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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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an ihr hochzuspringen.
    »Aus, Jericho!«, rief Theresa. Betrübt ließ der Hund von Cara ab und setzte sich. Als Cara sich zu ihm hinunterbeugte, um ihn zwischen den Ohren zu kraulen, ließ er sich sofort auf den Rücken fallen, damit sie ihm den Bauch streicheln konnte.
    »Er ist schamlos«, sagte Theresa kopfschüttelnd. »Seid ihr denn verabredet? Ich meine, du und May?«
    »Irgendwie schon«, log Cara. »Aber vielleicht hat May es auch vergessen. Ich bin übrigens Cara.«
    »Dann komm mal rein. Wenn du Lust hast, mach ich uns einen Kaffee. Kann nämlich ein bisschen dauern, bis May auf den Beinen ist. Morgens braucht sie immer ewig, um in die Gänge zu kommen.«
    Aber das war ein Irrtum. May brauchte nicht ewig und sie kam auch sofort in die Gänge. Nachdem Theresa in ihrem Zimmer verschwunden war, um sie zu wecken, dauerte es keine Minute, bis sie in die Küche stampfte, um sich dort wutschnaubend vor Cara aufzubauen. »Sag mal, tickst du noch richtig?«, schrie sie. »Erst rufst du mich ständig an und nervst mich mit deinen SMS. Und dann schnüffelst du mir nach. Ich weiß genau, dass du im Extra Dry warst und Charly ausgefragt hast – das ist ja wohl der Gipfel! Ich hab Tom nicht umgebracht, wie oft soll ich dir das denn noch sagen?«
    »May«, sagte Theresa warnend.
    Aber ihre leise Stimme brachte May erst recht zum Ausrasten. »Halt du dich da raus, ja?« Sie fuhr sich mit den Fingern durch die wirren Haare, versuchte, sie zu glätten, machte alles nur noch schlimmer. Ihr Gesicht war bleich und glänzte wie Mozzarella. Schatten unter ihren Augen. Winzige rote Äderchen auf ihren Wangen.
    »Hau ab«, knurrte sie, zog eine Schublade auf und holte eine Packung Zigaretten raus. Sie betrachtete sie einen Moment gedankenverloren, dann warf sie sie wieder zurück. Ging stattdessen zur Espressomaschine und stellte sie an, indem sie mit der flachen Hand auf den Schalter haute.
    Theresa hob abwehrend beide Hände. »Ist ja schon gut. Ich muss ohnehin wieder rüber. Ich denke, ihr beide kommt prima ohne mich zurecht«, sagte sie hastig und drehte sich um und floh.
    Cara überlegte einen Moment, ob sie versuchen sollte, May zu besänftigen, bevor sie das geplatzte Alibi zur Sprache brachte. Aber dann entschied sie sich dagegen. Ihr fehlte die Kraft dazu. In der ersten Hälfte der Nacht war sie wieder vor ihrem unsichtbaren Verfolger geflohen, in der zweiten Hälfte hatte sie wach gelegen. Sie war erschöpft, sie war zu müde, um sich irgendwelche Floskeln auszudenken.
    »Es stimmt«, sagte sie. »Ich war gestern im Extra Dry und ich hab auch mit Charly geredet. Und jetzt weiß ich, dass du kein Alibi hast. Du bist um kurz vor halb vier da weg. Und Tom ist zwischen vier und fünf ermordet worden.«
    »Ich hab ein Alibi«, sagte May. »Die Polizei hat das überprüft.«
    »Warst du mit diesem Jürgen zusammen?«
    »Geht dich nichts an, Cara. Schlimm genug, dass die Polizei in meinen Privatangelegenheiten rumschnüffelt. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
    »Nein. Aber Helena. Ihr seid doch Freundinnen. Jedenfalls behauptet ihr das alle immer. Obwohl ich mir unter Freundschaft was anderes vorstelle.«
    »Cara«, sagte May mühsam beherrscht. »Ich war ’s nicht.«
    Ich war’s aber nicht. Wie oft sie diesen Satz in den letzten Tagen gehört hatte. Aber einer war’s, einer hatte den Mord begangen. Oder eine, dachte Cara.
    »Du kannst mir nicht erzählen, dass Tom dich kaltgelassen hat«, sagte sie. »Ich hab euch in der Melody Bar gesehen, wie du ihn angeguckt hast. Du warst total verliebt in ihn, oder?«
    »Willst du auch einen Espresso?«, fragte May.
    Sie wartete Caras Antwort gar nicht ab, sondern klopfte den Kaffeefilter über dem Mülleimer aus und füllte dann frisches Pulver in den Einsatz. Als der Kaffee fertig war, schob sie die kleine Tasse mit so viel Schwung über den Tisch auf Cara zu, dass der Espresso überschwappte.
    »Danke«, murmelte Cara.
    »Ich hab dir alles erzählt«, sagte May. »Ich hab einmal mit ihm geschlafen. Das war’s. Ende und over.«
    Cara massierte sich die Schläfen. Die Müdigkeit war wie Watte in ihrem Kopf, sie ließ keinen Gedanken durch.
    »Ich weiß gar nicht, warum ich mich überhaupt auf ihn eingelassen hab«, fuhr May fort. »Er war überhaupt nicht mein Typ. Viel zu sauber und smart und brav. Aber irgendwie fühlte ich mich wohl geschmeichelt, dass er mich wollte. Waren ja alle verknallt in ihn, sämtliche Mädchen und ein paar von den Jungs auch. Na ja, Viola war

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