Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
Vom Netzwerk:
daraufhin sexuelle Kontakte zu ihm aufgenommen.
    »Wie können Frauen bloß auf so was reinfallen?«, ächzte Eliza. »Das ist doch ganz offensichtlich totaler Blödsinn!«
    Craig scrollte durch seine Recherchedatei. »Er war auch schon mit ›Für meine Filme würde ich sterben‹ und ›Hast du jemals Spinoza gelesen?‹ erfolgreich.«
    Sie zwangen sich, ein paar der jüngeren Clips anzusehen. Cliff sprach die Sätze immer auf dieselbe Art aus, tief aus der Kehle, beinahe wie ein Schluchzen.
    »Er sieht ja zumindest ganz gut aus«, gab Eliza zu. »Ich meine, wenn man alles andere vergisst.«
    Craig zoomte auf Cliffs Gesicht. Seine Haut war rein und sonnengebräunt, und ein perfekt gepflegter Bart zierte sein fein gemeißeltes Kinn.
    »Wie kann Sam dagegen anstinken?«, jammerte sie.
    »Vielleicht hat er ja auch ein paar gute Anmachsprüche drauf?«
    »Lass sehen.«
    Craig gab eine Schnellsuche ein. Laut Server verwendete Sam in sexuellen Situationen folgende Formulierungen am häufigsten: »Wir müssen nicht, wenn du nicht willst«, »Tut mir leid« und »Bitte erzähl’s nicht weiter.«
    »Ach du dickes Ei«, sagte Eliza. »Was für ein Schlamassel.«
    Unwillig wandte sie sich vom Bildschirm ab. »Wie hat dieser Armleuchter Cliff eigentlich ein Stipendium an der Columbia bekommen?«
    »Hat er gar nicht. Im Gegenteil, seine Eltern mussten dem Dekan zwei neue Sporthallen und einen Teilchenbeschleuniger versprechen, damit er ihren Sohn aufnimmt.«
    »Ich dachte, er kommt aus einer Bäckerfamilie?«
    »Tut er auch. Cliffs Vater ist Hauptanteilseigner der Americo Pastries Company.«
    »Wow. Deshalb hat er’s wohl auch nicht eilig, seine Kunst zu verkaufen.«
    »Er hat’s auch nicht eilig, welche herzustellen. Jedes einzelne Projekt, von dem er Laura erzählt hat, ist frei erfunden.«
    Craig griff auf Cliffs Festplatte zu und öffnete ein Dokument mit dem Titel »Drehbuch Finnegans Wake«.
    Eliza las laut vor: »Eröffnungsszene: das Nichts.«
    Ungläubig starrte sie auf den Bildschirm. »Das war’s?«
    Craig nickte. »Wir müssen den Kerl loswerden.«
    »Das kann doch nicht so schwer sein. Laura ist ja nicht mal in ihn verliebt.«
    »Aber solange er in der Nähe ist, möchte ich stark bezweifeln, dass sie auf Sam zugeht.«
    »Vielleicht geht er ja auf sie zu.«
    Eliza schüttelte den Kopf. »Ich hab mir seine Anmachversuche angesehen. Das ist ziemlich trostlos.«
    Sie öffnete ein Fenster und zoomte auf Sams Schlafzimmer. Er saß gebeugt vor dem Computer, entwarf eine E-Mail an Laura.
    »Er schreibt ihr!«, rief Craig. »Das sieht vielversprechend aus!«
    »Nicht wirklich«, sagte Eliza. »Er schreibt schon seit zwei Tagen daran. Sieh doch.«
    Sie klickte auf Zurückspulen, und die Engel sahen Sams Finger über die Tastatur flattern. Abgesehen von ein paar Essens- und Schlafpausen bastelte er seit achtundvierzig Stunden an seiner E-Mail für Laura.
    »Er hat sechs verschiedene Fassungen entworfen«, staunte Eliza. »Und alle wieder gelöscht.«
    »Warum? Wie schlecht waren sie denn?«
    Sie rief die erste auf. »Sieh’s dir selbst an.«
Servus Laura,
welch herrlicher Zufall unsere Begegnung gestern in der Frühe. Nie hätte ich erahnt, dass der Apple-Laden eine so schöne Überraschung für mich ›geladen‹ hat!
    »Willst du was Verrücktes hören?«, fragte Eliza. »Für den Text hat er über eine Stunde gebraucht.«
    »Und dann hat er ihn mit einem blöden Wortspiel auf »Laden« beendet?«
    Eliza nickte. »Der nächste Versuch ist noch schlimmer.«
Yo, sag an, wenn du chillen willst – S
    Craig blickte ungläubig auf den Bildschirm. »Was zum Teufel ist das denn?«
    »Er will cool sein«, erklärte Eliza. »Sie soll denken, dass er so viel zu tun hat und sein Leben so aufregend ist, dass er keine Zeit hat, ihr einen richtigen Brief zu schreiben. Als hätte er die Nachricht in zehn Sekunden rausgehauen.«
    »Und wie lange hat er in Wirklichkeit dafür gebraucht?«
    »Knapp sechs Stunden.«
    »Wie ist das nur möglich?«
    » Er hat einfach ständig an sich gezweifelt. Er hat allein über eine Stunde gebraucht, bis er sich für das ›Yo‹ entschieden hatte. Erst hatte er’s mit ›Hey‹ probiert, dann mit ›Hi‹ und ›Alles klar?‹, dann wieder ›Hey‹. Zwanzig Minuten lang wollte er ernsthaft mit ›Hallöchen‹ einsteigen. Kannst du dir das vorstellen?«
    Craig ging in Gedanken rasch sämtliche E-Mails durch, die er je an Eliza geschickt hatte. Waren sie zu lässig gewesen? Zu durchdacht? Hatte er

Weitere Kostenlose Bücher