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In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05

Titel: In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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ist ziemlich dick und tut weh, wenn man darauf sitzt.«
    »Du warst anscheinend schon öfter hier«, sagte Reacher.
    »Natürlich war ich das«, kicherte sie, als sei er nicht ganz richtig im Kopf. »Ich war schon ganz oft hier.«
    Sie hüpfte auf die Bank, rutschte seitlich über das rote Kunstleder.
    »Mami, setz dich neben mich«, bat sie.
    Carmen lächelte. »Ich gehe erst mal auf die Toilette. Bin sofort wieder da. Du bleibst inzwischen bei Mr. Reacher, ja?«
    Die Kleine nickte ernst. Reacher setzte sich ihr gegenüber, und sie betrachteten einander neugierig. Er wusste nicht recht, was sie sah, aber er sah eine lebende Vision des Fotos, das in der Geldbörse ihrer Mutter steckte. Dickes weizenblondes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war, große dunkle Augen, die jetzt in sein Gesicht starrten, eine kleine Stupsnase und ein Mund mit vollen Lippen, der ernst wirkte, wenn sie gerade einmal nicht lächelte. Ihr Teint war makellos – wie rosa Samt.
    »Wo bist du in die Schule gegangen?«, fragte sie. »Warst du auch hier?«
    »Nein, ich habe verschiedene Schulen besucht«, antwortete er. »Ich bin ziemlich viel herumgekommen.«
    »Du warst nicht immer in derselben Schule?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bin alle paar Monate in eine neue gekommen.«

    Sie dachte darüber nach. Fragte nicht, warum. Wog nur die Vor- und Nachteile gegeneinander ab.
    »Wie konntest du dir merken, wo alles ist? Zum Beispiel die Toiletten? Du hättest vergessen können, wie die Lehrerin heißt.«
    Er schüttelte erneut den Kopf. »Wenn man jung ist, kann man sich so was ziemlich gut merken. Erst im Alter fängt man an, Dinge zu vergessen.«
    »Ich vergesse manche Sachen«, sagte sie. »Ich hab vergessen, wie mein Daddy aussieht. Er ist im Gefängnis. Aber ich glaube, er kommt bald wieder heim.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Wo bist du in die Schule gegangen, als du sechseinhalb warst wie ich jetzt?«
    Die Schule, der Mittelpunkt ihres Universums. Er rechnete nach. Als er sechseinhalb war, hatte der Vietnamkrieg seinen Vater nach Südostasien verschlagen, weshalb er sein siebtes Lebensjahr vermutlich auf Guam und in Manila verbracht hatte. Hauptsächlich in Manila, dachte er, während er sich an Gebäude und die Vegetation, an seine Spielplätze und Verstecke erinnerte.
    »Auf den Philippinen«, sagte er.
    »Liegt das auch in Texas?«, wollte sie wissen.
    »Nein, das ist eine Inselgruppe zwischen Pazifik und Südchinesischem Meer. Ganz weit draußen im Ozean, sehr weit von hier.«
    »Der Ozean«, sagte sie zweifelnd. »Liegt der Ozean auch in Amerika?«
    »Hängt in eurem Klassenzimmer eine Wandkarte?«
    »Ja, wir haben eine Karte von der ganzen Welt.«
    »Okay, die Ozeane sind all die blauen Teile.«
    »Das sind aber viele.«
    Er nickte. »Stimmt.«
    »Meine Mami war in Kalifornien in der Schule.«

    »Das ist auch auf der Karte. Du brauchst bloß Texas zu suchen und nach links weiterzugehen.«
    Er beobachtete, wie sie auf ihre Hände hinuntersah, als versuche sie sich zu erinnern, wo links und rechts war. Dann blickte sie über seine Schulter hinweg. Als er sich umdrehte, sah er Carmen zurückkommen, die für einen Augenblick von den Vertretern aufgehalten wurde, als diese aufstanden. Sie wartete, bis sie den Gang frei gemacht hatten. Dann nahm sie Platz und rutschte dicht an Ellie heran, nahm sie in den Arm und kitzelte sie ein bisschen, bis sie vergnügt quiekte. Als die Bedienung an der Kasse mit den Vertretern fertig war, kam sie mit Bleistift und Bestellblock an ihren Tisch.
    »Drei Schwimm-Cokes, bitte«, sagte Ellie laut und deutlich.
    Das schrieb die Bedienung sich feierlich auf. »Kommt sofort, Schätzchen«, sagte sie und ging davon.
    »Ist das für Sie in Ordnung?«, fragte Carmen.
    Reacher nickte. An den Geschmack von Schwimm-Cokes erinnerte er sich wie an den Grundschulgeruch. Sein erstes hatte er in einer PX-Kantine in Berlin bekommen – in einer langen, niedrigen Baracke ohne Klimaanlage, die noch aus der Zeit stammte, als Berlin unter Viermächtekontrolle gestanden hatte. Das war an einem heißen Sommertag gewesen, und er erinnerte sich an die Wärme auf seiner Haut und die Kohlensäurebläschen in seiner Nase.
    »Ein blöder Name«, meinte Ellie. »In Wirklichkeit schwimmt nicht das Coke, sondern das Eis im Coke. Sie sollten es Schwimmeis nennen.«
    Reacher lächelte. Ihm fiel ein, in ihrem Alter ganz ähnliche Dinge gedacht zu haben. Empörte Verwunderung über die Ungereimtheiten der Welt, in die er

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