In grellem Licht
siebzig sind! Zehn Dollar, wenn nicht!«
»Und wenn du über neunzig bist, kriegste noch was!«
kreischt übermütig ein anderer morscher Knochen, und alle
lachen.
Ich erreiche das Terminal, stecke meinen Zahlchip hinein und
warte. Erst mal erscheint eine langatmige Sache mit knalligen
Diagrammen, bei der junge Männer dazu gedrängt werden, sich
einem Fruchtbarkeitstest zu unterziehen (»Wir alle tragen diese
Verantwortung!«). Endlich fällt es dem System ein, mich
nach meinen Wünschen zu fragen, und da ist mein Hirn
plötzlich leer.
Ich weiß natürlich, wie man ein System benutzt, aber
zumeist habe ich dabei nur das getan, was alle anderen auch tun:
Sachen eingekauft, Post verschickt, in Fahrplänen nachgesehen
und in Daten geschnüffelt, die von ihren vertrottelten
Eigentümern nicht gesichert wurden. Ich weiß, daß
die öffentlichen interaktiven Terminals eine Menge anderer Dinge
können, aber ich weiß nicht, welche. Und ich weiß
nicht, wie ich danach fragen soll.
Also starre ich den Schirm an, der mich wiederum auffordert
weiterzumachen. Und wie? Ich zahle für diese Minuten!
Schließlich sage ich: »Ich möchte jemanden ausfindig
machen, aber ich kenne seinen Namen nicht.«
»Ich bedaure«, sagt das Terminal in dieser angenehmen
beknackten Stimme, die sie alle haben, »aber dieses System kann
Ihren Wunsch nicht verstehen. Bitte formulieren Sie ihn in
Computer-adäquater Sprache oder verwenden Sie die
Möglichkeit, ihn einzutippen.«
Ich kenne die gesprochenen Computerausdrücke dafür
nicht. Man muß die exakten Worte verwenden. Also tippe ich ein,
daß ich wen finden wil aber nich weis wie er heist.
Das Terminal tippt zurück: Geben Sie letzte bekannte
Informationen betreffend Zielperson ein. Führen Sie nur eine
Information pro Zeile an . Es hat aufgehört, bitte
zu sagen. Das finde ich anheimelnd. Es erinnert mich an den ZD.
Ich tippe:
Er is Schauspiler.
Er is ungefer zwanzig Jare alt.
Er hat schwarze Hare.
Er hat braune Augen.
Er is ungefer einsfünfunsibzich gros.
Er wigt zirka 65 kg.
Er is ein hübscher Junge.
Er trit in Washington auf.
Er is homosexuel.
Der Computer tippt: Öffentlich abrufbare Informationen
über Staatsbürger enthalten keine äußerlichen
Erscheinungsmerkmale und geben keine Auskunft über den Leumund
oder die Polizeiakte einer Person. Wünschen Sie eine Liste aller
Bühnenschauspieler und/oder aller Mitglieder der Vereinigung der
TV-Darsteller und/oder aller Mitglieder der Vereinigung der
Virtual-reality-Darsteller, zusammen mit ihren von der
Schauspielergewerkschaft registrierten Auftritten in Washington,
D.C.?
Wünsche ich? Da wird mir plötzlich klar, was für
ein Esel ich bin. Ich tippe: Er spielt am Interneschonel
Center. Jetzt . Und schon erscheint ein Programmheft
auf dem Schirm.
Ich blättere es durch. Ein Haufen Namen, aufgelistet nach den
Sachen, wo sie mittun. Nicht bloß Schauspieler, sondern auch
Tänzer und Musiker… Ich erinnere mich an den Gang der
beiden, des Typen und seines Liebsten – irgendwie gleitend
–, und sage laut: »Druck mir nur einfach die Namen von
Tänzern.«
Das System weiß nicht, was ich meine. Also gehe ich die
Icons durch und drucke mir die Namensliste jeder Tanztruppe der
Sommersaison aus. Es gibt fünf: ein Jazzensemble, eine
Holo/Licht-Truppe, eine asiatische Sache, eine schwarze
Volkstanzgruppe und ein Ballett.
Was für einen erstaunlichen Mist sich die Leute ansehen.
Ich stopfe die Liste in meine Tasche und schiebe und remple mich
zurück durch die Fossiliensammlung und die gräßliche
Musik und die Tischreihen und die Projekt-Patriot-Holos: Gemeinsam
sind wir stark! und Amerikaner helfen Amerikanern! und Ihre
Gesundheitsbehörde: Schutz und Sicherheit für Sie und Ihre
Lieben! Ich mache mich auf die Suche nach einem billigen Hotel. Ich
habe keine andere Wahl. Wenn ich nicht auffallen will – und das
will ich wirklich nicht –, indem ich Fragen stelle, muß
ich noch eine Weile in Washington bleiben. Ein Glück, daß
man nicht viel Geld ausgeben kann, wenn man Kasernenarrest hat –
was ich aus diesem oder jenem Grund des öfteren hatte –,
und so habe ich ein wenig Geld gespart. Damit sollte ich ein paar
Wochen auskommen. Wenn ich sorgsam damit umgehe.
Wieviel kosten die Eintrittskarten für das International
Center? Vielleicht könnte ich mich irgendwie
reinschwindeln… Nein, kann ich nicht. Ich darf nichts tun, was
die Aufmerksamkeit auf mich lenkt, bevor der richtige Zeitpunkt
gekommen ist. Ich werde
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