In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
sagte nichts.
»Ich will, dass er stirbt, Reacher«, sagte sie. »Das will ich wirklich. Für mich ist das buchstäblich der einzige Ausweg. Und er hat den Tod verdient.«
»Sagen Sie mir, dass das nur ein schlechter Scherz war.«
»Das ist kein Scherz«, sagte sie. »Ich will, dass er umgebracht wird.«
Er schüttelte den Kopf. Starrte aus dem Fenster. »Denken Sie einfach nicht mehr daran«, sagte er. »Ihre Idee ist absurd. Dies ist nicht mehr der Wilde Westen.«
»Meinen Sie? Ist’s nicht mehr in Ordnung, einen Mann umzubringen, der’s verdient hat?«
Dann schwieg sie wieder, fuhr einfach dahin, als wollte sie ihm Zeit zum Nachdenken geben. Er starrte die Landschaft an, in die der Wagen sich hineinfraß. Sie waren zu den noch weit entfernten Bergen unterwegs. Die glühend heiße Nachmittagssonne ließ sie rot und purpurn leuchten. Die Trans-Pecos Mountains, so hatte Carmen sie genannt.
»Bitte, Reacher«, sagte sie. »Bitte. Denken Sie wenigstens darüber nach.«
Er sagte nichts. Bitte? Wenigstens darüber nachdenken ? Reacher fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Er wandte
seinen Blick von den Bergen ab und sah auf den Highway. Hier herrschte reger Verkehr. Ein Strom von Personen- und Lastwagen, die über das endlos weite Land zu kriechen schienen. Carmen überholte sie alle, einen nach dem anderen. Sie fuhr viel zu schnell.
»Ich bin nicht verrückt«, sagte sie. »Bitte. Ich hab versucht, das Richtige zu tun. Wirklich. Als sein Anwalt mir von dem Deal erzählt hat, bin ich selbst zu einem Anwalt gegangen und dann zu drei weiteren, und keiner von ihnen hätte innerhalb eines Monats etwas für mich tun können. Sie alle bestätigten mir nur, dass ich wegen Ellie weiterhin in der Falle sitze, in der ich schon immer gesessen habe. Daraufhin habe ich mich nach Schutz umgesehen, mich an Privatdetektive gewandt. Keiner von ihnen wollte etwas für mich tun. Ich war bei einem Sicherheitsdienst in Austin, und dort hieß es, sie könnten mich Tag und Nacht bewachen, aber dafür seien sechs Männer erforderlich, die fast zehntausend Dollar pro Woche kosten würden. Praktisch eine Absage. Ich hab’s also versucht, Reacher. Ich hab versucht, das Richtige zu tun. Aber das ist unmöglich.«
Er sagte nichts.
»Also hab ich mir eine Pistole besorgt«, sagte sie.
»Wunderbar«, bemerkte er.
»Und Munition«, sagte sie. »Die hat mich mein letztes Geld gekostet.«
»Sie haben sich den Falschen ausgesucht«, sagte er.
»Aber wieso? Sie haben schon früher Menschen umgebracht. In der Army. Das haben Sie mir selbst erzählt.«
»Das ist hier was anderes.«
»In welcher Beziehung?«
»Es wäre Mord. Kaltblütiger Mord. Es wäre ein Auftragsmord.«
»Nein, es wäre das Gleiche wie früher. Genau wie in der Army.«
Reacher schüttelte den Kopf. »Carmen, es wäre nicht das Gleiche.«
»Haben Sie nicht einen Eid oder etwas in dieser Art geleistet? Dass Sie sich verpflichten, Menschen zu beschützen?«
»Das ist nicht das Gleiche«, wiederholte er.
Sie überholte einen schweren Sattelschlepper, der zur Küste unterwegs war. Der Cadillac schwankte und schlingerte.
»Langsamer«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann jetzt nicht langsamer fahren. Ich will zu Ellie.«
Er stützte sich mit einer Hand vom Handschuhfach ab. Die aus den Luftschlitzen strömende eiskalte Luft traf seine Brust.
»Keine Angst, ich bau schon keinen Unfall«, beruhigte sie ihn. »Ellie braucht mich. Wäre Ellie nicht, wäre ich längst tödlich verunglückt, das können Sie mir glauben.«
Sie gab nun etwas weniger Gas. Der riesige Sattelschlepper holte allmählich wieder auf.
»Ich weiß, dass dies ein schwieriges Gespräch ist«, sagte sie.
»Tatsächlich?«
»Aber Sie müssen die Sache aus meinem Blickwinkel betrachten. Bitte, Reacher. Ich hab mir alles schon tausendmal überlegt. Hab alles genau durchdacht, alle Optionen geprüft und wieder verworfen. Daher ist diese Lösung für mich logisch. Und sie ist die einzig richtige. Das weiß ich. Aber es ist schwierig, darüber zu reden, weil diese Sache für Sie neu ist. Sie haben noch nie darüber nachgedacht. Ihnen erscheint sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Daher halten Sie mich für verrückt und herzlos. Das weiß ich. Das verstehe ich. Aber ich bin weder verrückt noch herzlos. Ich habe nur Zeit gehabt, zu einer Schlussfolgerung zu gelangen, zu der Sie noch nicht gekommen sind. Und sie ist die einzig mögliche, das garantiere ich Ihnen.«
»Trotzdem denke
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