Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
sagen. Möglicherweise hat sich jedoch Carmen Colenso inzwischen eine weitere Schere besorgt. Wer — und ich bitte Sie um Ihre
professionelle Ansicht, Doktor — wird Ihrer Meinung nach das wahrscheinliche
nächste Opfer sein?«
    Er stand von der Couch auf,
ging schnell zum Fenster und starrte, den Rücken mir zugewandt, hinaus. Seine
Hände waren hinter dem Rücken verschränkt, man sah, wie der Knöchel seines
linken Daumens weiß wurde, als er ihn heftig in die rechte Handfläche grub.
    »Sie können nicht mit
Sicherheit sagen, ob es Carmen war, die ihn umgebracht hat«, fragte er
plötzlich. »Oder doch?«
    »Nein«, pflichtete ich bei.
»Aber um eine Ihrer Lieblingsredewendungen zu benutzen, sie ist die nächsthegende
und äußerst wahrscheinliche Verdächtige. Vielleicht können Sie nun mein
Grundproblem begreifen, Doktor? Bin ich meinem Auftraggeber gegenüber loyal,
suche ich weiterhin nach seiner Schwester; aber wenn ich der Polizei alles
mitteile, was ich weiß, wäre es möglich, daß man sie gerade noch rechtzeitig
findet, um einen weiteren Mord abzuwenden. Was würden Sie an meiner Stelle
tun?«
    Er wandte sich mir wieder zu.
Seine Lippen waren zusammengekniffen und seine blauen Augen nicht mehr milde.
»Wenn Sie mir da was vormachen, Holman — !« Seine
Schultern sanken plötzlich herab. »Nein, vermutlich nicht. Und ich habe nicht
die Absicht, eine solch absurde Frage zu beantworten. Es ist Ihr Problem, und
Sie müssen sich damit auseinandersetzen. Aber ich will soviel sagen: meiner professionellen Ansicht nach wird Carmen, sofern sie Mitford
wirklich umgebracht hat, aller Wahrscheinlichkeit nach niemand anderen
umbringen. Sie wird überzeugt sein, daß sie die Gefahr von Ray abgewendet hat,
indem sie den Mann umbrachte, der ihn bedrohte, und damit ist Schluß. Ich wäre
nicht einmal überrascht, wenn sie nun freiwillig wieder ins Sanatorium
zurückkehrte.«
    »Als ich Ihnen von der
Nachricht, die ihr überbracht wurde, erzählte, da gab es zwei Fragen, die Ihnen
eigentlich auf der Zunge hätten liegen müssen, Doktor«, sagte ich kalt.
»Erstens, wer hat die Nachricht überbringen lassen, und zweitens, wer war der
Mittelsmann im Sanatorium, der sie ihr überbracht hat. Ich wundere mich, daß
Sie diese Fragen nicht gestellt haben.«
    »Ich glaube, ich war so
interessiert, den Grund zu hören, warum sie aus dem Sanatorium geflüchtet ist,
daß sich mir diese Fragen gar nicht aufdrängten«, knurrte er. »Hören Sie auf
den Rat eines Fachmanns, Holman ! Suchen Sie nicht
nach Dingen, die gar nicht existieren, sonst stehen Sie am Ende genau da, wo
Sie am Anfang waren.«
    »Ich bin wirklich froh, daß Ihr
fachmännischer Rat gratis ist«, knurrte ich zurück. »Sonst müßte ich mein Geld
zurückverlangen. «
    Sein Adamsapfel hüpfte auf und
ab, als er hart schluckte. »Tut mir leid, Holman . Ich
bin noch völlig durcheinander über die Nachricht von Mitfords Tod. Carmen ist
nach wie vor meine Patientin, und wenn sie ihn wirklich umgebracht hat, fühle
ich mich mehr als nur zum Teil verantwortlich dafür.«
    »Ich verstehe«, sagte ich.
    »Haben Sie Ray Bescheid
gesagt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Noch
nicht.«
    Er räusperte sich nervös. »Ich
würde es ihm auch nicht sagen, jedenfalls nicht, bevor Sie Carmen gefunden
haben. Das würde ihn praktisch am Boden zerstören.« Sein Lächeln war gequält.
»Ich möchte ihn nicht auch noch in ein Sanatorium schicken müssen.«
    »Okay«, sagte ich. »Inzwischen
wollen wir einmal annehmen, Carmen hat wirklich nach Mitford gesucht und ihn
auch gefunden. Bis jetzt ist sie noch nicht ins Sanatorium zurückgekehrt, sonst
hätten Sie davon gehört. Haben Sie eine Ahnung, wohin sie gegangen sein kann?«
    »Jackie Erikson ist die
einzige, die mir einfällt Sie ist die einzige Freundin, die Carmen in ihrem
Leben hatte.«
    »Carmen würde nicht vielleicht
in ihre alte Wohnung in Venice zurückkehren?«
    »Sehr unwahrscheinlich.« In
seine Stimme kehrte professionelle Sicherheit zurück. »Das ist so ungefähr der
letzte Ort, an den sie gehen würde — dort würde sie nur die Erinnerung an ihre
Gewalttat und ihr ursprüngliches Trauma verfolgen.«
    » Paxton erzählte mir, er habe Sie sofort, nachdem es geschehen war, gerufen«, sagte
ich. »In welchem Zustand war Mitford, als Sie ankamen?«
    »Er hatte damals wirklich Glück
gehabt«, sagte Shoemaker. »Die Schneiden waren haarscharf an der Lunge vorbei
eingedrungen. Glücklicherweise hatte Ray ausreichend Verstand,

Weitere Kostenlose Bücher