Träumereien, und es gab nur noch sie
beide.
Cassie
schmiegte sich an ihn, und seine Hände glitten unter den Stoff ihres Shirts und
wanderten an ihrem Rücken herauf. Ihre Schultern bebten, und ihr Atem ging
stoßweise, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Und doch gab sie sich
seinen Liebkosungen hin.
Ihre
Körper waren im Einklang. Er war erregt, genau wie sie. Spürte sie dasselbe
warme Gefühl im Bauch, dieses sehnsüchtige Flattern, das ihn ganz schwindelig
werden ließ, dasselbe fast schmerzhafte Ziehen im Unterleib? Ihr Herz klopfte
hart und schnell, genau wie seines.
Sie
küssten sich, ohne Hast, voller Hingabe, und er wusste nicht, was passiert
wäre, wenn sie nicht gerade jetzt der sanfte Skype-Klingelton zurück in die
Wirklichkeit gerissen hätte.
Wie
erstarrt trat Cassie einen Schritt zurück. »Marlee?«
»Ich
habe versprochen, sie um zehn anzurufen.«
Sie
senkte den Blick. »Okay«, flüsterte sie mit tonloser Stimme. »Dann verschwinde
ich jetzt mal.«
»Du
wirkst traurig.«
Sie
wich seinem Blick aus und rang sich ein verkrampftes Lächeln ab.
»Cassie?«
Sie
sah ihn an.
»Bist
du traurig über das, was eben passiert ist?«
Sie
überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist nichts passiert.«
»Nein.«
Cassie
machte eine Geste in Richtung der offenen Tür seines Arbeitszimmers, aus dem
noch immer der melodische Skype-Klingelton zu hören war. Das Bild von Marlee
auf dem Screensaver tauchte den dunklen Raum in ein warmes Leuchten. »Lass sie
nicht warten, Alex. Sie braucht dich.«
Sie
bemühte sich, nicht resigniert zu klingen, mutlos und traurig, aber ihm machte
sie nichts vor. Zärtlich zog er Cassie an sich und hielt sie fest, und sie
küsste ihn so sanft, so sehnsuchtsvoll, dass ihm das Herz wehtat. Dann wand sie
sich aus seiner Umarmung und huschte mit bloßen Füßen in den Flur, wo sie sich
Wanderstiefel, Rucksack und Jacke schnappte und die Tür hinter sich zuzog.
Wie
erstarrt lauschte Alex mit geschlossenen Augen und heißen Tränen hinter den
Lidern, bis er ihre Schritte auf dem Weg hören konnte, das elektronische
Piepen, als sie den Wagen aufschloss, das dumpfe Knallen der Autotür, das
Brummen des Motors, das Knirschen der Reifen auf dem Rollsplitt der Auffahrt.
Sein
Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, und er stürmte los, durch den Flur zur
Tür, über den Weg zur Straße.
Er
sah noch ihre Bremslichter aufleuchten, als sie um die Ecke bog, aber sie hatte
ihn nicht gesehen und hielt nicht an. Er rief nicht, er winkte nicht, er lief
ihr nicht hinterher, um sie aufzuhalten, und sie fuhr weiter die Straße
hinunter.
Dann
wurde es still, und sie war fort.
Ohne
ein »Bis morgen« oder ein »Wir sehen uns.«
Bevor
er ins Haus zurückkehrte, um Marlee über Skype zurückzurufen, fragte er sich,
ob Cassie sich aus Angst vor Alternative zwei, aus Verunsicherung und
Unschlüssigkeit, für Alternative eins entschieden hat. Nach San Francisco
zurückzufahren.
Zu
Jolie.
Und
Nick.
Von: Mike MacMillan
[email protected] An: Nick
[email protected] 10.08.2012 / 22:07
Betreff:
Jolie
Hi Nick,
wir alle haben
gestern Abend aus den Nachrichten gehört, wie es um Jolie steht. Es tut uns
allen so leid ... mir fehlen die Worte, um Dir und Cassie zu sagen, wie sehr
ich mit euch beiden fühle.
Aber ich möchte, dass
ihr eines wisst: In Gedanken sind wir immer bei euch, und wir lassen euch in
dieser schweren Zeit nicht allein. Nach dem Aufruf von Dr Mayfield werden wir
uns alle als Spender typisieren lassen. Und wir sammeln für euch. Meinen Flug
nach Australien habe ich heute abgesagt. Ich spende euch das Geld, das ich für
die Tour gespart habe. Das sind fast achttausend Dollar. Und ich trete euch die
viereinhalb Wochen Urlaub ab – das habe ich alles schon geregelt. Was ihr beide
jetzt vor allem braucht, ist Zeit für Jolie und für euch selbst.
Im Projekt ist alles
im grünen Bereich. Mach Dir bitte keine Sorgen, Boss. Wenn ich nicht weiter
weiß, ruf ich Dich oder Cassie an.
Eine ungestüme,
bärige Umarmung,
Micmac
Als Cassie die Beine spreizte und die Knie
gegen den kühlen Badewannenrand lehnte, schwappte das heiße Wasser über ihre
Hand, die flach auf ihrem Bauch lag.
Mit
dem Daumen strich sie sanft über die weiche Haut unterhalb des Bauchnabels und
dachte: Das ist die Stelle, die Alex früher immer berührt hat, wenn er seine
Hand unter den Bund meiner Jeans schob, um sie gegen meinen Bauch zu