Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
einem Tag
aufgebaut worden ist, erinnern Sie sich? — , dann wird er glauben—«, sie brach
erneut in schallendes Gelächter aus, »-daß sie — daß es über Nacht wieder
niedergerissen worden ist!«
    Sie schüttelte verzweifelt den
Kopf, während ihr Körper von unbezähmbarem Gelächter bebte. Dann holte sie
plötzlich tief Luft, und das Unvermeidliche geschah — die zitronenfarbene
Hemdbluse sprengte die restlichen Knöpfe und klaffte weit auf bis hinunter zum
Nabel. Die Reihe von kurzen, explosiven Schluckaufs, die folgten, machte die
Sache auch nicht besser. Als Jackie sie hinter sich gebracht hatte, baumelte
die Bluse verloren rechts und links neben ihrem prachtvollen Vorbau herunter.
    Meine Augen wurden glasig,
während sie auf die phantastische, schneeweiße Landschaft blickten, die sich
plötzlich offen vor ihnen ausbreitete. Es war so, als ob man in niedriger Höhe
in einem Flugzeug über die Alpen fliegt, dachte ich benommen, nur die Spitzen
unterschieden sich davon. Die, auf welche ich im Augenblick starrte — mit
hundertprozentiger Konzentration — , waren von üppigem Korallenrot, das da in
leichten Runzeln auslief, wo die Schneegrenze erreicht wurde. Dort konnte ein
Mann in alle Ewigkeit an diesen herausfordernden Hängen umhergleiten, wie mir
mit ekstatischer Inbrunst klar wurde, ohne sich Gedanken um Skier zu machen.
    Ein letzter, lautstarker
Schluckauf ertönte, ein paar Sekunden später gefolgt von einem einsamen,
schrillen Kichern. Die lange Stille, die danach kam, sagte mir durchaus zu. Sie
bedeutete, daß ich meine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Hauptproblem zuwenden
konnte: Von welcher Seite aus sollte ich die beiden Spitzen bei meiner
Erstbesteigung in Angriff nehmen? Der Gedanke an einen möglichen Mißerfolg schreckte mich nicht ab; ich war glücklich bei
dem Gedanken, den Rest meines Lebens dem Versuch zu opfern.
    »Entschuldigung, Rick.« Jackies
reuige Stimme drang wie aus weiter Ferne zu mir herüber, und ich achtete nicht
darauf. Ärgerlicherweise dauerte die nächste Stille nur ungefähr fünf Sekunden.
    »Rick!« Diesmal klang ihre
Stimme schärfer. »Was, zum Kuckuck, tun Sie da eigentlich? Versuchen Sie sich
in eine Art Yoga-Trancezustand zu versetzen, oder was ist los?« Eine teuflische
Sache, dachte ich verbittert, wenn die Stilleperioden in einer Art umgekehrter geometrischer Progression zurückgingen.
    »Rick!«
    Die Phon-Stärke ihrer Stimme
traf mich wie ein körperlicher Schlag und fegte mich beinahe um. Im Geist glitt
ich noch einmal schnell und beseligt die Abfahrt von der nächsten Bergspitze
hinab ins Tal, und zwar über die volle Länge weg. Vermutlich war das Gefühl der
Desorientierung unvermeidlich, nachdem ich noch ein paarmal um ihren Nabel
herumgewirbelt war. Dann schüttelte ich hastig den Kopf, blinzelte ein bißchen,
und langsam gewann Jackies verwirrtes Gesicht an Klarheit.
    »Fühlen Sie sich jetzt besser?«
fragte sie nervös. »Haben Sie solche Anfälle öfter, oder war das das erstemal ?« Mit einer Art unbewußter Wildheit kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. »Ich möchte Ihnen ja keinen
Schreck einjagen; aber wenn Sie nur den Ausdruck auf Ihrem Gesicht gesehen
hätten? Wann haben Sie sich zuletzt analysieren lassen?«
    »Es war nur ein kurzer Ekstaseanfall «, sagte ich. »Läuternd, solange er gedauert
hat, und mit absolut positiver Nachwirkung.«
    »Das klingt beinahe so
schrecklich, wie Sie ausgesehen haben«, sagte sie zweifelnd.
    »Mit der äußersten Perfektion
des Mädchens mit Superoberweite konfrontiert«, sagte ich mit tiefgefühlter
Aufrichtigkeit, »kann ich mich mit minderwertigeren Typen nie mehr
zufriedengeben. Ich werde an den flacher geratenen vorbeigehen, ohne ihnen auch
nur noch einen nochmaligen Blick zuzuwerfen! Flachbrüstig und breithüftig ?« Ich verzog angeekelt den Mund. »Ihr Platz ist
von jetzt an in der Küche!«
    »Ich war so sehr damit
beschäftigt, mich totzulachen und Schluckauf zu haben, daß ich mich gar nicht
um meine Bluse kümmern konnte«, sagte Jackie und konnte nicht widerstehen,
einen Blick auf ihre eigene Vorderfront zu werfen. »Ist Ihnen das ernst mit der
Perfektion, Rick?«
    »Aus voller Seele«, sagte ich
leidenschaftlich.
    Sie wandte mir das Gesicht zu
und lächelte. Irgendwie sah sie anders aus. Es kamen verschiedene Dinge
zusammen, dachte ich; ihre rauchblauen Augen waren nun milder und linder als
ein klarer Sommerhimmel, und ihr Lächeln erzeugte ungefähr zehn Kilowatt mehr
Wärme als je zuvor.

Weitere Kostenlose Bücher