In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
zurück.
»Wir müssen los, Mami«, sagte sie.
»Mr. Reacher kommt auch mit«, erklärte Carmen. »Er wird sich um die Pferde kümmern.«
Er stand auf. Ellie musterte ihn prüfend.
»Okay«, sagte sie. »Aber wir müssen los.«
Sie traten in die Hitze hinaus. Der Crown Victoria war verschwunden. Sie gingen zu dem Cadillac, und Ellie krabbelte zwischen den Sitzen nach hinten. Carmen, die Hand am Zündschlüssel, schloss kurz die Augen. Dann gab sie sich einen Ruck, öffnete sie und ließ den Motor an.
Sie lenkte den Wagen über die Kreuzung, wieder an der Schule vorbei und dann über sechzig Meilen weit geradeaus nach Süden. Sie fuhr ziemlich langsam, extra halb so schnell wie vorher. Ellie beschwerte sich nicht darüber. Reacher vermutete, dass sie dieses Tempo für normal hielt. Wahrscheinlich fuhr Carmen auf dem Nachhauseweg nie sehr schnell.
Unterwegs gab es nicht viel zu sehen. Am linken Straßenrand begleitete sie eine Freileitung zwischen verwitterten Holzmasten. Hier und da ragten in der Ferne Windräder und Bohrtürme auf – die meisten verrostet und stillgelegt. Auf der Westseite der Straße, am Rand von Ölfeldern, standen weitere V-8-Motoren, die Wasserpumpen antreiben sollten, aber auch sie waren verrostet und liefen nicht mehr, weil der Wind das Erdreich fortgeweht hatte. Hier gab es nicht mehr viel zu bewässern. Östlich der Straße sah es besser aus. Dort wuchsen riesige Mesquite-Bestände, zwischen denen lange Streifen gutes Weideland eingelagert waren, als gäbe es dort wenigstens Grundwasser.
Alle zehn bis zwölf Meilen fuhren sie an einem Ranchtor vorbei, das einsam am Straßenrand aufragte. Alle bestanden aus mit Holz beplankten einfachen hölzernen Rechtecken, die ungefähr fünf Meter lang und drei Meter hoch waren und zwischen denen Fahrspuren in die Ferne verliefen. An manchen waren Namen, teils aus aufgenagelten Holzstäben, die Buchstaben bildeten, teils in kunstvoller schmiedeeiserner Schrift angebracht. An einigen hingen ausgebleichte Rinderschädel, deren lange Hörner wie Geierschwingen ausgriffen. Manchmal liefen alte Stacheldrahtzäune, die scheinbar ziellos in mittlere Entfernungen führten und die Lage alter Grundstücksgrenzen bezeichneten, von ihnen weg. Der Stacheldraht war an Holzpfähle genagelt, die von Wind und Wetter korkenzieherförmig verdreht waren und aussahen, als würden sie zu Staub zerfallen, wenn man sie berührte.
Je nach Bodengestalt konnte man manche der Ranchhäuser
von der Straße aus sehen. Wo das Land flach war, erkannte Reacher in der Ferne kleine Gruppen von Gebäuden. Die Wohnhäuser waren einstöckig, meistens weiß gestrichen und standen zwischen niedrigen Scheunen und Schuppen. Sie hatten Satellitenschüsseln auf dem Dach und Windräder hinter dem Haus. Sie wirkten wie ausgestorben in der Hitze. Obwohl die Sonne inzwischen merklich tiefer stand, betrug die Außentemperatur immer noch über vierzig Grad.
»Das liegt an der Straße, glaube ich«, sagte Carmen. »Sie speichert den ganzen Tag die Sonnenwärme und gibt sie später wieder ab.«
Ellie war auf dem Rücksitz eingeschlafen. Der nicht ganz geschlossene Aktenkoffer diente ihr als Kopfkissen. Ihre Wange ruhte auf den Papieren, in denen stand, wie ihre Mutter dem Vater am besten entkommen konnte.
»Der Besitz der Greers beginnt hier«, sagte Carmen. »Auf der linken Straßenseite. Die nächste Einfahrt ist unsere – ungefähr acht Meilen.«
Das Land war eben, stieg aber rechts leicht zu einer zerklüfteten Mesa an, ungefähr eine Meile weiter westlich. Links verlief ein Stacheldrahtzaun, der besser aussah als der der meisten Nachbarn der Greers. Er zog sich halbwegs gerade nach Osten und umschloss ungleichförmiges Grasland, das halb grün, halb braun war. Einige Meilen dahinter ragte am Horizont ein Wald von Bohrtürmen auf, die von Wellblechhütten und verrostetem Bohrgerät umgeben waren.
»Greer drei«, erklärte Carmen. »Ein riesiges Ölfeld. Es hat Sloops Großvater seinerzeit einen Haufen Geld eingebracht. Ist vor etwa vierzig Jahren versiegt. Aber wie damals die Ölfontäne hochgeschossen ist, davon zehrt noch heute die Familiengeschichte. Das Aufregendste, was ihnen jemals passiert ist.«
Sie fuhr noch etwas langsamer, denn ganz offensichtlich widerstrebte es ihr, diese letzten Meilen zurückzulegen. In
der Ferne stieg die Straße im vor Hitze flimmernden Dunst an. Reacher konnte sehen, dass der Stacheldrahtzaun durch einen mattrot gestrichenen Staketenzaun ersetzt worden
Weitere Kostenlose Bücher