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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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habe. Erst als ich wusste, dass Sie kommen …«
    » Tut mir leid«, sagte ich , und ich hoffte, sie verstand, dass ich mich nicht entschuldigte, sondern dass ich meine Anteilnahme anbot. Üblicherweise hieße es jetzt wohl Mein herzliches Beileid, so sagte man doch, wenn jemand gestorben war oder wenn der Polizist mit der Frau des Toten reden musste, nur Stunden nachdem man die Leiche gefunden hatte. Mein herzliches Beileid – was für eine praktische, nette Redensart, nur klang sie zu einfach, und deshalb brachte ich sie nicht über die Lippen. Ich sagte auch sonst nichts, einfach weil es nichts weiter zu sagen gab. Nicht ich, sondern sie hatte einen Verlust erlitten, nur wäre es, wie ich sehr wohl wusste, falsch gewesen, jetzt darauf einzugehen.
    Sie drehte sich um. Es gab nichts mehr zu sagen, aber wir konnten es offensichtlich auch nicht einfach dabei belassen. Mir war gerade zu verstehen gegeben worden, dass er sie nicht gebeten hatte, mir zu schreiben und ein Exemplar seines Buches zu schicken. Während all der Jahre, in denen ich aufwuchs, hatte er nicht die geringste Anstrengung unternommen, mich aufzuspüren oder zu besuchen. Er hatte mir nicht einmal einen Brief geschrieben – woher wollte ich also wissen, ob er tatsächlich damit einverstanden gewesen war, dass Kate Thompson sich bei mir meldete? Vielleicht hatte er es nur ihr zuliebe gesagt. Vielleicht nur, um ihre guten Absichten zu honorieren. Womöglich hatte er auch gar nichts von den Telefonaten gewusst, der Nachricht auf Mutters Anrufbeantworter. Ich wartete. Die Situation schien zu erfordern, dass sie etwas tat, zum Beispiel andeutete, dass nichts mehr zu sagen war, irgendein Zeichen gab, dass es in Ordnung wäre, wenn ich jetzt ginge. Doch sie war noch nicht so weit. Sie brauchte noch etwas Zeit. Lange stand sie da und starrte auf das Krankenhausgelände, dann wandte sie sich zu mir um. » Möchten Sie ihn vielleicht sehen?«, fragte sie mit leiser Stimme, der ich meinte, einen Hauch von Zweifel anmerken zu können – zumindest so viel, dass ich wusste, sie würde nicht darauf bestehen, wenn ich ihren Vorschlag zurückwies. » Ich könnte darum bitten«, sagte sie. » Wenn Ihnen danach ist, ihn zu sehen. Sich von ihm zu verabschieden.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte ihr sagen – wollte es hinausschreien –, dass Arild Frederiksen tot war und dass ich ihn nie kennengelernt hatte, wie also sollte ich mich von ihm verabschieden können? Ich wollte schreien, dass ich ihn nicht kannte, so wenig wie ich sie kannte. Sie hatte es auf sich genommen, sich in mein Leben einzumischen, das war auch schon alles. Ich wollte schreien, sie solle die Lage der Dinge akzeptieren – aber ich tat es nicht. Ich schrie nicht, sondern schüttelte nur den Kopf und sagte, das sei nicht notwendig. Das bestürzte sie natürlich, und ich rechnete damit, dass sie jeden Moment in Tränen ausbrach, also wartete ich, bis sie die Beherrschung wiedererlangte. Ich hoffte noch immer, sie würde etwas sagen oder tun, das es mir erlaubte zu gehen, aber sie sagte nichts und sah lange nicht einmal auf, bis ich allmählich spürte, dass sie eigenen Gedanken nachhing, einer Erinnerung, die nichts mit mir zu tun hatte. Es war zwar nicht gerade das Zeichen, auf das ich gewartet hatte, aber ich entschied, es müsse genügen. Ich räusperte mich. » Sie sind bestimmt sehr müde. Ich sollte jetzt gehen, damit Sie ein bisschen zur Ruhe kommen.«
    Sie hob den Kopf. Ihre Augen waren trocken, und ihr Blick wirkte ungewöhnlich gelassen. Sie sagte nichts, schaute mich bloß an – und ich begriff, dass sie mich entweder nicht gehört oder nicht verstanden hatte.
    » Sie sind die ganze Nacht auf gewesen«, sagte ich und schaute dann aus irgendeinem Grund auf meine Uhr. Es gab dafür keinen Anlass: Ich musste nirgendwohin, und mich interessierte nicht im Mindesten, wie spät es war. Ich denke, es war eine unwillkürliche Geste, nichts sonst; sie fiel ihr jedoch auf, so unscheinbar sie auch gewesen sein mochte.
    » Was reden Sie da?«, fragte sie aufgebracht in einem so harten Ton, dass ich einen Moment lang glaubte, sie sei verärgert. » Müssen Sie irgendwohin?«
    » Nein. Es ist bloß … Ich dachte, ich lasse Sie …« Ich wusste nicht, was als Nächstes kam. Ich denke, ich wollte sagen, dass ich sie ihrem Kummer überlassen wollte, wusste aber, dass das nicht gerade angemessen gewesen wäre.
    » Nein«, erwiderte sie und klang jetzt sanfter, wirkte aber immer noch verärgert.

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