Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

In ihrem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: In ihrem Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Hauxwell
Vom Netzwerk:
Sie hatte keine Ahnung, wonach sie suchte, aber dies war der einzige Raum, den Frank bewohnte, also konnte man nur hier etwas finden. Das war ihre andere Sucht: Sie musste Bescheid wissen.
    Aber alles war leer. Sogar die Besteckschublade. Ein Messer, eine Gabel und ein Löffel lagen auf dem Abtropfbrett. Und zwei Tassen. Sie hob die Ecke der Verdunkelungsdecke an. Das Schiebefenster war zugenagelt, dahinter erstreckte sich eine trostlose, weiße Ödnis.
    Niedergedrückt von Müdigkeit und Enttäuschung setzte sie sich wieder. Sie war eine Närrin. Vielleicht machte sie sich wegen des wirklichen Grunds, aus dem sie den weiten Weg hierhergekommen war, etwas vor. Sie war genau so verblendet wie Frank. Er war ein bedauernswerter alter Mann, und Doyle war trotz aller seiner Fehler ein pflichtbewusster Sohn, der sich gut um ihn kümmerte.
    Das Wummern von Franks Stiefeln kündigte seine Rückkehr an. Er hatte ein altes, braunes, dick mit Staub bedecktes Fotoalbum dabei.
    »Das Wasser kocht! Verschwende kein Gas!« Er knallte das Album auf den Tisch. Dann schlurfte er herum und brühte den Tee mit Teebeuteln auf, ein Zugeständnis an die modernen Zeiten.
    Er reichte ihr eine Tasse, dann setzte er sich an den Tisch und schob seinen Stuhl neben sie. Er blätterte im Album, und sie sah, wie sich seine Augen angesichts der Erinnerungen trübten. Auf jeder Seite war ein kleines Schwarzweißfoto. Meistens Ferienschnappschüsse. Nach dem Krieg. Straßenfeste bei der Krönung. Southend Pier. Er blätterte immer weiter, bis er schließlich gefunden hatte, was er suchte.
    »Siehst du!«, rief er aus und zeigte auf einen Schnappschuss. »Was hab ich dir gesagt? Ich hätte dich überall erkannt.«
    Berlin beugte sich vor und drehte das Album ein wenig, um mehr Licht von der nackten Birne zu erhaschen, die über dem Tisch hing. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Zwei junge Männer standen nebeneinander. Sie trugen weite Hosen mit Schlag. Die Haare hatten sie sich mit Brillantine zu einer Tolle gekämmt. Einer war größer und stämmiger, die gekreuzten Arme brachten seine Muskeln zur Geltung. Der andere war ihr Vater. Zwischen ihnen stand mit gerunzelter Stirn ein kleines, blondes Mädchen. Berlin erinnerte sich an das Kleid.
    Doyle hatte gesagt, Frank hätte ihren Vater gekannt, und hier lag der Beweis. Aber was war die wirkliche Verbindung zwischen ihrem Vater und einer Familie von East-End-Verbrechern? Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie das nicht wissen wollte. Aber natürlich wollte sie es doch wissen.
    Bethnal Green war damals eine eher kleine, überschaubare Gemeinde gewesen. Der Laden ihres Vaters lag an der Hauptstraße. Es war nicht weiter überraschend, dass sie sich kannten. Frank war wahrscheinlich ein Kunde gewesen. Vielleicht hatten Archie Doyles Ringe einmal auf dem schwarzen Samt im Schaufenster gelegen.
    Das Foto deutete aber auf eine engere Beziehung hin. Ihr Vater musste sie zum Besuch bei Frank mitgenommen haben. Die Männer lächelten, standen Schulter an Schulter. Sie konnte sich an den Besuch oder an Frank nicht erinnern. Als sie alt genug gewesen wäre, um sich so etwas zu merken, lebte sie bereits allein mit ihrer Mutter.
    Sie klappte das Album zu und holte tief Luft. »Frank«, sagte sie. »Was ist mit Gina?« Sie hatte die Frage gestellt, bevor es ihr richtig bewusst wurde, fast rhetorisch, eher eine Bitte als eine Frage. Das, was sie beunruhigte.
    Bei der Erwähnung des Namens runzelte Frank jetzt die Stirn. »Ihre Mutter war vor ein paar Tagen hier. Oder war es letzte Woche?«
    Oh nein, Nancy lebt, dachte Berlin. Vielleicht hatte sie von Gina gehört.
    »Meinen Sie Nancy, die Frau Ihres Sohnes?«, fragte sie leise.
    Frank sah sie an, als würde er sie nicht kennen. »Solltest du nicht in einem Bunker sein? Geh runter in die U-Bahn. Die Nazis bombardieren jede Nacht die Docks.«
    Berlin wartete kurz und sah, wie der Gedanke ihn verließ.
    »Was hat Nancy gewollt?«
    Franks Faust donnerte auf den Tisch. »Sie wollte das verdammte Kassenbuch!«, röhrte er und riss seinen Mantel auf, um das dicke schwarze Notizbuch zu zeigen, das er sich hinter den Gürtel gesteckt hatte. Verwirrung verdüsterte wieder sein Gesicht. »Aber woher hat sie davon gewusst? Sie war doch schon tot, als ich mit dem Geschäft anfing.«
    Er schien Berlins Anwesenheit vergessen zu haben.
    Ein Windstoß rüttelte am Dachvorsprung, und sie zitterte.
    Der pensionierte Senior Constable Marks und seine Schokoladenkekse fielen ihr wieder ein. Er

Weitere Kostenlose Bücher