In Liebe, Rachel
weiterer Fiebertraum war.
Aber es war kein Traum. Sie war wirklich
hier
. Einen Ozean und einen Kontinent von daheim entfernt. In einem fremden Land. Ein wenig nagte die Sorge um Mikeys Blockhüttenprojekt, Annas Samenprojekt und Tess’ komplizierte Fußballtrainingsfahrgemeinschaft an ihr. Würde ihre Schwiegermutter auch nicht vergessen, die Vitamine zu verteilen, mit den Kindern Diktat zu üben und Paul an das Treffen der Eltern-Lehrer-Vereinigung zu erinnern, an dem er während ihrer Abwesenheit teilnehmen musste? Doch mit einer Leichtigkeit, die sie eine Woche zuvor noch schockiert hätte, verklangen die surrenden Bedenken in den Geräuschen des Dschungels.
Heute Nacht würde sie zwischen Tigern schlafen. Für Schuldgefühle war später noch genügend Zeit.
Sie warf über die Schulter einen Blick zu Sam, der hinter ihr hin und her schwankte. »Sag, dass du froh bist, dass ich dich zum Mitkommen überredet habe.«
»In Burundi ist es kühler«, beschwerte er sich und schlug nach einer Fliege. »Und der Dschungel ist schöner.«
»Ich würde den Unterschied nicht bemerken. Ich bin nicht mehr aus New Jersey herausgekommen, seit George Michael Wham verlassen hat!« Kate fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und spürte die Hitze in den Strähnen. »Ich freue mich, dass du trotzdem mitgekommen bist, Sam.«
»Das ist das mindeste, was ich tun kann, da Sarah« – er betonte den Namen nachdrücklich – »dich verlassen hat.«
Kate ließ es durchgehen. Sarah hatte schließlich anderes im Kopf. Sie war nicht von ihrer abendlichen Unterhaltung mit Colin zurückgekehrt, und man brauchte kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, was geschehen war. Oder – fragte sich Kate mit einem Seitenblick auf Sams stolzen Kopf – warum ist mein Begleiter den ganzen Morgen über schon so mürrisch?
»Es ist besser, dass Sarah nicht hier ist«, sagte sie. »So kannst du mein Zeuge sein.«
Sam legte den Kopf schief. »Zeuge? Wofür?«
»Zeuge meiner Entführung.«
»Verdammt! Ich wusste doch, dass du noch einen Tag länger gebraucht hättest, um dich zu erholen.«
»Um meinen ersten Urlaub seit fünfzehn Jahren damit zu verschwenden, im Hotelzimmer zu liegen? Kommt nicht in Frage.« So hoch oben auf einem Kissen aus Gras sitzend, das mit einer Decke aus Seide bedeckt war, fühlte sich Kate wie eine Maharani, die Frau eines Maharadschas, die durch den Dschungel zu einem fernen Ort geleitet wurde. Dort würde man ihr Trauben reichen, junge, heiratsfähige Männer würden ihr Luft zufächeln und dann nach allen Regeln der Kunst vernascht werden. »Du hast doch die Geschichten über Veerappan und seine Räuberbande gehört, Sam. Er handelt mit illegalem Elfenbein, wildert Sandelholz und entführt Leinwandidole. Er und seine Männer treiben sich in diesem Dschungel herum. Man sagt, er habe fünfzig Frauen, weil er unaufhörlich nach der einen Frau sucht, die das strahlende Juwel ist.«
»Kate, du bist eine Romantikerin.«
Kate duckte sich, um einem Farnwedel und der Käferhorde, die sich daran gütlich tat, auszuweichen. So hatte sie nie von sich gedacht, wenn sie in der Schulcafeteria Nudelauflauf mit Tomaten- und Käsesoße in Papierschüsseln gefüllt hatte. Sie vermutete, dass sie früher tatsächlich eine Romantikerin gewesen war. Damals, als sie noch acht Wochen Bauchtanzunterricht genommen hatte, um Paul zu ihrem fünften Jahrestag mit einem Schleiertanz zu überraschen.
Noch ein Talent, das auf dem Altar der Mutterschaft geopfert worden war.
»Ist dir schon in den Sinn gekommen«, fragte Sam, »dass dein Bandit uns andere töten wird?«
»Mach mir mein Luftschloss nicht kaputt.«
»Und du wärst eine Frau unter vielen. Das soll wirklich was für dich sein?«
»Ich habe gehört, dass das Leben im Harem ganz reizend sein kann. All die Schleier und Juwelen und Badehäuser …«
»Du vermischst da die Kulturen.«
»Man hört nie davon, dass diese Frauen den Abwasch machen oder kochen oder Wäsche waschen oder Dinge erledigen …«
»Sie sitzen herum und warten auf die Aufmerksamkeit des gemeinsamen Mannes.«
»Ganz ehrlich, ich sehe durchaus einen Sinn darin, den Mann mit einer zweiten Frau zu teilen.«
»Hast du etwa immer noch Fieber?«
»Solange sie den ganzen Haushalt übernimmt. Im Ernst! Sie könnte ein Kind zum Fußballplatz bringen, während ich das andere zum Turnen fahre. Sie könnte daheimbleiben und auf das Baby aufpassen, während ich ins Fitnessstudio gehe. Und wenn ich Kopfweh
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