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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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und stellte es vorsichtig hin. Er wählte dafür den Sekretär, der einigermaßen stabil und risikolos zu sein schien, und als ich mich aufrichtete, nachdem ich die Anrichte geschlossen hatte, hielt er mich fest. Ich konnte mich nicht bewegen, ohne ihn anzusehen, als verdächtigte ich ihn, Schändungsabsichten oder aber die Tollwut zu haben.
    «Du gehst mir aus dem Weg», sagte er vorwurfsvoll. Ich habe vielleicht schon gescheitere Schlußfolgerungen gehört, aber kaum eine zutreffendere. Dessen ungeachtet murmelte ich: «Nein, nein, bestimmt nicht» und bemühte mich um ein helles Lachen, aber es klang eher wie der Schrei einer verwundeten Wildgans. Ross nahm mich in die Arme. Sehr, sehr nahe. So nahe, daß ich an den zerquetschten Chihuahua denken mußte. In meiner Verzweiflung schubste ich ihn heftig ans Sofa. Es war eines von den kleinen Sofas, und es kippte sofort um und erschreckte Lulu zu Tode. Sie jaulte auf und sprang, sämtliche Kaminbestecke umwerfend, in den Kamin. Ross landete unversehrt, aber jeglicher Würde entkleidet auf den Polstern.
    «Entschuldigung», sagte er eisig. Er machte ein Gesicht wie jemand, der die Phasen einer Verkehrsampel falsch einkalkuliert hat. Nach den Briefen, den Anrufen, den wenigen, aber wunderschönen Zusammentreffen in den beiden letzten Jahren muß er gedacht haben, er habe ein Recht auf einen besseren Platz als in der Asche.
    Er stand auf und fing an, seinen dicken Kamelhaarmantel zuzuknöpfen, schlug den Kragen hoch und demonstrierte männliche Unabhängigkeit, ehe er einen geregelten Rückzug antrat.
    Ich hatte immerhin noch die Fähigkeit, den Augenblick der Wahrheit zu erkennen, wenn er nahte. Ich ging zur Tür und knipste die Leselampe in der Ecke an und riß mir den Turban vom Kopf. Und lächelte ihn reuig ohne Augenbrauen an. Dann zog ich den Pulli hoch und sagte tapfer: «Es ist alles nur, weil ich einen Welpen im Büstenhalter habe» und fischte ihn heraus.
    Später sagte er, was er am meisten an mir bewundere, sei die absolute Unberechenbarkeit dessen, was ich als nächstes tun würde. Ich wehrte ab und schrieb alles meinen geheimnisvollen fraulichen Reizen zu. Wir sagten nichts von den anderen Dingen und davon, daß ich mehr nach Babymilch Nr. i als Chanel Nr. 5 roch. Der Welpe kam nach einem Tropfen Wodka sehr schnell wieder in Gang und wälzte sich vergnügt auf einem Kissen. Lulu schmollte hinter dem Schreibtisch. Aber Ross und ich blieben viel länger auf dem umgestürzten Sofa als die zehn Minuten, die er eigentlich noch hatte, ehe er weiter zum Flughafen mußte.
    Als er ging, nahm er den Welpen in seine starken Hände und lachte zärtlich. «Ein kleiner Kuckuck», sagte er. «Ein Kuckuck im Nest. Ich würde ihn gern kaufen. Bitte. Dann gehört er uns. Könntest du das regeln?»
    Als er fort war, sah ich in den Spiegel, und plötzlich brauchte mein Gesicht keine Augenbrauen mehr, um voll Leben zu sein.
    Das Dinner war fertig. Ich nahm den Topf aus dem Backofen und sagte: «Es schneit schon wieder. Sieht böse aus draußen.»
    Adam fing an, den Kartoffelbrei aufzutun. «Hast du gewußt, daß ein Pferd namens Whizzer in einen Apfelbaum sprang, als ein Auspuff knallte?»
    «So was passiert dauernd», sagte ich abwesend.
    «Die Feuerwehr mußte kommen, um es runterzuholen.»
    «Nichts Neues», sagte ich.
    «Und in North Carolina ist ein Welpe mit zwei Schwänzen geboren worden.»
    «Ich kann mir gut vorstellen, wie er sich vorgekommen ist», sagte ich breit lächelnd.

* 13 *

    Es schneite weiter. Es wurde kälter. Der Ofen wollte nicht ziehen. Emily schien sich über Adam zu ärgern. Im Wetterbericht war von möglichen Schneestürmen, drohenden Hurrikanen und arktischen Temperaturen die Rede. «Wer kommt mit, die Hunde ausführen?» fragte ich. Ich zog meinen dicken Anorak an und sah mich um.
    «Ich muß noch auspacken», sagte Adam und ging aus dem Zimmer. Ich hörte ihn die Treppe hinauflaufen. Adam lief sonst nie nach oben, es sei denn, er ärgerte sich über etwas. Ich blickte zu Emily. Sie sagte nur: «Gute Nacht» und ging ebenfalls. Da wußte ich, daß sie zu sehr in ihren geheimen Krieg verstrickt waren, um mich als Friedensstifterin anzufordern. Ich würde das, was Ben «Die letzte Post» nannte, allein erledigen müssen.
    Verlassen. Pa, Ben, Hetty, Ross, Adam, Em und auch Ross. Selbst Marsha schien es aufgegeben zu haben, mich anzurufen. Sie fehlte mir richtig. Hosanna hatte sich wieder mit Harry vertragen. Ich hätte mich gern zu jemandem gedreht

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