In grellem Licht
zucken dauernd, und die Augen stehen keine
Sekunde still. Und Teela redet, als würden ihr ein paar
Gehirnwindungen fehlen. Vielleicht hat sie sie auch mit irgendwas
rausgebrannt. Solche Sachen sollten jungen Leuten eigentlich nicht
mehr passieren – solch eine >tragische Vergeudung unseres
wertvollsten Schatzes< –, ja, ja, ja. Egal, was sie vorhaben,
ich bin dabei.
Zumindest solange, bis ich sehe, worum es sich handelt.
»Hauen uns rüber, wir, zum Center. Die Schwuchteln dort.
Raus, rein. Jede Menge.« Dreamie redet so. Ich kann den Finger
nicht drauflegen, woher sie stammt. Vielleicht von nirgendwoher.
»Also.« DuFort nickt. »Los.«
Wiederum steigen wir in einen Zug. Eine Sekunde lang, als der
Maglevantrieb einsetzt, habe ich die Katastrophe in Lanham vor Augen,
aber mit diesem Zug passiert nichts. Mitten in der Stadt steigen wir
aus. Rundum stehen hohe Bauten, und überall schwirren
uniformierte Zivildienstler herum, die den lokalen Bullen zugeteilt
sind. Abkommandiert zur Verkehrs- und Sicherheitskontrolle. Meine
Augen kribbeln.
»Komm schon, Walders!« ruft DuFort. »Nicht
zurückfallen!«
Wir rennen durch enge, schlecht beleuchtete Gassen und klettern
über niedrige Dächer. Dreamie und Teela kennen sich in der
Gegend wirklich gut aus. Schließlich landen wir auf einem
schmalen Sims gute zwei Meter über dem Boden und tief im
Schatten; die Lampen sind unter uns, regengeschützt unter einem
kleinen Überhang. Das Gäßchen unten führt zu
einer geschlossenen Tür.
»Der kürzeste Weg für die Arschficker«, haucht
Dreamies Stimme in mein linkes Ohr. »Gehen da rein, die
Schauspieler, ins Theaaa-taaa. Tra la la, die Schwuchteln.«
Ich antworte nicht. Wir warten. Schließlich kommen zwei
Mädchen aus einem nahen Haus und gehen eilig zu der
verschlossenen Tür. Sie streichen mit der flachen Hand
darüber und treten ein.
»Nein«, sagt Dreamie an meinem Ohr, so leise, daß
es ebensogut ein Windhauch in meinem Haar gewesen sein könnte.
»Mädels nich’. Sind keine Arschficker.«
Also warten wir weiter. Als meine Augen sich an die Dunkelheit
gewöhnt haben, komme ich drauf, daß das kleine
Gebäude gegenüber irgendeine Art Wohntrakt oder Schlafstall
für die Theaterleute sein muß, und dasjenige direkt unter
uns ein Teil des International Center. Wir sind gar nicht weit weg
vom Regierungsviertel – und von dem Gebäude, in dem dieser
Kongreßbeirat mir alles versaut hat.
»Tra la la«, haucht Dreamie, denn die Tür
gegenüber geht wieder auf. Zwei Männer kommen heraus, dicht
nebeneinander. Sie halten zwar nicht Händchen, aber schon ihre
Umrisse sprechen eine deutliche Sprache. Sie gehören zusammen.
Dreamie wartet, bis sie direkt unter uns sind, dann springt sie.
Sie landet auf einem der beiden und reißt ihn zu Boden. Der
andere blickt hoch – er kann nicht anders, das arme Schwein, es
ist ein automatischer Reflex – und schreit auf. Ich sehe sein
Gesicht ganz klar im Licht, das ihm in die Augen scheint. Und dann
springt Teela, und ihre Füße schleudern ihn
rückwärts auf den Gehsteig. DuFort folgt als nächste,
wobei sie einen leisen, komischen Schrei ausstößt, wie ich
ihn nie wieder im ganzen Leben hören möchte.
Ohne einen weiteren Gedanken springe auch ich, rolle mich ab und
lande neben Teela. Sie wirft mir einen Blick zu, grinst, und ich sehe
das Messer in ihrer Hand. Sie hat gerade noch eine Sekunde Zeit,
ihren Gesichtsausdruck zu wechseln, ehe ich das Messer vom Schritt
ihres Opfers wegschlage und ihr einen rechten Haken verpasse. Sie
geht zu Boden.
Dreamie kauert auf dem zweiten, während DuFort an seinem Kopf
kniet und ihm die Arme flach auf den Gehsteig drückt. Sie
schlitzt ihm Hemd und Hose auf und schneidet ihn ein wenig in den
Pimmel – aber nicht ernsthaft, das hebt sie sich noch auf und
genießt erst mal die Vorfreude. Den Tritt, mit dem ich auf ihr
Kinn ziele, sieht sie nicht kommen. Ihr Kopf klappt nach hinten, und
sie fällt lautlos hin.
DuFort läßt die Arme des Kerls los. Sie weiß
nicht, was ich vorhabe, aber sie weiß, daß es ihr nicht
gefällt. Also packt sie Dreamies Messer und baut sich vor mir
auf.
»Ich will keinen Zoff mit dir, DuFort. Ehrlich.«
Sie glaubt mir nicht. Schleicht im Kreis um mich herum und lauert
auf eine Chance. Ich bin nicht bewaffnet, aber das ist auch nicht
notwendig. Man lernt eine Menge in den Nächten auf der
staatlichen Schule, wenn die einzigen Kinder, die abends nicht
abgeholt werden, die sind, die keiner adoptieren will.
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