In Gedanken bei dir (German Edition)
zwischen Hoffnung und
Todesangst die schlimmsten Stunden ihres Lebens verbracht.
Ich
weiß noch, wie sie war, als du sie in jener Nacht zu mir gebracht hast. Und
sieh sie dir jetzt an. Das Gefühl, der Krankheit, den Symptomen und den
Schmerzen hilflos ausgeliefert zu sein, hat sie schwermütig gemacht. Jolie ist
ein stilles, ernstes Kind, das viel zu früh erwachsen werden musste.
Selbstständig.
Ich
bitte dich, Cassie, quäl deine Kleine nicht länger und gib ihr die Chance, die
letzen Wochen ihres Lebens so zu verbringen, wie sie es sich wünscht. Hol sie
nach Hause, zu Nick und dir, und schenk ihr die Liebe und die Geborgenheit,
nach der Jolie sich sehnt. Und erfülle deinem Kind seinen Herzenswunsch. Ich
hoffe, dass Jolie noch so lange lebt, bis ihr letzter Wunsch in Erfüllung
geht.«
Cassie
sah Karen von der Seite an. »Und was wünscht sie sich?«
»Und dieser graue Plüschdelfin? Ist der süß!«,
lachte Janelle Gillingham, die Autorin des National Geographic -Artikels
über die Armada of Golden Dreams. Die Reportage über den Fund des Schiffswracks
wenige hundert Yards vor der Skyline von San Francisco sollte in einer der
nächsten Ausgaben erscheinen.
»Meine
Tochter hat ihn mir geschenkt ... Cassies Tochter.« Nick erinnerte sich an das
letzte Weihnachtsfest, als Cassie und er Jolie für einige Tage nach Hause
geholt hatten. Kichernd war die Kleine zu ihnen ins Bett gekrochen, um noch ein
bisschen zu kuscheln, und hatte Nick ihren flauschigen Delfin vom WWF
geschenkt.
»Dr
Cassie Lacey?«, fragte Janelle Gillingham nach.
»Yup.«
»Und
Ihre Tochter ist die kleine Jolie Lacey?«
Nick
senkte den Kopf.
»Ich
kenne Ihre Website. Es tut mir sehr leid.«
Er
nickte verhalten.
»Ist
es möglich, Dr Lacey zu interviewen? Ich hätte gern ein Foto von ihr.
Tauchanzug, hochgeschobene Atemmaske, nasse Haare ...«
»Cassie
ist nicht an Bord.«
»Sie
ist bei Jolie«, vermutete Ms Gillingham.
»In
der Klinik«, bestätigte Nick.
»Okay,
dürfen wir dann ein Foto von Ihnen mit dem Delfin machen? Das gefällt mir
besser als der Fotostream von Dr Nicholas Talcott im eleganten Armani-Anzug mit
grauer Seidenkrawatte. Nicht, dass Sie im Anzug nicht umwerfend aussehen
würden, Dr Talcott, ziemlich hip und sehr easy. Aber in Shirt und Shorts mit
dem niedlichen Delfin gefallen Sie mir noch besser.« Janelle Gillingham wandte
sich zu ihrem Fotografen um, der lässig in der Tür der Kommandozentrale des
Forschungsschiffes lehnte. »Russ, kommst du? Dr Talcott, setzen Sie sich bitte
vor diesen Monitor! Und während Peter Russell das Foto macht, könnten Sie uns
erklären, wie das Gerät funktioniert?«
»Na
klar.« Nick fuhr sich durch die von Wind und Salz zerzausten Locken und setzte
sich an den Arbeitstisch. »Also, das ist das Gerät mit dem Ping .«
Janelle
lachte ausgelassen. »Monty Python. Der Sinn des Lebens . Der Sketch im
OP. Das Gerät mit dem Ping . Okay, Dr Talcott, haben Sie auch das
teuerste Gerät hier?«, griff sie den Dialog aus dem Film auf und lehnte sich
neben der Tastatur an den Arbeitstisch.
Nick
konnte ihr Parfum riechen. Ein sommerlicher Duft, frisch und luftig wie eine
Brise vom Meer, eine leichte Note von reifen Früchten, aber auch von Blüten.
Als
er dieses Parfum als Stimmungaufheller für Cassie gekauft hatte, hatte ihm der
Duft gefallen, am Pappkärtchen bei Macy’s und an ihr, auf der feuchten Haut
nach dem Duschen. Aber er würde ihr einen neuen Duft kaufen, der ihn nicht an
Janelle erinnerte. Etwas Frisches, das nach Natur und Meer duftete und Cassies
spontane, unbeschwerte Lebensfreude widerspiegelte, etwas Warmes, das ihre
natürliche Sinnlichkeit unterstrich.
Ich
sehne mich nach ihr, dachte Nick, und ich freue mich auf den Abend mit ihr.
Nach dem Interview mit CBS SF würde Cassie hoffentlich für ein paar Stunden zur
Ruhe kommen, und sie konnten einen Sommerabend auf dem Deck ihres Hausboots
genießen. Der erste seit ... keine Ahnung.
Nick
lächelte Janelle an, die auf der Tischkante noch ein wenig näher an ihn
herangerutscht war. »Das Ding mit dem Ping ist ein hochempfindliches Magnetometer«,
erklärte er. »Das Gerät entdeckt selbst kleinste Gegenstände aus Metall, auch
wenn sie mehrere Inches tief im Schlick der Bay vergraben liegen.«
»Und
so haben Sie das Wrack gefunden?«
»Neben
einem alten Auto und anderem Metallschrott, der während des Bebens vom Oktober
1989 von der Bay Bridge gefallen ist. Wie es scheint, hat das Beben das
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