In Gottes Namen
zu machen und den Socken wieder überzustreifen.
Dieser Täter überlässt nichts dem Zufall. Er tut genau das, was er tun möchte. Und er ist sehr gut darin.
So was ist Teil des Jobs. Es läuft nie so wie geplant. Man muss improvisieren. Das zeichnet den echten Könner aus.
Der Porno-Video-Laden ist mit Brettern vernagelt und scheinbar geschlossen, aber Leo weiß, dass er aufhat. Er tritt durch die Tür und läuft zwischen den Regalen mit Magazinen und Videos direkt auf die Theke zu.
Der Mann hinterm Ladentisch hat massige Schultern und einen Stiernacken. Er liest eine Zeitung und murmelt dabei kaum verständlich vor sich hin.
»Menja zovut Leonid«, stellt Leo sich vor.
Der Mann lugt mit gelangweiltem Blick über den Zeitungsrand. »Leonid?«
»Da.«
Der Mann spricht durch die Zeitung, die immer noch einen Großteil seines Gesichts verdeckt. »Kogda?«
»Sejchas«, antwortet Leo. Jetzt.
Der Mann weist ihm den Weg die Straße runter, aber Leo kennt ihn bereits. Das Lagerhaus hat kein Firmenschild, nur eine einzige unbeschriftete Eingangstür in einer schmalen Gasse. Leo klopft an. Nachdem mehrere Schlösser entriegelt wurden, öffnet ihm ein weiterer Koloss, dessen Bauch unter einem schmutzigen weißen Hemd hervorquillt. Der Fleischberg späht aus tief liegenden Augen über Leos Schulter und lässt ihn dann ein.
Er stinkt erbärmlich. Nach Fett und Schnaps. Schnaps und Fett.
Drinnen werden aus gestohlenen Autos verwertbare Teile ausgebaut. Der Lärm hallt von der hohen Decke wieder. Selbst in der großen Halle ist der Gestank nach Schweiß und Tabak überwältigend. Noch etwas, das ihn an Lefortovo erinnert. Die Männer rauchten unaufhörlich, um die Zeit totzuschlagen. Zeit war bedeutungslos, aber gleichzeitig das Einzige, was sie besaßen.
Der Mann führt ihn in einen kleinen Raum mit einem runden Tisch in der Mitte.
»Skol’ko?«, fragt Leo.
»Dvesti.«
Leo nickt, kehrt dem Mann den Rücken zu, pellt zweihundert Dollar von der Rolle mit Scheinen und klatscht sie auf den Tisch. Der Mann nimmt das Geld und begleitet ihn durch das Lagerhaus. Leo beachtet die Männer nicht, die sich an den Wagen zu schaffen machen. Er hört nur auf sein Herzklopfen. Er hört auf das Blut, das durch seinen Kopf rauscht.
Der Mann sperrt eine große Tür auf. Drinnen werfen sich über ein Dutzend Frauen auf Sofas und Stühlen eilfertig in Positur. Der Raum ist warm. Die Frauen – einige von ihnen sind noch Mädchen – sind aufreizend gekleidet, in Strapsgürtel, Hotpants oder Miniröcke. Billiges Parfum und Zigarettenqualm hängen in der Luft. Popmusik dudelt aus einer tragbaren Stereoanlage.
Er lässt seinen Blick über sie schweifen. Einige dieser Mädchen sind noch Teenager. Die meisten haben eine kaputte Haut, in einem Fall sogar regelrechte Schürfwunden. Ihre Augen blicken gelangweilt. Der überwiegende Teil von ihnen ist mager, zäh, aber nicht muskulös. Er findet, was er will, und nickt ihr zu.
»Skol’ko vam let?« Er erwartet nicht wirklich, dass sie ihm ihr wahres Alter verrät.
»Dvadcat odin«, erwidert sie. Einundzwanzig. Unsinn, sie ist eher schon dreißig, verdammte Lügnerin. Er fragt sie nach ihrem Namen, damit sie ihn noch mal belügen kann, denn das ist alles, was sie können, lügen …
»Dodya«, antwortet sie. Er zeigt auf sie. Sie muss reichen. Der Raum oben ist klein, düster und schmutzig. Auch das weckt Erinnerungen. In Lefortovo waren sie zu acht in einer Zelle, und die Decke war viel höher, aber es ist das gleiche beengende Gefühl.
Er denkt an Kat, stellt sich sogar ihr Gesicht vor. Er schließt die Augen, wie um sie damit auszulöschen. Als er sie wieder öffnet, sieht er die andere vor sich, »Dodya«.
Er kannte mal eine Dodya in Leningrad, ein dickes, trauriges Mädchen mit orange-blondem Haar, die immer gehänselt wurde, was Leo traurig machte, weil er wusste, wie sich das anfühlte, aber er tat nichts dagegen, ließ die anderen das Mädchen quälen, bis sie weinte …
Dodya schlüpft aus ihren Shorts und streift ihr Oberteil ab. Ihr Körper wirkt unterentwickelt; ihre Brüste sind flach und ihre Rippen stechen hervor. Sie wartet auf seine Anweisungen, aber er sagt nichts, tut nichts. Sie nähert sich, um seine Hose aufzuknöpfen.
»Njet«, sagt er. Schüttelt langsam den Kopf.
Sie weicht zurück. »Ja ne ponimaju.«
Aber in Wahrheit versteht sie ihn genau. Er benutzt die Außenseite der Hand, um blaue Flecken und auffällige Verletzungen zu vermeiden. Sie stürzt zu
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