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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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könnte ein verliebter Mann niemandem Schaden zufügen.

***
    Allerdings habe ich damals nicht viel über Martins Romanze nachgedacht. Ich wollte nur allein gelassen werden, um ausschließlich über rein gar nichts nachdenken zu können. Angesichts meiner Sehnsucht nach Einsamkeit scheint es daher verwunderlich, dass ich Gesellschaft suchte, vor allem die Gesellschaft von Mutters Freiern, doch aus Gründen, die mir nicht ganz einsichtig waren, lud ich mich am ersten Samstag nach meiner Rückkehr selbst zur morgendlichen Teeparty ein. Natürlich war ich früher schon mal an einem der Vormittage dabei gewesen, hatte mich aber meist rasch gelangweilt und war wieder gegangen, weshalb die Freier sich mit mir abfanden, wussten sie doch, ich blieb nur kurz. An diesem Vormittag aber hielt ich es länger aus als gewöhnlich, denn Ryvold fehlte, und das war seltsam. Seit er sich der Gruppe angeschlossen hatte, war er ohne Ausnahme jede Woche gekommen. Er gehörte gleichsam zum Inventar, und in Wahrheit – eine Wahrheit, die nie ausgesprochen wurde – drehte sich alles um ihn. Es gab Zeiten, in denen er kaum ein Wort über die Lippen brachte, doch was er sagte oder unter bestimmten Umständen hätte sagen können, hatte stets den Gesprächston vorgegeben – und ich verstehe heute, wie sehr jegliches Vergnügen, jegliche Unterhaltung, die Mutter von diesen Vormittagen erwartete, allein von Ryvold abhing. Ich denke, sie liebte Rott, wie man einen Welpen liebt, doch gelang es allein Ryvold in ihrer Welt real zu sein; und an diesem Vormittag, an dem sich die Freier um den Tisch versammelten, war Ryvolds Abwesenheit viel zu auffällig.
    Er hatte auch schon in der Woche zuvor gefehlt, in der ich in England gewesen war. Damals hatte sich niemand etwas dabei gedacht – einer meinte gesehen zu haben, wie er auf dem Flughafen von Tromsø aus dem Taxi stieg, weshalb sie zu dem Schluss kamen, dass er vermutlich zu einer Geschäftsreise aufgebrochen war. Allerdings musste er sehr plötzlich gefahren sein, da Ryvold keinen Samstagmorgen verpasste, ohne Mutter vorher Bescheid zu geben, dass er nicht kommen konnte. Niemand hätte erwartet, dass er je ohne eine Erklärung fortblieb, doch genau dies hatte er nun die zweite Woche in Folge getan.
    Und heute fühlte ich mich zum allerersten Mal als vollwertiges Mitglied der Teeparty. Nicht bloß als Besucherin, die auf ihrem Weg nach anderswo kurz vorbeischaute, sondern als jemand, der standhaft in der Mitte der Freier ausharrte. An diesem Samstag waren es vier: Rott, Harstad, ein überaus hagerer, ziemlich distinguiert aussehender Mann namens Nilsson, der nicht oft kam, sowie ein Mann mit sehr blauen Augen und seltsam möwenähnlichem Gesicht, dessen Namen ich nicht kannte, auch wenn ich ihn schon einige Male den Weg zum Haus hatte heraufkommen sehen. Sie waren sich unschlüssig, wie sie mit mir umgehen sollten, zumindest, nachdem etwa zwanzig Minuten verstrichen waren und ich mich immer noch nicht verabschiedet hatte. Es war, als nähme ich Ryvolds Platz ein, ersetzte ihn während seiner unerklärten Abwesenheit, und das machte sie nervös und ruhelos. Mutter wusste auch nicht, warum ich so lang blieb, doch genoss sie das Unbehagen ihrer Gäste, das immer deutlicher wurde, je länger ich in meinem Sessel saß.
    Das Gespräch drehte sich um nichts Bestimmtes, jedenfalls zu Beginn. Natürlich kam niemand auf Ryvold zu sprechen. Man bekundete höfliches Interesse an meinen Zukunftsplänen – Was wollte ich anfangen, nun, da die Schule zu Ende war? Wie hatte ich in den Prüfungen abgeschnitten? Wollte ich aufs College? Oder hatte ich andere Pläne? –, doch fiel es mir diesmal nicht schwer, darüber zu reden. Das Fehlen von Ryvold machte mich neugierig. Ich hatte vergessen, Mutter von seiner außerplanmäßigen Stippvisite zu erzählen, und jetzt war es zu spät. Außerdem hätte ich dieses Thema nicht angeschnitten, jedenfalls nicht in Anwesenheit der Freier. Dass Ryvold uns aufgesucht hatte, um Lebewohl zu sagen, war mir damals nicht in den Sinn gekommen, doch hatte er offensichtlich genau das vorgehabt, und während wir um den Tisch saßen und Butterkekse sowie Cremeschnitten aßen – es gehört große Kunstfertigkeit und ein nahezu physisches Taktgefühl dazu, Cremeschnitten in der Öffentlichkeit zu essen, was Rott allerdings nie verstanden hatte, obwohl er mehr als genug davon aß –, merkte ich Mutter an, wie verwirrt sie war. Weniger wegen Ryvolds Abwesenheit, für die sich ihrer

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