In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
hineinwuchs.
»Wie das Wort Elementarschule«, sagte er. »Ich habe nachgeschlagen, dass elementar auch einfach heißt. Also bezeichnet Elementarschule eine einfache Schule. Ich weiß noch
gut, dass sie mir ziemlich schwierig vorgekommen ist. Schwierige Schule wäre ein besserer Name.«
Ellie musterte ihn ernst. »Mir kommt sie nicht sehr schwierig vor«, sagte sie. »Aber vielleicht ist sie im Ozean schwieriger.«
»Oder vielleicht bist du schlauer als ich.«
Sie überlegte. »Ich bin schlauer als manche Kinder«, sagte sie. »Zum Beispiel als Peggy. Sie ist noch bei Wörtern mit drei Buchstaben. Und sie glaubt, dass man Zoo mit Z schreibt.«
Darauf wusste Reacher keine Antwort. Er wartete darauf, dass Carmen sich in das Gespräch einmischen würde, aber bevor sie das tun konnte, kam die Bedienung mit drei hohen Gläsern auf einem Blechtablett, flüsterte Ellie »Lass es dir schmecken!« zu und verschwand. Aber die Gläser waren gut fünfundzwanzig Zentimeter höher, sodass Ellies Mund weit vom oberen Ende des Trinkhalms entfernt war.
»Soll ich dir das Glas runterhalten?«, fragte Carmen sie. »Oder willst du dich auf die Bank knien?«
Ellie dachte darüber nach. Reacher fragte sich, ob dieses Mädchen jemals rasche, impulsive Entscheidungen traf. Er erkannte sich ein bisschen in ihr wieder. Auch er hatte immer alles zu ernst genommen. In jeder neuen Schule hatten seine Mitschüler ihn deswegen gehänselt. Aber in der Regel nur einmal.
»Ich knie mich hin«, entschied sie.
Aber das tat sie dann doch nicht. Sie stand in gebückter Haltung auf der mit Kunstleder bezogenen Bank, stützte sich auf ihre flach neben dem Glas liegenden Hände und senkte den Kopf, um den Trinkhalm zu erreichen. Keine schlechte Methode, fand Reacher. Dann wandte er sich seinem eigenen Glas zu. Die Eiscreme schwamm als dicker Klumpen in der braunen Flüssigkeit. Das Cola war pappsüß. Die Bläschen waren riesig und sahen künstlich aus. Das Ganze schmeckte
scheußlich. Himmelweit von dem Getränk seiner Kindheit in Deutschland entfernt.
»Schmeckt’s dir nicht?«, fragte Ellie.
Sie hatte den Mund voll und sprühte beim Sprechen einen feinen Nebel aus Cola und Eiscreme auf seinen Ärmel.
»Ich hab nichts gesagt.«
»Du machst so ein komisches Gesicht.«
»Zu süß«, sagte er. »Davon kriege ich Löcher in den Zähnen. Du übrigens auch.«
Sie schnitt eine Grimasse, als führe sie ihre Zähne einem Zahnarzt vor. »Macht nichts«, entgegnete sie. »Die fallen sowieso aus. Peggy fehlen schon zwei.«
Dann beugte sie sich wieder zu ihrem Trinkhalm hinab und saugte das restliche Cola auf. Mit dem Halm stocherte sie in dem Bodensatz im Glas herum, bis die geschmolzene Eiscreme sich ebenfalls aufsaugen ließ.
»Wenn du willst, trinke ich deinen auch noch«, schlug sie Reacher vor.
»Nein«, sagte ihre Mutter. »Dann musst du dich unterwegs übergeben.«
»Muss ich nicht. Ehrenwort!«
»Nein«, wiederholte Carmen. »Jetzt gehst du noch mal auf die Toilette, okay? Die Heimfahrt dauert lange.«
»Ich war schon«, sagte Ellie. »Wir gehen vor Schulschluss alle noch mal. Wir müssen uns dafür anstellen. Der Busfahrer ist sauer, wenn wir auf die Sitze pinkeln.«
Dann lachte sie entzückt.
»Ellie!«, sagte ihre Mutter.
»Entschuldigung, Mami. Aber das machen nur die Jungs. Ich würd’s nie tun.«
»Geh trotzdem noch mal, okay?«
Ellie verdrehte theatralisch die Augen, kletterte über Carmens Schoß und hüpfte in Richtung Toilette davon. Reacher legte einen Fünfer auf den Kassenbon.
»Reizendes Kind«, sagte er.
»Das finde ich auch«, bestätigte Carmen. »Na ja, meistens.«
»Kluges kleines Ding.«
Sie nickte. »Klüger als ich, das steht fest.«
Reacher äußerte sich nicht dazu. Er sah, wie ihr Blick sich verdüsterte.
»Danke für die Einladung«, sagte sie.
Er zuckte mit den Schultern. »War mir ein Vergnügen. Ich glaube nicht, dass ich schon mal ein Kind zu einer Limonade eingeladen habe.«
»Dann haben Sie also keine eigenen?«
»Das hat sich nie ergeben.«
»Auch keine Nichten oder Neffen? Keine kleinen Cousinen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich war früher selbst ein Kind«, sagte er. »Aber das ist schon lange her. Außer Erinnerungen an meine eigene Kindheit habe ich nicht viel Ahnung, was in solch kleinen Köpfen vor sich geht.«
»Bleiben Sie ein paar Tage bei uns, dann bringt Ellie Ihnen mehr bei, als Sie jemals wissen wollten. Aber das können Sie sich vermutlich denken.«
Ellie kam
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