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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Meyer
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sie vors Gesicht und atmete die Luft ein, die ihre Lungen ausstießen. Dachte an die Einliegerwohnung im Haus von Violas Eltern. Meine Eltern suchen einen Mieter, hatte Viola gesagt. Vielleicht war das die Lösung. Eine neue Wohnung, ein neues Leben. Irgendwie würde sie die Miete schon zusammenkriegen, zur Not musste sie am Wochenende kellnern.
    Sie versuchte, sich das vorzustellen. Versuchte sich vorzustellen, wie sie in dem Wohnzimmer auf dem weißen Ledersofa saß. Aber es gelang ihr nicht.
    In der nächsten Stunde folgte eine Panikattacke auf die andere. Sobald es vorbei war, wartete sie darauf, dass es von Neuem losging. Die Tüte griffbereit neben sich.
    Vitali hatte versprochen, ihr das Auto zu bringen, aber er kam nicht. Vielleicht hatte er den Wagen vor dem Haus abgestellt und den Schlüssel in den Briefkasten geworfen, dachte Cara und ging zum Badezimmerfenster und blickte hinunter auf die Straße, aber das Auto war nirgends zu sehen. Sie war überrascht, wie sehr sie das erleichterte. Dass er noch nicht hier gewesen war. Dass er vielleicht noch kam.
    Als es klingelte, war sie so fertig, dass sie sogar ihren Vater freudig empfangen hätte. Es war aber nicht ihr Vater. Es war Vitali, der das Auto zurückgebracht hatte.
    »Sorry«, sagte er und streckte ihr den Autoschlüssel entgegen. »Hat ein bisschen länger gedauert.«
    »Komm rein«, sagte sie. »Bitte.«
    »Geht es dir besser?«, fragte er, als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hochgingen.
    »Nein«, sagte sie und überkreuzte die Arme vor der Brust, weil sie wieder zu zittern begann. »Ich muss wirklich morgen zum Arzt. Irgendwas stimmt ganz und gar nicht mit mir.«
    Sie setzte sich auf ihr Bett, er ließ sich auf den großen Ledersack sinken, den Helena ihr vermacht hatte, als sie ausgezogen war.
    »Du hast ziemlich lange gebraucht«, sagte Cara. »Hast du noch einen kleinen Abstecher nach Köln gemacht oder warum kommst du erst jetzt?«
    Er musterte sie nachdenklich und schwieg.
    »Was ist?«, fragte sie verunsichert. »Hast du einen Unfall gebaut? Kannst es mir ruhig sagen, ist nicht so schlimm.«
    »Nein«, sagte er und sah sie immer noch an. »Mit dem Auto ist alles okay.«
    »Was ist dann los? Irgendwas ist doch, das merk ich doch.«
    Er nickte. Öffnete den Mund. Und machte ihn wieder zu und räusperte sich. Ihr Herz schlug schneller, aber diesmal war es keine Angstattacke, diesmal war es etwas anderes.
    »Ich liebe dich, Cara«, sagte Vitali. »Ich weiß, dass ich keine Schnitte bei dir hab, aber ich will trotzdem, dass du es weißt. Dass das so ist. Und dass sich das auch nicht ändern wird.«
    »Und was erwartest du jetzt von mir?«, fragte Cara und wünschte sich, dass er nicht einfach so sitzen blieb. Und wünschte sich, dass er aufstand und zu ihr kam und sie umarmte und sie sich einfach fallen lassen könnte, nach den schrecklichen, angsterfüllten Stunden, die hinter ihr lagen. Und wusste auch, dass sie ihn küssen würde, dass sie sogar mit ihm schlafen würde, wenn er sich jetzt neben sie setzte. Weil sie ihn auch liebte. Aber eben nur jetzt, in diesem Moment, und morgen früh wäre alles wieder anders, morgen früh würde sie ihn wieder von sich stoßen, auch das wusste sie.
    Und dann stand Vitali wirklich auf und Caras Herz setzte einen Schlag aus. Vor Schreck und vor Freude. Aber er kam nicht zu ihr.
    »Ich möchte, dass du mich begleitest«, sagte er.
    »Was? Wohin?«
    Er zögerte. »Ula Engel«, sagte er dann. »Ich war vorhin bei ihr und hab mit ihr geredet. Und nun möchte sie dir etwas sagen.«
    »Wie bitte? Was will sie mir denn sagen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Weißt du es nicht oder warum erzählst du es mir nicht?«
    Da streckte er ihr seine Hand hin. »Komm mit, Cara.«
    Sie zögerte einen Moment lang. Und horchte in sich hinein und hörte ihr Herz schlagen. Wenn sie Vitali nicht begleitete, würde er einfach weggehen, das spürte sie ganz deutlich. Und würde sie allein lassen mit der Angst, die sich um ihre Brust legen und sie langsam ersticken würde. Die Vorstellung war schrecklicher als alles, was Ula ihr erzählen konnte.
    Cara ergriff Vitalis Hand und stand auf. »Also gut. Gehen wir.«
    Als sie auf die Straße traten, fuhr gerade ein Taxi vor. Ihre Mutter stieg aus und verabschiedete sich durch das offene Fenster von ihrer Freundin Tanja, die auf dem Rücksitz saß. Dann wollte sie zum Haus und sah Cara und Vitali.
    »Oh, hallo«, sagte sie und rülpste leise. Und legte betroffen die Hand vor den Mund.
    »Wo

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