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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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vielleicht ist das
einfach nichts weiter als die normale Vorgangsweise bei den
Zeitungen. Wahrscheinlich gibt es jede Menge Spinner mit echt
bescheuerten Hinweisen, von denen sie unentwegt angeklickt werden.
Venusianer auf dem Dach, die neueste Erfindung zur Aufhebung der
Schwerkraft im Keller. Oder Leute, die gar nicht bekloppt sind,
bloß überzeugt davon, daß jede kleinste Kleinigkeit
aus ihrem Leben auf die Titelseite der Times gehört. Ich
muß nur geduldig abwarten, daß das Weib meine Fakten
überprüfen kann.
    Ich warte eine Woche.
    Nichts passiert, außer daß mein Zivildienst offiziell
endet. Es gibt eine Feier und ein Zertifikat, und mein
Kasernensergeant sagt: »Sie haben drei Tage, dann sind Sie hier
draußen, Walders. Keine Minute länger.« Im Gegensatz
zu meinem Kompaniesergeant konnte sie mich nie leiden, die
mißgünstige Kuh.
    Nachdem ich eine Woche lang nichts von der Times gehört habe, und ohne daß irgendwas online oder in
Druck über den Beirat erscheint, klopfe ich bei der Washington Post – Tribüne an. Und dann beim Sender
>Canby-Vid<. Dann bei zwei weiteren Video-Sendern. Kein Schwanz
interessiert sich für mich.
    Sie interessieren sich mehr für die Hungersnot in Indien,
weil es nicht mehr genügend Landarbeiter gibt – das macht
die Seite eins der Times. Sie interessieren sich für den
Krieg in China, der hauptsächlich von Maschinen geführt
wird, um nicht das Leben junger Menschen zu riskieren – Seite
eins der Post. Wieder einmal für einen beschissenen Ring von
Babyräubern, diesmal in Wichita – Hauptmeldung bei
>Canby<. Für die Unruhen in London, das scharfe Vorgehen
des Militärs in Israel, die Epidemie in Afrika – aber nicht für ein braves amerikanisches Mädel, das von
ebendem System in den Arsch getreten wird, dem es mit dem Sagen der
Wahrheit einen Dienst erweisen wollte.
    An meinem letzten Abend in der Kaserne bin ich so wütend,
daß mir das Hirn glüht. Niemand außer mir ist da,
weil die Kompanie – all die Glücklichen, die immer noch im
Dienst sind – auf Nachtpatrouille in den Parks ist. Eigentlich
sollte ich meine Sachen packen, aber ich höre immer wieder damit
auf und halte minutenlang das Zeug in den Händen – Hemden,
Socken, Musikchips. Wohin soll ich gehen? Ich habe keine Eltern, die
da draußen auf mich warten, keine Zulassung zum College, keinen
Job. Ich sollte doch in die Armee überwechseln! Wohin, zum
Geier, soll ich bloß?
    Von hinten kommt jemand an mich ran.
    »He, Walders! Schwache Nerven heute, wie?«
    Bonnie DuFort von der C-Kompanie. Wurde wahrscheinlich wieder
wegen schlechter Führung aus der Parkpatrouille getreten. Die ist von der Sorte, die von der Armee abgelehnt werden sollte,
nicht ich!
    »Hau ab, DuFort.«
    »Mach ich ja grade. Kommst du mit?«
    Ich sehe sie bloß an und sage nichts.
    »Na soll ich in der Ecke hocken und Maulaffen feilhalten, und
du bist eigentlich gar nicht mehr hier? Warum bist du nicht
längst weg aus diesem Loch? Also, ich werde sicher nicht die
Samstagnacht hier verbringen. Ich pfeife auf den Urlaubsschein
und verkrümle mich nach draußen. Dort warten schon ein
paar scharfe Weiber auf mich. Wir wollen in die Stadt und ein paar
verantwortungslose Sünder wider das Gemeinschaftswohl auf den
rechten Weg bringen. Also, kommst du mit?«
    Ich schüttle den Kopf. Ich habe noch nie was an der
Warmenjagd gefunden. Sollen die armen Perverslinge doch ihre kranke
Schau abziehen, wenn sie wollen, wen interessiert das schon? DuFort
interessiert es jedenfalls nicht, sie hat ungefähr soviel
soziales Verantwortungsbewußtsein wie eine Küchenschabe.
Sie will keinen Sünder auf den rechten Weg bringen, sie will
bloß eine saftige Prügelei.
    »Immer noch die brave kleine Soldatin!« stichelt DuFort.
»Immer noch brav alles nach den Vorschriften des
Systems!«
    »Hält’s Maul, DuFort.«
    »Glaubt immer noch, daß ihr das System auf die Schulter
klopft, bloß weil sie so jung-jung-jung ist!«
    Ich schmeiße das Hemd, das ich die ganze Zeit über in
den Händen gehalten habe – zivildienstgrün mit dem
ZD-Logo auf der Brusttasche – auf den Boden. »Okay, ich
komme mit.«
    »Na also«, sagt sie, und ihre Augen funkeln.
    Wir nehmen den Zug nach Washington und treffen zwei von DuForts
Freundinnen in einer Bar. Teela und Dreamie. Sie sind ein
bißchen älter als wir, vielleicht Mitte zwanzig, und keine
von beiden ist hübsch. Dreamie ist voll auf
Persönlichkeitswandel, vermutlich mit Hilfe von Donnerschlag,
denn ihre Hände

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