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In grellem Licht

In grellem Licht

Titel: In grellem Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Angriff. Ihre Gerichtsverhandlung ist für
nächsten Monat angesetzt.«
    »Und?«
    »Der versuchte tätliche Angriff fand im International
Center statt. Auf Cameron Atuli.«
    Jogerst stößt langsam die Luft aus. »Bist du
sicher?«
    »Duffy schickt es mir.«
    »Mhm.«
    Sie schaut mich durchdringend an. Sie überlegt. Dann sagt
sie: »Wahrheitsdrogen funktionieren nicht gut, wenn sie zusammen
mit Schlafmitteln verabreicht werden. Also bleiben Sie bei
Bewußtsein, Shana. Denken Sie einfach darüber nach, was
Sie uns erzählen werden, sobald wir am Ziel sind.«
    Schließlich bleibt der Wagen stehen, und ich denke, jetzt
könnte ich vielleicht eine Chance kriegen davonzurennen oder zu
kämpfen oder irgendwas, sobald sie mir die Fesseln abnehmen.
Aber sie gehen sehr professionell vor. Der Wagen hält in einer
schmalen unterirdischen Garage, und ich werde durch eine
Sicherheitstür auf derselben Ebene befördert, noch ehe ich
die Möglichkeit habe, nach jemandem zu treten. Dann werde ich
mit den Handschellen an einen Stuhl gefesselt, der auf dem Boden
festgeschraubt ist. Der Raum ist staubig und hat keine Fenster, die
Wände sind aus fleckigem SchaumStein. Außer ein paar
weiteren Stühlen und einer Vidkamera ist nichts vorhanden.
Jogerst setzt sich auf einen Stuhl, schlägt die Beine
übereinander und wartet. Ein Mann kommt herein, ein
Arzneipflaster in der Hand. Ich versuche mich wegzuwinden, aber es
ist hoffnungslos; er klatscht es mir auf den Hals. Als er wieder weg
ist, reißt mir Jogerst das Klebeband vom Mund. Es tut
höllisch weh.
    »Und jetzt erzählen Sie mir von jeder Begegnung, die Sie
mit Cameron Atuli, Nicholas Clementi, Billy McCullough und Laurie
Clementi hatten. Erzählen sie in chronologischer Reihenfolge und
lassen Sie nichts aus.«
    »Leck mich!«
    Sie seufzt. »Sie wissen, daß dieses Pflaster eine
Wahrheitsdroge enthält. Sie haben nicht die geringste Chance,
Shana.«
    Und sie hat recht. Ich spüre, wie irgend etwas die Gewalt
über mein Hirn übernimmt, und aus weiter Entfernung
höre ich, wie Jogerst ihre Anordnungen wiederholt. Und dann
höre ich mich antworten, und obwohl die wirkliche Shana in
meinem Inneren schreiend protestiert, kann ich meinem Geplapper nicht
Einhalt gebieten. Ich erzähle ihr alles.
     
    Hinterher muß ich eingeschlafen sein – Wahrheitsdrogen
haben diese Wirkung. Ein unruhiger Schlaf, denn ich bin immer noch an
den Stuhl gefesselt. Ich döse, wache auf und höre mich
aufschreien. Es kann mitten in der Nacht sein oder sogar schon der
nächste Morgen. Ich döse wieder. Und ich träume.
    Einen dieser komischen Träume – ohne Leute, aber man
weiß, die Leute sind irgendwo, bloß kann man sie nicht
sehen. Ich stehe in einem großen weißen Zimmer mit
Hunderten Säulen wie diejenige, die Maggie zwischen ihren
Glastüren plaziert hat und auf der immer eine Schale mit
frischen Blumen steht. Bloß ist Maggies Säule aus
grünem Marmor, und diese hier sind einfach nur weiß. Auf
jeder Säule liegt eine Muschi, die von einem Steifen gebumst
wird. Keine Menschen, bloß ein abgeschnittener Schwanz mitten
in der Luft, der eine rausgetrennte Punzel bearbeitet –
reihenweise zuckende Pussis und harte, erigierte Schwänze, die
sinnlos vor sich hin ficken und immer wieder kommen…
    Ich schreie, und das Schreien weckt mich auf. Danach kann ich
überhaupt nicht mehr schlafen. Ich sitze bloß da und
versuche zu atmen.
    Lange danach flammen die Lichter auf, und frische Luft strömt
in den Raum. Jogerst kommt mit zwei großen Männern herein;
einer von ihnen ist der Kerl aus dem Lieferwagen. »Okay«,
sagt sie, »bringt sie zum…«
    »Emily«, sagt eine Stimme von weiter hinten, »ich
habe es soeben gehört.«
    Er ist klein und häßlich, wie er so in der Tür
steht, aber alle drehen sich augenblicklich zu ihm um. »Wie
schlimm ist es?«
    »Nicht so schlimm, wie befürchtet, Doktor«, sagt
Jogerst. »Sie können sich das Band ansehen, es ist
vorbereitet für Sie. Aber sie ist ein Niemand, nur ein junges
Ding mit einer persönlichen Animosität. Sie hat das Produkt
nach der Labor-Explosion in Lanham zu Gesicht bekommen. Aber damals
hat ihr niemand geglaubt, und mit Ausnahme von Cameron Atuli
weiß niemand, daß sie mich kontaktiert hat. Und Atuli hat
keine Möglichkeit, ihr zu folgen. Er wird natürlich zu
Clementi rennen, und dann vielleicht zur Polizei.«
    »Kein Problem. Ich glaube, daß man nicht einmal ihm
glauben wird. Sie hat Vorstrafen, und er hat eine induzierte
retrograde Amnesie,

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