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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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bist
du eigentlich, junges Ding, daß du es wagst, mich und meine
enorme Erfahrung in Zweifel zu ziehen? Aber ich weiß, wer
ich bin. Ich bin ein junges Ding, das in die U.S.-Army eintreten
wird! Oder es wird denen verdammt leid tun, daß sie mich davon
abgehalten haben…
    »Rekrutin Walders«, sagt er und reicht mir den Brief
zurück, »meiner Meinung nach haben Sie keinen ausreichenden
Grund für einen Einspruch. Ja, Ihre Dienstbeschreibung ist ein
Grenzfall, was die Rekrutierungsrichtlinien betrifft – die Armee
kann jemanden mit einer Beurteilung wie der Ihren akzeptieren oder
ablehnen. In Ihrem Fall hat man abgelehnt. Ein anderes
Rekrutierungskomitee hätte möglicherweise anders
entschieden. Aber es gibt keinen juristischen Präzedenzfall
für einen Einspruch gegen die Entscheidung eines lokalen
Rekrutierungskomitees unter Voraussetzungen wie den Ihren.«
    »Also werden wir die ersten sein!«
    »Das glaube ich nicht. Es gibt keine wirkliche
Begründung dafür.«
    »Ich bin die Begründung!« sage ich, vermutlich zu
laut. »Das ist mein Leben, über das wir hier reden!
Das Leben eines jungen amerikanischen Menschen!«
    Er blickt mich ruhig an. Schließlich öffnet er eine
Schublade, nimmt eine Karte heraus und reicht sie mir herüber.
»Ich würde Ihnen raten, Ihr Leben umzuplanen. Das ist die
Netzadresse des Amtes für Jugendförderung. Rufen Sie sie
auf und ersuchen Sie um einen Termin für einen
Berufseignungstest.«
    »Ich brauche keinen Berufseignungstest! Ich werde Soldatin in
der regulären Armee!«
    »Das glaube ich nicht«, sagt er.
    »Is’ mir wurscht, was Sie glauben! Ich nehme mir einen
privaten Anwalt, der weiß, was er tut!«
    »Das steht Ihnen natürlich frei.«
    »Dazu brauche ich Sie nicht, damit ich weiß, was mir
freisteht und was nicht!« Ich stehe so abrupt auf, daß der
Stuhl nach hinten kippt. Ich stelle ihn nicht wieder auf. Als ich die
Tür aufreiße, sagt er zu meinem Rücken:
    »Rekrutin Walders, ein unerbetener Rat: Versuchen Sie, daran
zu denken, daß nicht einmal ein junger Mensch ein Recht darauf
hat, zu bekommen, was er will, nur weil er es will!«
    Ich antworte nicht, knalle nur die Tür hinter mir zu.
    Ich versuche es bei zwei privaten Anwälten. Einer
empfängt mich nicht einmal, nachdem sein System mein Guthaben
bei der Bank überprüft hat. Der andere erzählt mir das
gleiche, was ich schon von dem staatlichen Puddingbauch gehört
habe, nur gewundener.
    Also rufe ich bei der New York Times an.
    Endlich leitet mich das System an ein lebendiges menschliches
Wesen weiter, eine gelangweilt wirkende Frau mit glattem
kupferfarbenem Haar. Warum müssen alte Weiber sich eine solche
Farbe ins Haar schmieren? Sie schaut aus wie eine Dörrpflaume
mit einem Helm aus Kupferblech.
    »Ja?« sagt der Kupferkopf. Der Bildschirm ist zwar nur
klein, ich kann aber trotzdem erkennen, daß sie irgendwo in
einem vollgeräumten Verschlag sitzt; vielleicht in New York, als
Tele-Heimarbeiterin.
    »Mein Name ist Shana Walders, und ich habe eine sensationelle
Story für Sie, Madam. Über einen korrupten Beirat des
Kongresses.«
    »Ihre Identitätsnummer, Miss Walders?«
    Ich gebe sie ihr. Ihr Blick wandert nach rechts, und ich
weiß, daß sie meine amtliche Akte überprüft.
Stört mich nicht. Ich bin keine Illegale, keine Deserteurin,
nicht zur Fahndung ausgeschrieben und auch nicht wegen sexueller
Vergehen auf Bewährung.
    Dann sagt sie: »Und wie kommt es, daß Sie diese
Informationen über einen Beirat des Kongresses erhalten haben?
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß dieses Gespräch
aufgezeichnet wird.«
    Ich erzähle ihr die ganze Geschichte. Sie unterbricht mich
nicht, während ich rede. Aber ihr Gesichtsausdruck
verändert sich auch nicht im geringsten. Als ich fertig bin,
sagt sie: »Eine interessante Geschichte. Die Times wird
sie nicht aus den Augen verlieren. Falls nötig, werden wir
wieder mit Ihnen in Verbindung treten.«
    »Und das ist alles? Sie… Sie wollen gar nichts sonst von
mir wissen? Oder die Sache genauer unter die Lupe nehmen?«
    »Die Times wird sie nicht aus den Augen verlieren.
Falls nötig, werden wir wieder mit Ihnen in Verbindung
treten.«
    Das Bild verschwindet.
    Ich kann es nicht glauben! Da serviere ich ihr eine Wahnsinnsstory
auf dem Tablett – dafür könnte sie den Nobelpreis
kriegen, oder was eben den Zeitungsleuten so überreicht wird
–, und das Weib schmeißt mich einfach raus! Die tickt wohl
nicht richtig!
    Aber dann sage ich mir, nur ruhig, Mädel,

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