In grellem Licht
oder?«
»Allerdings«, sagt Jogerst. »Sollten wir Leonard
anrufen? Was denken Sie?«
»Nein. Je weniger Einzelheiten wir ihm aufbürden, desto
gelassener bleibt er.«
»Aber ein Anruf bei…«
»Das habe ich schon erledigt, Emily. Ich sehe hier wirklich
kein echtes Problem. Gewiß nichts, um den Schauplatz zu
verlegen. Aber Sie haben recht, ich möchte mir erst das Band
ansehen, ehe ich eine endgültige Entscheidung treffe.«
Jogerst nickt, und sie gehen hinaus und lassen mich an meinen
Stuhl gefesselt zurück.
Leonard. Ich kenne diesen Namen von irgendwo. Aber
heißt es Leonard Soundso oder Soundso Leonard?
Eine geschätzte Stunde vergeht, bis jemand zurückkommt.
Diesmal ist es der Kerl aus dem Lieferwagen. Er hat einen geilen
Ausdruck in den Augen und heiße Hände und grinst,
während er mich losmacht.
»Wohin bringen Sie mich?«
»Besser, wenn du’s nicht weißt.« Aber er ist
einer von der Sorte, die mich’s nur allzugern wissen lassen
möchten. Und zwar alles. Es geilt ihn auf.
Mühelos kriegt er mich in einen eisenharten Griff, und
plötzlich ist mein Arm auf den Rücken gedreht. Ein
bißchen mehr Druck, und mir brechen die Knochen. Er schiebt
mich aus dem stickigen Raum – ich würde jetzt alles
dafür geben, um dableiben zu können – und einen Gang
entlang. Vor einer Tür bleibt er stehen.
»Möchtest du was wirklich Scharfes sehen, kleines
Miststück? Natürlich willst du!«
Ich würde ihm gern ins Gesicht spucken, aber ich habe Angst,
er bricht mir den Arm. Also sage ich nichts darauf. Er tippt einen
Code ein, zerrt mich durch die Tür und läßt meinen
Arm los.
Ich stolpere vorwärts und kippe fast aus den Schuhen.
Vor mir befindet sich eine Wand aus Glas oder Plastik, die so
transparent ist, daß ich nur deshalb weiß, daß sie
existiert, weil ich dagegenrenne, als der Mann mich so plötzlich
losläßt. Hinter dem Glas ist ein Labor mit drei Typen in
weißen Mänteln, die Gesichtsmasken aufhaben. Auf den
Labortischen liegen menschliche Körperteile, die mit Computern
verdrahtet sind.
Köpfe von Kindern, manche fast ganz, manche bloß Haut,
die über ein Gerüst aus Maschendraht gespannt ist. Ein Teil
vom Hinterkopf eines Babys, ein Teil einer Nase, die linke
Hälfte eines Mundes.
Winzige Kinderhändchen, die aussehen, als hätte man
ihnen ein paar Finger abgeschnitten.
Unterhautgewebe, blutigrot.
»Appetitlich, wie?« sagt der Computerkerl. Er
drückt meinen Kopf nach unten, um ganz sicher zu sein, daß
ich den halben Babykopf mit dem einen Auge sehe, der dicht an der
Glaswand liegt. Aber es sind nicht die Kinderköpfe, weswegen ich
fast in Ohnmacht falle.
An einer Seite, hinter einer weiteren Glaswand, befindet sich noch
ein Labor. Ich kann gut sehen, was sich darin befindet: mein
Traum.
Nicht ganz exakt. Keine bumsenden Schwänze, nein. Auf Reihen
von langen weißen Tischen stehen durchsichtige Behälter
mit einer klaren Flüssigkeit, in denen Muschis schwimmen. Mehr
als Muschis – komplette weibliche Becken, von der Taille bis zu
den Oberschenkeln. Die Stellen, an denen der Oberkörper und die
Beine abgeschnitten wurden, sind mit einem weißen Material
bedeckt. Die Muschis sind alle glattrasiert. Und die Bäuche sind
aufgetrieben – einige mehr, andere weniger. Die Unterleiber in
der Flüssigkeit sind alle schwanger.
Der blonde Kerl merkt, wohin ich sehe. Sein heißer Atem
flüstert an meinem Ohr: »Bist du fruchtbar, Hübsche?
Der Doktor weiß nämlich nicht, wie man künstliche
Mutterleiber herstellt. Oder vielleicht weiß er es schon, aber
es kommt billiger so. Man nimmt die Eierstöcke, die Eileiter,
den Uterus, den Geburtskanal, und dann fickst du das Ganze mit einem
Röhrchen wie bei der künstlichen Befruchtung. Und dann soll
der Embryo dort wachsen, wo er hingehört… Kunden
gibt’s klarerweise genug. Diese vielen Frauen, die keine Kinder
kriegen können, und plötzlich – ein Wunder! Sie hat
einen Fötus im Bauch! Und keiner weiß, woher, meist nicht
einmal der eigene Mann… Klar, daß sie alle hübsche
Kinder wollen, und das heißt, man muß mit hübschen
Pussis voller hübscher kleiner Eizellen anfangen…«
Ich beginne zu brüllen. Augenblicklich taucht Emily Jogerst
neben mir auf. »Ben, du verblödeter Sadist! Schaff sie in
das andere Labor! Wir haben keine Zeit für deine perversen
Spielchen!«
»Entschuldige, Em.« Er verdreht mir wieder den Arm nach
hinten und zieht mich weg. Ich kann nicht aufhören zu
schreien.
Aber das hilft nichts. Sie
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