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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Der alte Furz ist mir völlig egal. Soll er doch
abkratzen.
     
    Als wir zu Hause anlangen, ist Ihre Hoheit zurück vom Besuch
bei ihrer Schwester. Ihre Reisetasche verstellt die ganze Diele. Sie
wirft einen Blick auf Nick, der sich sogar zum Eintreten auf meinen
Arm stützen muß, und steht stockstill da.
»Nick.«
    »Hallo, Maggie. Bin froh, daß du wieder da bist.«
Sie antwortet nicht. Die beiden sehen einander an, und ich
weiß, es ist an der Zeit, daß ich verschwinde. »Ich
muß noch mal weg«, sage ich, drehe mich um und gehe wieder
durch die Vordertür hinaus. Doch dann renne ich um das Haus
herum nach hinten, fahre mit dem Versorgungslift nach oben und
drücke mich durch die Lieferantentür. Den Code dafür
habe ich schon am ersten Tag vom Verwalter bekommen – für
die übliche Gebühr. Ich schleiche mich den Gang entlang,
bis ich die beiden im Spiegel über dem Kamin sehen kann und
jedes Wort höre, das gesprochen wird.
    Sie sitzt dicht neben ihm auf dem Sofa, eine Hand auf seinem Knie,
die andere leicht auf seinen Nacken gelegt. Hin und wieder streichen
ihre Finger durch sein Haar.
    »Seit wann?« fragt er.
    »Schon seit Wochen. Ich wußte, du würdest es mir
sagen, wenn du meinst, es wäre an der Zeit.«
    »Aber du sagtest nie etwas, hast mit keinem Blick erkennen
lassen…«
    Sie lacht, zittrig. »Das war doch immer schon meine Masche,
oder? Nur du hast es erkennen lassen, mit jedem Blick, jeder
Bewegung. Dachtest du wirklich, nach fünfundfünfzig Jahren
würde ich dich nicht gut genug kennen, um es zu wissen, wenn du
stirbst?«
    Er zieht sie näher an sich. Sie schweigen eine Minute lang,
und dann sagt er etwas Merkwürdiges. »Ich möchte es
gut machen, Maggie. Ich kann ihm nur dann ins Auge sehen, wenn ich
daran glaube, daß ich es gut mache.«
    »Ich verstehe«, sagt sie, so leise, daß ich es
kaum hören kann. »Und du willst meine Hilfe nicht
annehmen.«
    »Nicht >willst<«, sagt er. »>Kannst<.
Weil ich es dann nicht so gut machen würde, wie ich muß.
Weißt du, was ich meine?«
    »Wenn es von dir kommt, Liebes, ja, dann weiß
ich, was du meinst.« Na, wenigstens eine von uns beiden.
    Er lacht leise in sich hinein. »Kein unsanftes Dahingehen,
kein zorniges Aufbäumen gegen das Schwinden des Lichts. Das
paßt zu jungen Leuten. Überhaupt kein Aufbäumen.
Aber, Maggie, ich brauche trotzdem deine Hilfe. Für jene Dinge,
zu denen ich möglicherweise nicht mehr komme, bevor ich…
vorher.«
    »Alles, was du möchtest, Liebling. Was für
Dinge?«
    »Eigentlich keine Dinge. Personen. Shana und
Laurie.«
    »Laurie? Du meinst, wie sie zu einem Baby kommen kann, egal
auf welche Weise?«
    Er zuckt ein wenig zurück und blickt ihr ins Gesicht.
»Gibt es eigentlich irgend etwas in der Familie, was du noch
nicht weißt?«
    »Tausend Sachen«, sagt Maggie. »Ich habe nur gut
geraten. Laurie hat mit dir gesprochen, nehme ich an. Und du hast ihr
hoch und heilig versprochen, alles Notwendige zu unternehmen.«
Sie bricht ab, und ich sehe den inneren Kampf in ihrem Gesicht.
»Und ich werde auch mein möglichstes tun. Aber sag
bloß Sallie nichts davon.«
    »Was mich auf Shana bringt.« An meinem Nacken fängt
es an zu prickeln.
    »Shana? Was hat das kleine Luder mit Sallie zu tun?«
    »Ich war gestern in Atlanta, mit dem Shuttleflug. Ersuchte
Sallie, mir ein paar Informationen aus den Dateien des Zentrums
für Seuchenkontrolle zu verschaffen, was sie zwar widerstrebend
aber doch getan hat. Shana ist auf eigene Faust nach New York
gefahren und kam mit weiteren Informationen zurück. Und Van
Grant hat sich gemeldet. Maggie, irgend etwas stinkt mir da gewaltig.
Cameron Atuli wurde entführt und man hat ihm zwangsweise
Gewebeproben entnommen und ihn dem MOSS-Scan unterworfen, womit
schließlich die Gesichter auf den Schimpansen geschaffen
wurden, die Shana gesehen hat. Außerdem wurde Atuli kastriert,
und seine Hoden befinden sich immer noch bei den Entführern. Das
FBI hat ihn gerettet. Anschließend wurde eine
Erinnerungslöschung vorgenommen, vermutlich des Traumas wegen.
Einiges davon fand Sallie in den streng geheimen Dateien des
Zentrums. Aber als Van mich anrief, behauptete er, es gäbe keine
Erwähnung Atulis in irgendeiner staatlichen Datei. Ich habe
selbst in den öffentlich zugänglichen Gerichtsdateien
nachgesehen; es existiert kein Fall – weder aktuell noch
abgeschlossen –, der die Entführung von Cameron Atuli zum
Inhalt hat. Und Shana schwört, daß eine Frau, die in New
York unter vier Augen mit

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