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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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natürlich die Ausnahme. Und Julia, aber die ist ja wohl asexuell. Mich hat er eigentlich kaltgelassen.«
    »Aber?«
    »Nichts aber. Ich hab das doch alles schon auf der Party erzählt. Ich hab ihn in der Stadt getroffen. Wir haben uns betrunken und dann bin ich mit zu ihm.«
    »War er da schon mit Helena zusammen?«
    »Keine Ahnung. Nicht dass ich wüsste. Nach der Studienfahrt war ja Funkstille zwischen den beiden, erst im letzten Sommer ist es dann wieder losgegangen. Sagt Helena. Meine Hand würd ich dafür nicht ins Feuer legen. Auf jeden Fall hab ich ihn nicht verführt. Er wollte mir schon nach dem ersten Bier an die Wäsche und dann sind wir zu ihm.«
    »Und das war ein Reinfall.«
    May seufzte. »Na ja. Ganz so schlecht war’s eigentlich nicht, um die Wahrheit zu sagen. Aber am nächsten Morgen war’s trotzdem vorbei.«
    »So einfach war das.«
    »So einfach war das.« May hielt ihren Kopf gesenkt, sodass Cara ihr Gesicht nicht sehen konnte. »Und ein paar Monate danach war er dann ja auch offiziell mit Helena zusammen.«
    »Und du hast ihn dafür gehasst.«
    May riss die Augen auf. »Du lieber Gott, Cara! Wie oft willst du es denn noch hören? Ich hab ihn nicht gehasst, ich hab ihn nicht getötet. Vielleicht hätte ich es noch getan, wenn er es gewagt hätte, Helena mit einer anderen zu betrügen.«
    »Wer war es dann?«
    May starrte sie aus verquollenen Augen an.
    »Helena war es, Cara. Helena hat Tom umgebracht. Es gibt überhaupt keine andere Erklärung. Das musst du akzeptieren. Hör endlich auf, Gott und die Welt zu verdächtigen. Ronja. Oder Viola. Nur weil Benny scharf auf Helena war. Das ist einfach lächerlich.«
    »Wusstest du das mit Benny?«
    »Alle wussten das.« May gähnte. »Es war ja auch nicht zu übersehen, wie der Helena immer auf die Titten geglotzt hat.«
    »Alle wussten alles. Dass Benny hinter Helena her war. Dass Tom mit seinen Schülerinnen schläft«, sagte Cara spitz. »Aber ihr seid nie auf die Idee gekommen, mal miteinander zu reden. Echt super. Tolle Freundinnen.«
    »Manchmal ist es eben besser, wenn man sich zurückhält. Was hätte es denn gebracht, wenn ich Viola aufgeklärt hätte? Sie hätte sich noch früher mit Benny gestritten, er hätte sie noch früher verlassen und sie hätte mich dafür gehasst. Bei dieser bescheuerten Hen-Night hätte ich auch lieber den Mund halten sollen.«
    »Wenn du den Mund gehalten hättest, wären Helena und Tom, jetzt verheiratet«, sagte Cara und überlegte, ob das wirklich besser wäre. Ob Helena und Tom miteinander glücklich geworden wären. Für Tom, dachte sie, wäre es definitiv von Vorteil, er wäre nämlich nicht tot.
    May machte sich noch einen Espresso, aber diesmal bot sie Cara keinen an.
    »Du bist also nach der Party noch mal ins Extra Dry«, sagte Cara. »Aber Jacky ist nach Hause.«
    »Ganz genau.«
    »Und dieser Jürgen …«
    »Schluss jetzt!« Einen Moment lang sah es so aus, als wollte May mit ihrer Kaffeetasse nach Cara werfen. Aber stattdessen trat sie hinter ihren Stuhl und umklammerte die Lehne mit beiden Händen. Ihre Fingerknöchel waren ganz weiß. Sie würgt ihn, dachte Cara. Sie würgt den Stuhl. Und hätte fast gelacht, dabei war das Ganze wirklich nicht zum Lachen, sondern zum Heulen.
    May fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, von oben nach unten, als wollte sie es wegwischen. »Ich geh wieder ins Bett«, murmelte sie.
    Direkt neben Cara war ein großes Fenster, durch das man in den Innenhof des Anwesens sehen konnte. Jericho lag in der Sonne und wedelte hin und wieder mit dem Schwanz, um eine Fliege zu verscheuchen. Auf der blauen Holzbank hatte sich der Kater zusammengerollt und schlief ebenfalls. Eine Idylle, dachte Cara, aber irgendwie raubt sie einem den Atem, diese Idylle.
    Sie dachte an Vitalis senfgelbes Haus und an die vollgestopfte, hässliche Wohnung. Wenn sie hätte wählen müssen, wäre sie lieber dorthin gezogen.
    »Warum wohnst du eigentlich noch zu Hause?«, fragte sie. »Ich meine, hier ist doch der Hund begraben. Das passt doch überhaupt nicht zu dir.«
    »Nee«, sagte May. »Das passt wirklich nicht zu mir. Ich hasse dieses verdammte Kaff. Früher haben wir wenigstens in Geldern gewohnt, aber dann musste mein Vater diesen Scheiß-Bauernhof kaufen.«
    »Zieh doch weg. Du bist schließlich erwachsen.«
    »Keine Kohle. Als Praktikantin verdien ich keinen Cent. Die werden mich auch nicht übernehmen. Will ich ja auch gar nicht.«
    »Was willst du denn?«, fragte Cara und May lachte laut,

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