In Gottes Namen
Apartmenthochhaus in der Stadt, direkt am See. Von dort war es nicht weit bis zur Arbeit, und ich musste kaum Instandhaltungskosten zahlen, aber es fühlte sich für mich nie wie ein echtes Zuhause an. Es behagte mir nicht, dass der Türsteher jederzeit wusste, wann ich kam und ging. Nicht dass ich ein sonderlich aufregendes Leben geführt hätte. Aber mir fehlte einfach die Privatsphäre.
Jetzt habe ich ausreichend davon, mehr als ausreichend. Eintausendfünfhundert Quadratmeter, ganz für mich allein. Momentan bin ich zwar noch aus meinem eigenen Haus ausgesperrt, habe aber, in einem Moment seltener Hellsicht, beim Einzug einen Zweitschlüssel versteckt. Ich hatte panische Angst davor, meine Schlüssel zu verlieren, wenn auch nicht unbedingt auf diese Art.
Ich biege in die kleine Gasse neben meiner Garage ein, wo der Schlüssel unter der Regenrinne klemmt. Ich öffne das Gartentor und stolpere über mein Grundstück, das gemessen an Vorstadtgärten bescheiden, für innerstädtische Verhältnisse aber ganz ordentlich ist. Es ist überall von dichten Büschen umgeben, die glücklicherweise von allein wachsen, denn ich habe keine Ahnung von Gartenpflege. Auf der Rückseite der Garage hängt ein Basketballkorb, und ein kleiner gepflasterter Bereich dient als Mini-Spielfeld. Außerdem gibt es einen Kinderspielplatz mit Schaukel und Sandkasten, der Shelly vermutlich einen Riesenschrecken eingejagt hat. Ebenso gut hätte ich ihr auf der Stelle einen Heiratsantrag machen können.
Einfach nicht der richtige Zeitpunkt, so hat sie es formuliert.
Ein paar Stufen führen hinunter zu Kellertür. Und erst jetzt fällt mir siedendheiß ein, dass ich den Schlüssel nie ausprobiert habe. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob er überhaupt zu diesem Schloss passt. Tatsache ist, ich habe diese Tür überhaupt noch nie geöffnet, seit ich letzten Januar eingezogen bin. Ich hoffe wirklich dringend, dass es der richtige Schlüssel ist, ansonsten sehe ich ziemlich alt aus. Es gibt zwar Methoden, Schlösser zu knacken, aber das gehört nicht zu meinem Metier. Die einzigen Raubzüge, die ich begehe, sind die Rechnungen an meine Klienten.
Ich schiebe den Schlüssel ins Schloss und schicke ein leises Stoßgebet gen Himmel. Leider ohne Erfolg. Mrs. Riley, Ihr Sohn ist in praktischen Dingen immer noch so unbegabt wie eh und je. In Rechtsfragen mag er ein absolutes Ass sein, aber bitte, verschonen Sie ihn mit häuslichen Aufgaben. »Gottverdammt«, fluche ich leise.
Ich beschließe, dass es dieser Tür noch leidtun wird, dass sie mich aussperrt. Im Garten suche ich mir einen passenden Stein. Natürlich gäbe es zuverlässigere und viel effizientere Methoden, aber mein Kopf verlangt dringend nach einem weichen Kissen, also erinnere ich mich an meine bestenfalls durchschnittlichen Baseball-Künste und schmettere den Stein gegen die kleine Glasscheibe direkt neben dem Schloss.
»Verdammt«, schreie ich. »Mist.« Ich halte das rote Fleischstück, das mal meine Hand war, in die Höhe. Glassplitter stecken zwischen den Knöcheln, Blut rinnt in meinen Ärmel.
Tolle Nacht.
Ich greife durch das Loch und schiebe den Riegel zur Seite. Ich versuche mich auf das erleichternde Gefühl zu konzentrieren, endlich zu Hause zu sein, und nicht auf die neue lästige Aufgabe, die ich mir selbst geschaffen habe; ich werde eine neue Glasscheibe in die Tür einsetzen müssen. Es zählt immer als Verkaufsargument, wie stabil diese alten Häuser gebaut sind. Das ist auch wirklich prima, etwa wenn es darum geht, einen Hurrikan zu überstehen; aber versuchen Sie mal, in solchen Häusern eine verstopfte Toilette zu reparieren oder das ausgefallene Heizsystem wieder in Gang zu bringen oder mitten in der Nacht den Sicherungskasten zu finden. Außerdem habe ich nicht Jura studiert, um Handwerker zu werden. Ich habe studiert, damit ich einen bezahlen kann.
Der Keller ist riesig. In Kürze wird hier ein Freizeitparadies entstehen – mit Billardtisch, Dartscheibe, Saunalandschaft und einem großen Plasma-TV -, sobald ich die Zeit dazu finde; also schätzungsweise dann, wenn im Nahen Osten endgültig Frieden einkehrt. Über ein Dutzend ungeöffneter Kartons stapeln sich hier. Das Einzige, was ich bisher im Keller aufgebaut habe, ist mein sogenannter »Burgos-Schrein«. Eine Vitrine mit Trophäen, nur dass darin keine Pokale und Plaketten ausgestellt sind, sondern Tatwaffen, gekritzelte Notizen, grausige Fotos und Skizzen aus dem Gerichtssaal.
Das City-Magazin hat vor
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