In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
Kleidung?«
»Blond, glaube ich. Beide. Billiger Anzug, billiges Kostüm. Blaue Augen, denke ich. Der Mann war ziemlich groß.«
»Und der Wagen?«
»Von Autos verstehe ich nichts. Es war eine große Limousine. Aber irgendwie gewöhnlich. Kein Cadillac.«
»Farbe?«
»Vielleicht grau oder blau. Nicht dunkel.«
Reacher beugte sich über den Tisch. »Diese blonden, blauäugigen Weißen sind die Täter, die Al Eugene ermordet haben. Und denen haben Sie Ihre Enkelin überlassen!«
Sie starrte ihn an. »Ermordet? Al ist tot?«
»Zwei Minuten, nachdem sie ihn aus seinem Wagen geholt haben.«
Sie wurde blass, und ihre Lippen bewegten sich zitternd. »Ist sie …«, begann sie und verstummte wieder. »Ist …« Den Namen Ellie brachte sie nicht heraus.
»Noch nicht«, sagte Reacher. »Das hoffe ich jedenfalls, denn wissen Sie, was ich tue, falls ihr etwas zustößt?«
Rusty gab keine Antwort. Presste nur die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
»Dann komme ich wieder her und breche Ihnen das Rückgrat.«
Sie zwangen sie, ein Bad zu nehmen, was Ellie schrecklich fand, weil einer der Männer ihr dabei zusah. Er war ziemlich klein und hatte schwarze Haare, auch an den Armen. Er stand an die Tür im Bad gelehnt und beobachtete sie die ganze Zeit, während sie in der Wanne saß. Ihre Mami hatte sie
gelehrt: Lass dich vor niemandem nackt sehen, besonders vor keinem Mann . Und jetzt stand er da und starrte sie an. Und sie besaß keinen Schlafanzug, den sie nach dem Bad hätte anziehen können. Sie hatte keinen mitgebracht. Sie hatte nichts mitgebracht.
»Du brauchst keinen Schlafanzug«, sagte der Mann. »Dafür ist’s viel zu heiß.«
Er lehnte an der Tür, ließ sie nicht aus den Augen. Sie trocknete sich mit einem kleinen weißen Handtuch ab. Eigentlich musste sie pinkeln, aber dabei wollte sie sich nicht auch zusehen lassen. Sie musste sich an ihm vorbeizwängen, um das Bad verlassen zu können. Dann beobachteten die beiden anderen sie auf dem ganzen Weg bis zu ihrem Bett. Die Frau und der zweite Mann. Sie waren grässlich. Sie waren alle grässlich. Ellie kroch unter die Bettdecke, zog sie sich über den Kopf und gab sich große Mühe, nicht zu weinen.
»Wohin jetzt?«, fragte Alice.
»Zurück nach Pecos«, antwortete Reacher. »Ich will in Bewegung bleiben. Wir haben heute Nacht noch viel vor. Aber fahren Sie langsam, okay? Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
Sie verließen die Ranch und fuhren nach Norden.
»Nachdenken worüber?«, fragte Alice.
»Wo Ellie sein könnte.«
»Weshalb glauben Sie, dass ihre Entführer die Leute sind, die auch Al Eugene ermordet haben?«
»Das ist eine Frage der Koordination«, erwiderte er. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand ein Killerteam und ein Kidnapperteam eingesetzt hat. Nicht hier am Ende der Welt. Deshalb tippe ich auf nur ein Team. Ein Killerteam, das nebenbei Ellie entführt, oder ein Kidnapperteam, das nebenbei die Morde verübt hat. Wahrscheinlich Ersteres, denn es hat Eugene ziemlich profihaft erledigt. Wenn das ein nebenbei
erledigter Job war, möchte ich nicht wissen, was diese Leute wirklich gut können.«
»Sie haben ihn nur erschossen. Das hätte jeder gekonnt.«
»Nein, das stimmt nicht. Sie haben ihn zum Anhalten gebracht und dazu überredet, bei ihnen einzusteigen. Sie haben dafür gesorgt, dass er sich bis zuletzt ruhig verhielt. Das ist verdammt gute Arbeit, Alice. Schwieriger, als Sie sich vorstellen können. Dann haben sie ihn ins Auge geschossen. Auch das hat eine Bedeutung.«
»Welche?«
Er zuckte mit den Schultern. »Das Ziel war winzig. Und in einer solchen Situation führt nur ein schnell abgefeuerter Schuss zum Erfolg. Waffe hochreißen, abdrücken. Eins, zwo. Kein vernünftiger Grund, sich ein so winziges Ziel auszusuchen. Das zeugt von Überschwang. Nicht unbedingt von Angeberei. So, als wollte man die eigene Geschicklichkeit und Präzision zelebrieren. Sich daran ergötzen. Sie richtig auskosten.«
Danach schwiegen sie eine Weile.
»Und jetzt haben sie die Kleine«, sagte Alice.
»Und das gefällt ihnen gar nicht, weil das für sie nur ein Nebenjob ist und ihre ganze Routine durcheinander bringt. Die Kleine schränkt sie in ihrer Bewegungsfreiheit ein und macht sie auffällig.«
»Sie sehen wie eine Familie aus. Ein Mann, eine Frau, ein kleines Mädchen.«
»Nein, ich glaube, dass es mehr als zwei sind.«
»Warum?«
»Weil ich an ihrer Stelle lieber zu dritt wäre. Beim Militär sind wir immer zu dritt
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