In jenem Sommer in Spanien
Grundnahrungsmitteln wie Eiern, Mehl und Milch fehlte jede Spur. Wahrscheinlich, weil sie ihm nicht attraktiv genug erschienen waren. Sie seufzte. Selbst wenn es um Nahrungsmittel ging, würde er immer einen Bogen um das Alltägliche machen. Egal, sie mussten etwas essen.
Alex sah sich die Sachen genauer an und entschied sich schließlich für die Garnelen und eine Fertigsauce, die ihr noch am natürlichsten erschien. Sie kehrte Gabriel den Rücken zu, hatte aber das Gefühl, als bohrte sich sein Blick förmlich in sie hinein. Er wartete auf ihre Antwort … Sie dachte an Cristobels Besuch und an Gabriels Drohung, dass er jemand anderes finden würde, wenn sie ihn verließ. Beides waren deutliche Signale dafür, welchen Weg sie einschlagen sollte. Aber hundertprozentig würde sie sich diesem Mann nicht unterwerfen.
Während ihr Herz wie wild schlug, lenkte sie sich mit der Zubereitung des Essens ab. Doch irgendwann war die Sauce aufgesetzt, und das Nudelwasser kochte. Sie musste sich zu Gabriel umdrehen. Du meine Güte, warum sah er nur so gut aus! Das machte es doppelt schwer, abgeklärt mit ihm zu reden. Bleib ganz geschäftsmäßig, ermahnte sich Alex. Benutze eine Sprache, die er versteht. Sie atmete tief durch und setzte sich zu ihm.
„Ich habe lange darüber nachgedacht, was du über die Vorteile des Verheiratetseins gesagt hast.“
„Und …?“ Gabriel hielt unwillkürlich den Atem an. Wie lächerlich!
„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass du recht hast.“
„Sehr schön. Ich wusste, dass du irgendwann zur Besinnung kommen würdest.“
„Du bist ein wichtiger Teil von Lukes Leben geworden, und es wäre falsch, dich ihm wieder wegzunehmen. Rückblickend betrachtet, mag es ein Fehler gewesen sein, so lange gemeinsam Urlaub zu machen. Vielleicht wäre es besser gewesen, Luke hier näher kennenzulernen, in seiner Umgebung, wo er eine gewisse Distanz zu dir hätte wahren können …“
Gabriel presste die Lippen zusammen. „Machst du das eigentlich absichtlich?“
„Was denn?“
„Dinge sagen, die mich aufregen?“
„Natürlich nicht!“ Aber sie war auch nicht ganz aufrichtig zu ihm. Die Zeit in Spanien war die glücklichste in Lukes Leben gewesen. Aus reinem Selbstschutz wollte Alex nicht, dass Gabriel glaubte, er hätte auf ganzer Linie gewonnen. Für sie war es wichtig, einen gewissen Abstand zu ihm zu wahren, auch wenn das bedeutete, Front zu machen. „Ich sage nur, dass ich dadurch in eine Situation manövriert worden bin, die mir kaum eine Wahl lässt.“
„Soll ich mich jetzt besser fühlen?“
„Aber es stimmt doch.“
Gabriel fuhr sich durchs Haar. „Ich will mich nicht mit dir streiten“, sagte er dann so beherrscht wie möglich. „Es macht mich ziemlich glücklich, dass du meinen Antrag angenommen hast. Und darauf sollten wir anstoßen.“ Er stand auf und holte zwei Gläser. Er hatte drei Flaschen Wein mitgebracht und schenkte ihnen Chablis ein, während Alex schweigend den Tisch deckte und an den zweiten Teil ihrer vorbereiteten Rede dachte.
„Okay.“ Sie räusperte sich und hielt den Blick aufs Essen gerichtet, das unappetitlich aussah, obwohl Gabriel beim Einkaufen an nichts gespart hatte. Sie probierte den Wein, und der war köstlich. „Es gibt nur ein, zwei grundsätzliche Dinge, die wir regeln sollten, bevor wir diesen … ähm … Plan weiterverfolgen.“
Gabriel runzelte die Stirn. Das Wort gefiel ihm nicht, obwohl er ihr doch aus ganz rationalen Gründen die Ehe angeboten hatte. Er war traditionell erzogen worden und hätte nicht länger mit Cristobel zusammen sein können, in dem Bewusstsein, dass er mit Alex ein Kind hatte. Es war logisch gewesen, ihr die Heirat vorzuschlagen. Aber dass sie jetzt auch so kühl an die Sache heranging, störte ihn.
„Grundsätzliche Dinge … Regeln? Das soll doch kein Generalstabsplan werden.“
„Ich habe früher auch immer gedacht, beim Heiraten ginge es um Romantik. Aber inzwischen habe ich verstanden, dass die Vernunft da eine weit größere Rolle spielt. Das habe ich begriffen, als ich in Spanien gesehen habe, wie glücklich Luke war, weil er uns beide hatte. Niemals hätte ich gedacht, dass ich dir einmal zustimmen würde, als du mir am Anfang gesagt hast, eine Heirat sei eine sinnvolle Lösung. Ich konnte mir eine Ehe nie wie eine Gewinn- und Verlustrechnung vorstellen …“ Sie zuckte die Schultern und sah weg. „… aber du hattest recht.“
Wieso hatte er dann trotzdem den Eindruck, als hätte er verloren?
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