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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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lagen zwei Zahnbürsten – beide erst kürzlich benutzt.
    »Er ist bei ihr«, flüsterte sie.
    »Wer? Sam? «
    »Nein«, nuschelte Eliza. »Cliff.«
    Erde – fünfzehn Tage bis zum Weltuntergang
    »Ich werde eine Revolution starten«, sagte Cliff. »Die Mainstream-Galerien versuchen, mich zu ignorieren, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten.«
    Laura nickte geistesabwesend. Cliff schwafelte schon seit Jahren von seiner Revolution.
    »Klar, ich könnte das Spiel auch nach deren Regeln spielen«, fuhr er fort. »Ein paar Gemälde verkaufen, zehn Millionen Dollar einsacken. Nichts leichter als das. Aber was hätte ich davon?«
    »Zehn Millionen Dollar.«
    Cliff grinste spöttisch. »Das ist wieder mal typisch.«
    Laura lief rot an. »Wie meinst du das?«
    »Tut mir leid«, sagte er und küsste sie auf die Stirn. »Du kannst nichts dafür. Das liegt an deiner Mittelklasse-Erziehung. Man hat dir beigebracht, diese ganze Scheiße zu schlucken.«
    Laura wandte den Blick ab. Es war ihr immer unangenehm, wenn Cliff von ihrer Herkunft anfing. Sie war nicht ganz sicher, aus welcher Art von Familie er stammte, aber sie wusste, dass sie arm gewesen war. Sein Vater war Bäcker – sie hatte ihn einmal etwas von Backwaren erzählen hören. Ein anderes Mal hatte er auch erwähnt, dass er keinen Studienkredit bekommen hatte, und das bedeutete, dass er sich sein Ivy-League-Stipendium ganz allein verdient haben musste. Allein das war schon viel mehr, als sie jemals hinbekommen hatte.
    »Ich will sagen«, sagte Cliff, »die Bourgeoisie hat Angst vor meiner Arbeit. Und zwar aus gutem Grund, denn sie hat das Potential, ihre fragile kleine Welt auf den Kopf zu stellen.«
    Laura fragte sich, wie es sich wohl anfühlen würde, so selbstbewusst zu sein wie Cliff. Niemals fühlte sie sich antriebsloser, als wenn er über seine Projekte schwadronierte. Zur Zeit arbeitete er an fünf abstrakten Gemälden, einer Performance, zwei verschiedenen Opern und an dem Drehbuch für die Verfilmung von Finnegans Wake. Er hatte noch nicht direkt mit dem Schreiben begonnen, befand sich aber in der »letzten Planungsphase«, was Laura trotz allem durchaus beeindruckend fand.
    Sie sah zu ihm hin und stellte fest, dass Cliff immer noch redete – irgendwas über Borges. Laura seufzte. Sie mochte Cliff nicht besonders. Nach so vielen Monaten der Isolation war es jedoch erleichternd, die Stimme eines anderen Menschen zu hören, auch wenn sie so laut war wie seine. Als er sie aus heiterem Himmel angerufen hatte, war sie erst gar nicht drangegangen. Aber im Verlauf der Woche fühlte sie sich immer einsamer, und schließlich hatte sie ihn doch zurückgerufen.
    »Wir sind eine Nation der Konsumenten geworden«, sagte Cliff. »Wir sollten das Land umbenennen in United States of Halliburton. Wir vertrauen nicht auf Gott, wir vertrauen auf die Allmacht des Dollars.«
    Laura dachte an ihre bizarre Begegnung mit Sam. Das war so ein irrer Zufall gewesen; sie hatte gerade an ihn gedacht und dann – zack –, da war er schon.
    »Woran denkst du?«, fragte Cliff.
    Laura zögerte. Sie hatte nicht mehr zugehört.
    »Ich glaube, dass du recht hast«, sagte sie.
    Cliff küsste sie leidenschaftlich. »Du bist die Einzige auf der ganzen Welt, die mich versteht«, sagte er. »Es ist ein Wunder, dass wir uns gefunden haben.«
    Eliza starrte bestürzt auf den Bildschirm.
    »Wie ist das passiert?«
    »Das ist ein Albtraum«, stimmte ihr Craig zu. »Ich habe ausgiebig über diesen Kerl recherchiert; der ist furchtbar.«
    Die Engel sahen angewidert zu, wie Cliff mit seiner Hand Lauras nackten Rücken entlangstrich.
    » Tut mir leid, wenn ich so geschwollen daherrede« , meinte er. » Wenn’s um meine Kunst geht, gehen mit mir die Gäule durch. Das ist eine Flamme in meinem Herzen, die niemals aufhören wird zu brennen.«
    »Bäh!«, sagte Eliza. »Hat die Zeile schon mal funktioniert?«
    »Ich hab seinen sexuellen Werdegang überprüft«, sagte Craig. »In siebenundsiebzig Prozent der Fälle kam er damit zum Zug.«
    »Was? Im Ernst?«
    Craig nickte niedergeschlagen. »Bei Frauen unter zwanzig liegt die Erfolgsquote sogar noch höher.«
    Eliza schüttelte den Kopf. »Das glaub ich nicht.«
    Craig öffnete den Server und rief einige von Cliffs jüngsten sexuellen Eroberungen auf. Den Satz mit der »Kunst« hatte er in den vergangenen sechs Monaten in verschiedenen Variationen bei dreizehn unterschiedlichen Frauen gebracht. Bis auf drei hatten alle in der ein oder anderen Form

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