
lieben.
Aber
ich bin nicht mutig genug, mich noch mal für ein Baby zu entscheiden. Ja
sicher, dieses Kind kann gesund sein, es kann leben und seinen Eltern viel
Freude schenken, Liebe und Glück, Hoffnung und Vergessen. Aber ich hätte
vielleicht das Gefühl, es dieses Mal besser zu machen als die beiden Male
zuvor, und vielleicht würde ich sogar glauben, dass ich dieses Kind mehr lieben
könnte als seine beiden Geschwister, weil mir sein strahlendes Lächeln und sein
unbeschwertes Kichern in meiner Trauer helfen. Und ich weiß nicht, ob ich das
will, ein Kind mehr zu lieben, als ich Katie und Jolie geliebt habe. Nicht,
weil ich sie nicht genug geliebt hätte, das nicht. Sondern weil es mir unrecht
vorkäme.
Behutsam
glitt ihre Hand von ihrem Bauch hinauf zu ihren Brüsten, und sie schloss die
Augen und neigte den Kopf, um den aufgewühlten Empfindungen in ihr
nachzuspüren. Wie hatte es sich angefühlt, als Alex sie vorhin berührt hatte?
Seine Hände auf ihrem Körper, sein Atem in ihrem Nacken, seine Gedanken und
Erinnerungen ganz nah bei ihr?
Mit
den nassen Fingerspitzen strich Cassie über ihre Wangen und ihre Lippen, und
sie stellte sich vor, Alex würde sie wieder küssen. Seine Lippen würden ihre
berühren. Unwillkürlich küsste sie ihre Finger, drängte ihr Gesicht in ihre
offene Hand und kämpfte gegen die Tränen an.
Ich
liebe Alex, dachte sie, und ich werde ihn immer lieben.
Und
Nick?
Was
soll ich tun? Und was nicht?
Ich
habe Nick nicht angerufen, obwohl er an der Rezeption des Resorts heute Mittag
eine dringende Nachricht für mich hinterlassen hatte. Der junge Mann am Empfang
hatte mit ihm gesprochen. Nick wäre sehr in Sorge gewesen. Ich habe gefragt, ob
er etwas von einem Notfall gesagt hätte? Der junge Mann hat den Kopf
geschüttelt. Nick wäre besorgt gewesen, aufgeregt, ungeduldig. Aber ein
Notfall? Nein. Erleichtert habe ich aufgeatmet. Nick ist eifersüchtig, das ist
es. Er hat Angst, mich an Alex zu verlieren, wenn ich ihm erzähle, dass Jolie
seine Tochter ist.
Aber
auch das habe ich nicht getan. Dabei hat Alex ein Recht darauf, es zu erfahren.
Und es ist Jolies größter Wunsch ... ihr letzter.
Mit
den nassen Händen wischte Cassie sich die Tränen aus dem Gesicht. Im Licht der
Tauchlampe, mit der sie im Badezimmer auch ohne Kerzen für ein bisschen
romantische Stimmung gesorgt hatte, schimmerte der Ehering an ihrem Finger.
Das
Wasser schwappte über den Rand, als sie aus der Wanne stieg, um sich
abzutrocknen.
Die
frische Unterwäsche lag neben den Neoprenanzügen auf dem zweiten Bett. Jake
hatte die Tauchausrüstungen zum Trocknen in die Badewanne gelegt, bevor er ins
Observatorium gefahren war, um das Gas aus dem Spirit Lake analysieren zu lassen.
Neben den Pressluftflaschen, die am Bett lehnten, standen die Tüten aus dem
Gift Shop mit Alex’ Büchern und DVDs.
Nachdem
Cassie sich mit Body Lotion eingecremt hatte, zog sie Slip und Hemd an und
setzte sich mit Jolies roter Lackschachtel auf dem Schoß ins aufgeschlagene
Bett.
Ein
Kind, das stirbt, hat andere Herzenswünsche als ein Erwachsener, andere Träume,
die sich nie erfüllen werden. Es gibt keine Liste, auf
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