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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rich
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das ein organisatorischer Albtraum.«
    »Für wen?«
    »Na ja, für Raoul, in erster Linie.« Gott schaltete den Fernseher an, und auf dem Bildschirm erschien sein Prophet. Er stand neben dem Müllcontainer eines Supermarktes, wie so oft in Alufolie gekleidet, und schrie vorbeifahrenden Autos hinterher. Auf seinem Schild stand: »Am 3. Oktober geht die Welt unter.«
    »Er hat jetzt schon allen gesagt, dass es der 3. Oktober ist«, erklärte Gott. »Ich kann nicht von ihm verlangen, dass er sämtliche Schilder neu beschriftet. Er hat stundenlang daran geschrieben.«
    »Könntest du ihn nicht wenigstens fragen?«
    Gott zögerte. »Okay«, sagte er. »Ich frage ihn.«
    Er winkte in den Bildschirm, bis Raoul auf ihn aufmerksam wurde.
    »Hey, mein Freund!«, schrie Gott. »Wie läuft’s? Alles fit?« Raoul zuckte mit den Schultern. »Alles geschmeidig.«
    Gott lachte.
    »Hör mal, einer meiner Engel will, dass ich den Weltuntergang verschiebe. Wie aufwendig wäre es, wenn du das Datum auf deinen Schildern änderst?«
    Raouls Augen wurden riesengroß. »Auf allen?«
    »Ich sag ja nicht, dass du’s machen sollst!«, versicherte ihm Gott. »Ich wollte nur wissen, ob’s ein Riesenaufwand wäre«.
    »Das wäre verdammt viel Arbeit«, erwiderte Raoul nervös.
    »Dann vergiss es«, sagte Gott. »Verzeih die Störung! Mach weiter so.«
    Raoul nahm sein Schild und rannte einem Geländewagen hinterher.
    Gott grinste Craig entschuldigend an. »Damit ist deine Frage wohl beantwortet.«
    Craig warf einen Blick auf Gottes Tischkalender. In dem Feld für den 3. Oktober hatte er sich zur Erinnerung notiert: »Nicht vergessen: Erde vernichten (Feuer?).« Am 4. Oktober stand: »Restauranteröffnung!« Und dazu hatte er mehrere lachende Smileys gemalt.
    »So bald schon«, sagte Craig. »Das ist kaum zu glauben.«
    »Ich weiß«, sagte Gott. »Überleg mal: In achtzehn Tagen sitzen wir schon an einem Ecktisch im Sola und essen köstliche asiatische Fusion-Gerichte.«
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich kann’s kaum erwarten.«
    Craig schlich den Flur entlang und versuchte möglichst, den Blickkontakt mit Vince zu vermeiden. Er hatte es beinahe bis zum Fahrstuhl geschafft, als der Erzengel seinen Namen rief. Craig holte zur Beruhigung tief Luft und drehte sich langsam um.
    »Was willst du, Vince?«
    »Ich hab deine Zufallsbegegnung auf dem Server gesehen. Ganz schön clever.«
    Craig nickte verlegen, wusste nicht, ob Vince’ Bemerkung ironisch war.
    »Wie hast du’s hingekriegt, dass das Baby so schreit? Hast du mit einem Migräneprogramm gearbeitet?«
    »Eigentlich war’s nur ein simpler Blähungs-Code.«
    Er sagte ihn aus dem Gedächtnis auf, und Vince wiederholte ihn langsam.
    »Was war mit dem Niesen?«, fragte er. »Wie hast du das ausgelöst?«
    »Ich hab ein paar Windstöße in seine Nasenhaare umgeleitet.«
    »Das müssen ganz schön schmale Windstöße gewesen sein.«
    »Ich hab Luftströme genommen.«
    »Ah, genau. Natürlich.«
    Sie schwiegen.
    »Weißt du, was ich gemacht hätte?«, fragte Vince. »Ich hätte Sam gegen eine Glasvitrine knallen lassen. Ihm die Beine gebrochen oder so. Auf die Art hätte die Frau keine andere Wahl gehabt, als bei ihm zu bleiben – wenigstens bis der Krankenwagen kommt. Außerdem hätte er damit einen Wahnsinnshaufen an Sympathiepunkten gutgemacht. Sie hätte ihn definitiv im Krankenhaus besucht, ihn vielleicht sogar im Rollstuhl rumgeschoben. Früher oder später hätten sie gevögelt.«
    Craig nickte. »Hätte vielleicht funktioniert.«
    »War nur eine Idee«, sagte Vince und zeigte mit einer wegwerfenden Handbewegung an, wie wenig Anstrengung diese ihn gekostet hatte. »Man sieht sich.«
    Craig lächelte leicht verdutzt. Seit wann verabschiedete sich Vince von ihm mit »Man sieht sich«?
    »Ja«, sagte er: »Man sieht sich, Vince.«
    Eliza nahm eine Flasche Bourbon aus ihrer Schreibtischschublade. Erbärmlich waren diese Menschen, so feige und blöd. Sie trank einen Schluck Whiskey und sah sich ziellos auf der Erde um.
    In Warschau täuschte eine blutjunge Ballerina einen verstauchten Knöchel vor, um sich vor einem schwierigen Vortanztermin zu drücken.
    In Paris sagte eine Touristin ihre Tischreservierung ab, weil sie fürchtete, die Kellner würden sich über ihr Französisch lustig machen.
    In Florida weigerte sich ein Kind, Space Mountain zu fahren, obwohl es längst groß genug dafür war.
    Eliza suchte Sam und Laura. Beide

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