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In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05

Titel: In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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allgegenwärtige Erinnerung an Raoul drückte auf die Stimmung, deshalb lehnten sie ein zweites Glas ab und verabschiedeten sich. Sie mussten wieder warten, bis die Klimaanlage die Innentemperatur des VWs auf erträgliches Niveau gesenkt hatte. Dann fuhren sie nach Pecos zurück.
    »Das hat Spaß gemacht«, sagte Alice. »Ich hatte endlich mal das Gefühl, etwas erreicht zu haben.«
    »Das haben Sie auch.«
    »Na ja, eigentlich war es Ihnen zu verdanken.«
    »Sie haben das juristische Fundament dafür gelegt.«
    »Trotzdem vielen Dank.«
    »Ist jemals gegen die Border Patrol ermittelt worden?«, fragte er.
    Sie nickte. »Angeblich sogar sehr gründlich. Das hat damals einen ganz schönen Wirbel gemacht. Natürlich gab es keine spezifischen Tatvorwürfe, aber doch so viele Gerüchte, dass Ermittlungen unvermeidlich waren.«
    »Und?«
    »Und nichts. Es war eine Mohrenwäsche. Niemand ist auch nur angeklagt worden.«

    »Aber die Morde haben aufgehört?«
    Sie nickte wieder. »So plötzlich, wie sie begonnen hatten. Also haben die Täter sich offenbar durch die Ermittlungen einschüchtern lassen.«
    »So funktioniert’s oft«, sagte er. »Das habe ich an verschiedenen Orten, in verschiedenen Situationen erlebt. Die Ermittlungen sind gar keine richtige Untersuchung, sondern eher eine Botschaft. Eine verschlüsselte Warnung. Als wollte jemand sagen: ›Damit kommt ihr nicht mehr durch, hört also gefälligst auf, wer immer ihr seid.‹«
    »Aber der Gerechtigkeit wurde nicht Genüge getan, Reacher. Über zwanzig Menschen sind ermordet worden. Manche von ihnen grausam. Das Ganze hatte Ähnlichkeit mit einem Pogrom. Dafür hätte irgendjemand büßen sollen.«
    »Haben Sie das Balzac-Zitat gekannt?«
    »Klar«, antwortete sie. »Ich habe schließlich in Harvard studiert.«
    »Erinnern Sie sich auch an Herbert Marcuse?«
    »Der hat später gelebt, oder? Ein Philosoph, kein Schriftsteller.«
    Er nickte. »Neunundneunzig Jahre nach Balzac geboren. Ein Philosoph mit den Fachgebieten Politik und Soziologie. Marcuse hat gesagt: ›Recht und Ordnung sind überall das Recht und die Ordnung, die die etablierte Hierarchie schützen. ‹«
    »Das ist Scheiße.«
    »Richtig«, bestätigte er. »Aber so ist’s nun leider mal.«
     
    Für die Rückkehr nach Pecos brauchten sie keine Stunde. Alice parkte auf der Straße vor der Rechtsberatungsstelle, sodass sie nur drei Meter weit durch die Hitze zu gehen brauchten. Aber drei Meter genügten bereits. Man kam sich vor, als gehe man durch einen Hochofen. Alices Schreibtisch war mit willkürlich verteilten handschriftlichen Haftnotizen übersät.
Alice zog sie ab, legte sie aufeinander und las sie nacheinander durch. Dann warf sie den ganzen Packen in eine Schublade.
    »Ich besuche jetzt Carmen im Gefängnis«, sagte sie. »Außerdem lieg das Ergebnis über die Fingerabdrücke vor. Hack Walker will Sie deswegen sprechen. Er scheint ein Problem zu haben.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Reacher.
    Sie gingen wieder hinaus in die Hitze. Vor dem Gerichtsgebäude trennten sich ihre Wege. Während Alice dem rückwärtigen Gefängniseingang zustrebte, stieg Reacher die Treppe zum Haupteingang hinauf und betrat das Gebäude. Eingangshalle und Treppenhaus waren nicht klimatisiert. Schon nach nur einer Treppe war Reacher in Schweiß gebadet. Der Praktikant im Schreibzimmer deutete wortlos auf Hack Walkers Tür. Reacher trat ein, ohne anzuklopfen, und fand Walker bei der Lektüre eines Untersuchungsberichts. Er sah aus wie ein Mann, der glaubte, wenn man ein Schriftstück nur oft genug lese, werde sein Inhalt sich vielleicht ändern.
    »Sie hat ihn erschossen«, sagte er. »Alles stimmt genau überein. Die Ergebnisse der ballistischen Untersuchung sind eindeutig.«
    Reacher nahm vor seinem Scheibtisch Platz.
    »Ihre Fingerabdrücke befanden sich ebenfalls auf der Pistole«, fügte Walker hinzu.
    Reacher gab keine Antwort. Falls er lügen musste, wollte er sich das für eine Gelegenheit aufheben, bei der mit Lügen mehr zu erreichen war.
    »Ihre Abdrücke sind im Nationalen Fingerabdruckregister gespeichert«, sagte Walker. »Wissen Sie das?«
    Reacher nickte. »Das ist bei allen Soldaten so.«
    »Vielleicht haben Sie also die weggeworfene Waffe gefunden«, sagte Walker. »Vielleicht haben Sie sie aufgehoben, weil Sie nicht wollten, dass das im Haus lebende Kind an sie
herankam. Vielleicht haben Sie sie mitgenommen und an einen sicheren Ort gebracht.«
    »Vielleicht«, sagte Reacher.
    Walker

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