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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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aufsteigende Angst darin nicht zu hören ist.
    »Polizei!«, brülle ich.
    Energisch drehe ich am Griff. Die Tür ist unverschlossen. Ich spähe in das Loft mit seinen vier Meter hohen Wänden, bemerke eine Couch und ein großes Fenster zur Straße hin. Ein Mann liegt auf dem Teppich in der Nähe der Couch, Blut spritzt aus seinem Gesicht.
    Jemand rennt zum Hinterausgang, mit flatterndem Mantel. Ohne lange zu überlegen, jage ich ihm hinterher. Der Mann ist kleiner als ich, etwas kräftiger gebaut, aber er kann sich nicht schnell bewegen, schleift ein Bein nach, und Adrenalin pumpt durch meine Adern, als mir klar wird, dass mich nur noch ein, zwei Sekunden von ihm trennen.
    Während er versucht, die Hintertür aufzureißen, werfe ich mich mit einem Klammergriff auf ihn und presse seine Arme an die Seiten, in der Hoffnung, ihn bewegungsunfähig zu machen. Er wirft sich nach rechts und versucht mich abzuschütteln. Ich umfasse ihn mit aller Kraft, trotzdem schafft er es, den rechten Arm hochzureißen und mir den Ellbogen ins Gesicht zu rammen, ein Schlag mitten auf die Stirn, der mich beinahe umhaut. Sternchen tanzen vor meinen Augen, trotzdem schlingt sich mein linker Arm um seinen Hals. Er versucht es erneut mit dem rechten Ellbogen, aber jetzt bin ich schon zu weit links. Mein Schlag trifft ihn von unten am Schädel. Ich weiche ein Stück zurück, und er wirbelt blitzschnell herum, steht mir jetzt frontal gegenüber, schließt seine Hände um meine Kehle und stößt mich zurück.
    Plötzlich muss ich an Shelly denken. An das erste Mal, als ich sie im Gericht sah, als Anwältin der Gegenpartei: ihre kämpferische Einstellung, ihre Überzeugungskraft. Ich war schon in sie verliebt, bevor ich sie überhaupt näher kennenlernte.
    Mein Kopf donnert gegen die Wand. Ich sacke zu Boden. Mit verschwommenem Blick schiele ich zu dem Mann hoch, es ist derselbe Mann wie auf diesem Foto, hinter Harland Bentley und den Reportern. Seine Augen wirken leblos, tot, aber dann legt er den Kopf schief und blinzelt.
    »Du«, sagt er.
    Instinktiv nehme ich eine Verteidigungshaltung ein, aber er hinkt bereits zur Tür und die Feuertreppe hinunter. Ich kämpfe darum, bei Bewusstsein zu bleiben, konzentriere mich auf den Gedanken an das Telefon und suche danach vom Küchenboden aus, während ich die Schritte des Mannes die Metallstufen hinuntertrampeln höre. Aus dem Nebenraum dringen die Schreie von Brandon Mitchum.
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich auf den Beinen halten kann, und probiere es erst gar nicht mit Aufstehen. Krieche einfach über den Küchenboden, taste mit der Hand die Küchentheke ab, verliere dabei schon fast die Balance. Ein Stift, ein Block und das Telefon stürzen zu Boden. Die Rückseite des Telefons platzt ab, der Akku ist zu sehen, es scheint aber noch intakt. Ich reiße es an mich und lasse mich dabei rücklings zu Boden fallen. Ich drücke die drei Ziffern, ringe um die wenigen Sekunden, die ich dafür noch brauche. Die Worte quellen hervor, in ungeordneter Reihenfolge – Eindringling, Angreifer, jemand ist verletzt, Rettungswagen, Polizei -, dann wird alles schwarz.
     
    Leo biegt in die Gasse ein und bleibt stehen, die Hände um sein Knie geklammert. Dann dreht er um und humpelt so schnell wie möglich zurück zu Mitchums Haus. Sie könnten hier überall sein, aber er hat keine Wahl.
    Verräter. Verfluchter Verräter.
    Er bleibt dicht an der Hauswand, damit man ihn von Brandons Wohnung aus nicht sehen kann. Aber nein, sie haben ihn ja schon gesehen, sie haben ihn gesehen.
    Ich versteh nicht. Ich versteh das nicht.
    Er lässt den Wagen an und fährt los, hält sich genau an das Tempolimit.
    Hände. Er weiß es. Abdrücke. Keine Zeit, sie abzuwischen. Er hat seine Fingerabdrücke hinterlassen. An der Tür. Jetzt wissen sie es. Wissen, dass ich es bin.
    Na gut, Paul Riley, du hast dich für die andere Seite entschieden.
    Aber ich weiß, wie ich dich treffen kann.
     
    »Brandon«, sage ich und bemühe mich verzweifelt, mir die Dunkelheit aus den Augen zu reiben. Schwer hieve ich mich hoch und stolpere in Richtung der Schreie, die aus dem Hauptraum der Wohnung kommen. Er liegt dort zusammengekrümmt wie ein Fötus, Blut quillt durch die Finger, die sein Gesicht bedecken.
    »Wo hat er Sie erwischt?«, frage ich.
    »Die Wange«, stöhnt er mit erstickter Stimme. »Helfen Sie mir!«
    »Der Rettungswagen ist unterwegs. Halten Sie durch, Brandon, Sie schaffen das.« Ich wanke zurück in die Küche und finde im

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