In Liebe, Rachel
Jo fort, »hatte eine dicke, rot geschwollene Nase, die so groß war, dass sie gar nicht mehr zu ihm zu gehören schien. Sie sah aus wie ein großer roter Blumenkohl in seinem Gesicht.«
Jo glaubte, ein Lächeln zu sehen, ein flüchtiges, verschwommenes nur, doch immerhin. Sie beugte sich ein Stück vor und deutete auf den verletzten Bären. »Ist das Teddy?«
»Teddy Michael Joseph Braun.«
»Er sieht ganz schön hungrig aus.«
»Teddy hat Hunger.« Grace zupfte an dem Faden, der lose am Nacken des Stofftiers hing. »Aber er will lieber hier essen.«
Unter dem Baldachin aus Dolce & Gabbana.
Das kam nicht in Frage!
»Sag Teddy, dass nur drei Menschen hier sind, und sobald er sich an den Tisch setzt, werden zwei davon gehen.« Benito war mit seiner Arbeit fertig. Und auch der Hydrant hatte inzwischen sicher alle in ausreichendem Maße terrorisiert.
Grace’ Augen waren hinter einer verfilzten Haarsträhne verborgen. Hatte sie sich nicht gekämmt? Kämmten sich siebenjährige Mädchen etwa nicht selbst? »Sag Teddy, dass auch die dritte Person gegangen sein wird, wenn er sein Essen beendet hat«, fügte Jo hinzu.
Biker-Brunhilde war sowieso nicht die Richtige. Zum Glück hatte Jo für den Nachmittag noch zwei weitere Vorstellungsgespräche vereinbart. Der Duft von Makkaroni mit Käse wehte von der Küche herauf. Jo war hungrig, und Grace musste praktisch kurz vorm Verhungern sein. Bei den Füßen des Mädchens stand eine Schuhschachtel, die teilweise zerrissen war und als Bett für die Stofftiere diente. Grace stieß sie mit den Füßen an und schob sie dann plötzlich, ohne ein Wort, aus dem Fort hinaus.
Jo seufzte vor Erleichterung. Sie griff nach Grace’ Hand und führte ihren Schützling aus dem dämmrigen Zimmer in die helle untere Etage, wo Greta und der Hydrant in ein angeregtes Gespräch vertieft waren.
»… ist über den gewachsten Boden geschlittert, und er hat seine nassen Hände ausgebreitet, um den Sturz abzufangen, und dann ist er mit einem Finger genau in die Steckdose geraten. Fump. Da war er Matsch.«
»Ohne Disziplin passiert so was.«
»Das Kind war nur noch ein Haufen rauchender Asche.«
»Diese Leute! Lassen ihre Kinder einfach tun, was sie wollen.«
»Nur eine kleine Plastikabdeckung hätte es gebraucht, drei für einen Dollar fünfzig. Hätte das Kind vor dem Grilltod gerettet.«
»Das Essen wird kalt, Jo«, sagte Benito, als er sie die Treppe herunterkommen sah. »Es gibt nichts Schlimmeres als kalten geschmolzenen Käse.«
Greta und der Hydrant unterbrachen ihr Gespräch und starrten sie an. Benito stellte scheppernd den letzten Topf auf das Abtropfgestell. Jo legte eine Hand auf Grace’ Kopf. »Leute, das ist Grace. Sie ist ein sehr hungriges Mädchen, also lassen wir sie am besten in Ruhe essen, während wir alles besprechen.«
Greta musterte die Kleine von oben bis unten, von den groben schwarzen Stichen auf der Stirn bis zu den Kanten ihrer Söckchen, die unter den Hochwasserjeans hervorlugten. Plötzlich bemerkte Jo Grace’ schmutzige Knie und ihr verwaschenes T-Shirt, ein offensichtlich geliebtes Shirt, auf dem noch der schwache Abdruck einer Zahl zu erkennen war.
Jo fügte im Geiste »Kleidung« zu der Liste mit Dingen hinzu, die sie dringend besorgen musste.
»Na, dann los!« Jo hob Grace auf den Barhocker, während das Mädchen die Stofftiere auf der Tischplatte absetzte. Hinter ihr zischte der Hydrant.
»Zuerst sollten diese Stühle verschwinden, Lady. Sie wird wahrscheinlich nach hinten kippen, und ihr Kopf wird wie eine Melone zerplatzen …«
»Ich werde das ganz sicher bedenken.« Jo gab Grace einen Löffel. »Schau, Grace, Benito hat Rosen aus den Karotten gemacht!«
»Wenn hier dann alles erledigt ist«, sagte Benito und zog das Geschirrtuch durch den Herdgriff, »mache ich mich auf den Weg. Ich muss noch Pintobohnen einweichen und die Täubchen marinieren, sonst wird Pierre mich …«
»Das wäre alles, Benito, danke.« Das Telefon läutete. Jo nahm den Anruf entgegen, während sie ihre Tasche auf der Suche nach Geld durchwühlte. Das aufgeweckte Tutorenmädchen hatte drei Kandidaten gefunden, die ebenfalls am Nachmittag kommen würden.
Greta schob ihre massige Ledergestalt neben Grace. »Bist
du
aber ein süßes Mädchen! Woher hast du denn die Wunde an der Stirn? Magst du dein Essen nicht?«
Grace erstarrte. Sie hielt den Löffel in ihrer Faust. Einen sauberen Löffel.
»Lady, ich bin hier fertig«, ließ sich der Hydrant wieder vernehmen. »Das
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