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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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ein
Computerbild, das aufgrund Ihrer Berichterstattung an Ihre
Vorgesetzten beim ZD angefertigt wurde. Bitte sagen Sie uns,
inwieweit es Ihrer Erinnerung entspricht.«
    Ein Bild erscheint auf dem Schirm, und es entspricht haarscharf
meiner Erinnerung.
    Drei junge Schimpansen, zusammengedrängt in einem Käfig.
Haarige Affenkörper, lange, schlenkernde Arme und diese
komischen biegsamen Füße, die sich um die Bodenstangen des
Käfigs kringeln können. Hände klammern sich an die
Streben, und die Gesichter starren nach draußen. Aber es sind
Menschengesichter, und sie sind alle drei identisch: die
Gesichtszüge eines kleinen Kindes mit weicher, hellbrauner Haut
und großen, haselnußbraunen, golden gesprenkelten Augen.
Sanfte, klar geformte Lippen – in fünfzehn Jahren wird er
ein schmucker Zuchtbulle sein, aber momentan ist er noch der
hübscheste Dreijährige, den ich je gesehen habe. Bloß
daß er ein Affe ist. Oder sie. Von drei Krabbelkindern ist
durchschnittlich eines ein Mädchen. Bloß sind das keine
Krabbelkinder – es sind Affen! Mit Menschengesichtern und
pummeligen rosa Menschenhändchen, aber mit unterschiedlichen
Haaren. Einer von ihnen hat glattes, glänzend schwarzes Haar,
einer hat blonde Locken und der dritte einen rötlichen
Strubbelkopf. Ich sehe, daß auf dem Computerbild der Rotschopf
ein paar Sommersprossen hat. Ja, ganz recht! Das habe ich dem
Sergeant berichtet und auch dem Captain, der meine Aussage auf Video
aufgezeichnet hat.
    »Jawohl, Sir«, sage ich und ärgere mich, daß
meine Stimme ein wenig schwankt. »Genau das habe ich
gesehen.«
    »Nur daß das leider nicht möglich ist«, sagt
die alte Schraube von vorhin. »Doktor Clementi, einmal ganz
abgesehen von dem Umstand, daß jegliche Genmanipulation an der
menschlichen Keimbahn seit dem Inkrafttreten der Kipp-Punkt-Gesetze
strengstens verboten ist – abgesehen davon also: verfügt,
Ihrer fachlichen Meinung nach, irgendeine Forschergruppe auf der Welt
über die wissenschaftlichen Voraussetzungen, um eine solche Art
von Kreuzung zwischen Menschen und Schimpansen
zustandezubringen?«
    »Nein«, sagt Clementi.
    »Nicht einmal annähernd?«
    »Nein.«
    »Sie sind sich da ganz sicher?«
    »Absolut. Selbst in Ländern, in denen solche
Gentechniken erlaubt sind, ist man noch Jahrzehnte davon entfernt, so
etwas zu schaffen. Die Schwierigkeiten dabei scheinen
unüberwindlich. Wie die geklonten menschlichen Eizellen teilen
sich auch die Zellen mit der DNA gekreuzter Spezies in
zweiunddreißig Zellen, beginnen dann jedoch nicht mit der
notwendigen Spezialisierung.«
    Die Kongreßabgeordnete grinst affektiert. »Dann sagen
Sie also, daß Rekrutin Walders unmöglich das gesehen haben
kann, was sie behauptet.«
    »Nein«, schüttelt Clementi den Kopf, »das sage
ich nicht.«
    »Ich verstehe nicht…«
    »Herr Doktor Clementi wird es gern erklären«, sagt
der Vorsitzende, »aber vielleicht etwas später. Es handelt
sich hier um höchst sensible Dinge.« Und er wirft einen
Blick auf mich, als wäre ich eine Art Sicherheitsrisiko.
    Unwillkürlich steigt mir das Blut ins Gesicht.
Arschlöcher. Arschlöcher, alle miteinander!
    Clementi ergreift wieder das Wort. »Bevor wir zu meiner
Erklärung kommen, möchte ich der Rekrutin Walders noch
einige Fragen stellen. Sie sind sehr kooperativ, Rekrutin Walders,
und daß Sie Ihrem Sergeant sofort Ihre Wahrnehmungen berichtet
haben, war ein äußerst patriotischer Akt. Sagen Sie mir
eines: war Ihnen eigentlich klar, daß das, was Sie sahen, in
höchstem Maße gesetzwidrig sein mußte?«
    »Natürlich, Sir.«
    »Sie wußten, daß schon für den Versuch, eine
Kreuzung zwischen Mensch und Tier zu schaffen, vom Gesetz strengste
Strafen vorgesehen sind?«
    »Jawohl, Sir.« Aber hat er nicht gerade gesagt,
daß das ohnehin unmöglich ist? Ich bin leicht
verwirrt.
    »Und Sie wußten aus vorangegangenen Erfahrungen,
daß eine weitere Unwahrheit Ihren Vorgesetzten gegenüber
wahrscheinlich das Ende Ihrer Chancen, nach der Ableistung des
Zivildienstes in die reguläre Armee aufgenommen zu werden,
bedeuten würde?«
    »Jawohl, Sir.« Genau das hat mir auch mein Sergeant an
den Kopf geworfen, und zwar mit drastischen Worten, welche sozusagen
verdammt drastisch waren. Und sie hatte dem Beirat wohl das gleiche
gesagt, was sie mir gesagt hatte.
    »Wie sehr ist Ihnen denn an einem Eintritt in die Armee
gelegen, Rekrutin Walders?« fragt Clementi.
    »Mehr als an allem anderen auf der Welt, Sir. Mein Vater war
schon in der

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