In Gottes Namen
Waschbecken ein feuchtes Handtuch. Ich schleppe mich zurück zu Brandon und presse es auf sein Gesicht. Er versucht sich aufzusetzen, das Handtuch gegen die Wunde gepresst. Überall ist Blut, auf seinem Hemd und dem Teppich. Ich hocke mich neben ihn, inspiziere seine Wunden. Sieht so aus, als wäre es nur die Wange. Keine lebensgefährliche Verletzung, aber durch das Gesicht verlaufen eine Menge Adern und er verliert höllisch viel Blut. »Drücken Sie weiter fest drauf.«
»O mein Gott«, murmelt Brandon und packt mich mit seiner freien Hand am Arm. »O mein Gott, danke, ich danke Ihnen.«
»Kennen Sie ihn?« Ich setze mich auf die Couch neben ihn.
»Ein … Cop«, bringt er keuchend hervor, unfähig, seinen Atem zu kontrollieren.
Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. »Er ist weg, Brandon, okay? Sie sind in Sicherheit. Der Kerl war ein Cop? Hat er das behauptet?«
Brandon nickt, sein ganzer Körper zittert, er drückt jetzt beide Hände auf das Handtuch in seinem Gesicht. Der Typ muss sich als Cop ausgegeben haben. Ich spähe zurück zur Tür, dann schaue ich mich im Apartment um.
»Er trug keine Handschuhe«, sage ich.
»Er wusste, er wusste Bescheid über den Va... den...«
Draußen donnern Schritte das Treppenhaus hoch.
»Über was wusste er Bescheid, Brandon?«, frage ich, mein Gesicht dicht bei seinem. Er wird wohl nicht sterben, aber vermutlich ist das meine letzte Chance, allein mit ihm zu sprechen. »Brandon, das ist wichtig. Er wusste etwas über …«
»Den Vater«, sagt er, und im gleichen Moment stürmen zwei Polizeibeamte durch die Tür.
33. Kapitel
»Man platzt nicht einfach unangemeldet in das Büro von Harland Bentley«, sagt der Commander. »Nicht auf einen vagen Verdacht hin.«
McDermott umklammert das Telefon, den Blick auf Stoletti gerichtet, und schüttelt den Kopf. Es war ihre Idee – eine ziemlich clevere, wie er zugeben muss -, sich von oben grünes Licht geben zu lassen, bevor sie einen der reichsten Männer der Welt überfielen. Wenn irgendwas schiefging, würde es der Gouverneur erfahren, der Bürgermeister, der Commander, und am Ende würde McDermott seinen Kopf dafür hinhalten müssen.
»Sir, es handelt sich um seine Tochter …«
»Ich habe das durchaus verstanden. Sie können gerne mit ihm sprechen, und meinetwegen auch sofort. Aber vereinbaren Sie einen Termin. Platzen Sie da nicht einfach rein. Sagen Sie ihm, es sei dringend, aber wahren Sie die Anstandsregeln.«
McDermott schweigt. Er weiß nicht, was ihm sonst womöglich herausrutscht.
»Hören Sie, Mike – wenn er für Sie ein dringend Tatverdächtiger ist, dann ist das was anderes. Kann ja gut sein, dass Sie da auf der richtigen Fährte sind. Aber ebenso gut könnten Sie völlig danebenliegen. Vielleicht ist es einfach nur irgendein Psychopath, der Burgos’ Kreuzzug wiederbeleben möchte.«
»Ja, Sir.«
»Machen Sie einen Termin mit Bentley, Detective. Ziehen Sie das ordnungsgemäß durch.«
Dann ist die Leitung tot. »Mist.« McDermott legt auf. »Himmelherrgott. Er will, dass ich einen Serienkiller stoppe, aber dabei auf die Etikette achte! Einen Termin machen«, sagt er zu Stoletti. »Wir sollen uns mit ihm verabreden.«
Das Display seines Handys blinkt. Ein Anruf aus der Pathologie. Susan Dobbs hat ihn zurückgerufen.
»So spät noch bei der Arbeit, Susan?«, fragt er, als sie sich meldet.
»Ich bin beim Abendessen, Mike. Du hast mich auf dem Handy angerufen. Sag nicht, dass das ein Versehen war.«
»Okay, werd ich nicht.«
»Keine Ahnung, warum ich so blöd war, dir die Nummer zu geben.«
»Weil du eine aufopferungsvolle Dienerin des Gemeinwohls bist.«
»Du hast wegen der Obduktion von Ciancio angerufen?«
»Ja, da heißt es nämlich, er hat einen Einstich zwischen – warte einen Moment.« Er schnappt sich den Autopsiebericht. »Ein post mortem erfolgter Einstich zwischen der vierten und fünften tarsalen Phalanx.«
»Richtig. Der vierte und fünfte Zeh. Dazwischen befindet sich eine Hautfalte. Er hat sie durchtrennt. Nachdem der Typ tot war.«
»Warum, glaubst du, hat er das getan?«
»Du bist hier der Polizist. Aber es geschah mit Absicht, so viel kann ich sagen. Man muss einen gewissen Aufwand betreiben, um die beiden Zehen zu spreizen und den Schnitt anzusetzen. So was passiert nicht zufällig.«
Damit hat sie vermutlich recht. Ciancio trug Socken, als er gefunden wurde. Der Täter hat sich nach allem, was er Ciancio angetan hatte, auch noch der Mühe unterzogen, diesen Schnitt
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