In ihrem Blut: Thriller (German Edition)
nicht brannte.
»Holt den Scheißwagen und bringt das kleine Arschloch da drin her!«, bellte er, während sie den Abhang hinunterrannten und den immer kleiner werdenden Rücklichtern Flüche nachriefen.
Aus der Dunkelheit traf eine altmodische Milchflasche Doyle hart am Hinterkopf, sodass er der Länge nach zu Boden stürzte.
Berlin ließ die Milchflasche fallen, die heil geblieben war. Solche gibt es heute gar nicht mehr, dachte sie, und rannte in den Schuppen direkt auf den verblüfften Coulthard zu. Er war mit Plastikschnüren an den Küchenstuhl gefesselt. Sie schnappte sich ein altes Messer von der Spüle und durchtrennte sie mit einem Schnitt. Offensichtlich Billigware.
Sie zerrte ihn hoch, und er humpelte hinter ihr her, die Glieder steif von der unterbrochenen Blutzirkulation. Er schlurfte an Doyles ausgestrecktem Körper vorbei und brachte die Durchblutung seiner Beine wieder in Gang, indem er ihm einen ordentlichen Tritt in die Eingeweide verpasste.
»Verdammte Scheiße, kommen Sie!«, fauchte Berlin.
Er folgte ihr über das ächzende Stück Eisen.
Als sie auf der anderen Seite waren, kickte Berlin es in den Kanal. Sie blickten zurück und sahen, dass der Benz in einen Graben gefahren war und nun mit heulendem Motor schief in der Luft hing. Die Jungs standen im vollen Scheinwerferlicht da und starrten darauf.
Berlin und Coulthard rannten wie die Hasen.
Westlich der Roman Road winkte Berlin einem Taxi. Es hielt neben ihnen, und sie öffnete die Tür.
»Ich quittiere den Dienst«, nuschelte Coulthard.
»Auf gar keinen Fall«, erwiderte sie. Sie lehnte an der Taxitür. Er sah, dass sie vor Erschöpfung zitterte.
»Wahnsinn, Sie haben Doyle ausgetrickst«, flüsterte er. Er wusste nicht, vor wem er mehr Angst haben sollte: vor ihr oder vor Doyle.
»Ich war doch gar nicht da«, sagte sie. »Irgendwelche gerissenen Autodiebe haben sein Auto zu Schrott gefahren, und Sie haben die Gelegenheit genutzt und die Fesseln durchtrennt und ihm eine verpasst. Ein harter Typ wie Sie, dauernd in der Muckibude.«
Sie war schlauer, als gut für sie war. Er fragte sich, wie viel sie gehört hatte.
»Woher haben Sie gewusst, dass die mich geschnappt hatten?«
Als er keine Antwort bekam, fielen ihm wieder seine Manieren ein.
»Also … tja, vielen Dank.« Er sah beunruhigt die Straße hoch und runter. »Was da mit Doyle war, kann ich erklären. Es war ein Missverständnis.«
»Sie haben meine Ermittlung behindert, weil Sie ihm was schuldig waren.«
»So ungefähr», stammelte er.
»Tja, jetzt schulden Sie mir was.«
Jetzt wusste er, vor wem er mehr Angst hatte. Sie machte eine Geste, und er stieg lammfromm in das Taxi. »Was werden Sie unternehmen, hier, in dieser Sache?«, fragte er beklommen.
»Mal sehen.« Sie schlug die Taxitür zu.
44
Ein heißes Bad linderte Berlins Rückenschmerzen, aber sie wusste, dass sie es morgen in den Beinen spüren würde. Sie war seit Jahren nicht mehr so weit gerannt. Der Inhalt einer Ampulle hatte schließlich das Zittern in ihren Muskeln gedämpft, das sie nicht mehr hatte kontrollieren können. Sie hätte gern geglaubt, dass es das Adrenalin war, das aus ihrem System gefiltert wurde, aber sie wusste, dass es eher der Beginn des Entzugs war, weil sie verspätet an ihr Heroin gekommen war. Es war der Vorbote einer schlimmen Zukunft, falls ihr nicht etwas einfiel.
Ihre Welt war die Antithese zu der stereotypen Junkiewelt gewesen. Sie hatte eine geordnete, achtbare Existenz geführt, im Einklang mit einem strengen Stundenplan. Jetzt sank sie ab in die chaotische Lebensführung, die man allgemein mit ungezügelter, ungesetzlicher Sucht gleichsetzte. Und der wahre Albtraum hatte noch nicht einmal begonnen.
Sie befürchtete, dass sich Dempster als unzuverlässig erweisen würde, aber sie musste sich diese Option offenhalten, denn die Alternative war hochriskant. Sie hatte seit ihrem Streit nichts von ihm gehört, aber morgen würde sie noch mehr von seiner Drecksarbeit erledigen. Sie musste sich an ihren Teil der Abmachung halten. Die Zeit wurde knapp.
Eine üble Vorahnung drohte sie zu überwältigen, aber sie musste sie überwinden, und zwar schnell. Coulthards Dankbarkeit und Zerknirschung würden nicht länger anhalten als ihr Bad. Sie kannte ihn zu gut. Bald würde die Episode zu einer seiner Geschichten werden, wo er aus eigener Kraft den Klauen eines Bösewichts entronnen war.
Doch sie bereute es nicht. Nicht mal einen Hund würde man in Doyles Händen lassen, und
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