In Liebe und Tod
lieto?«
»Glücklich«, übersetzte Roarke.
»Si, dass sie glücklich und aufgeregt war. Sie war auf dem Weg zu ihrem dottore.«
»Ihrem Arzt.«
»Und sie wollte für das Baby einkaufen. Sie war bei dem dottore, und alles war gut. Das Baby war gesund. Deshalb war sie gut gelaunt und hat den nächsten appuntomento?«
»Termin.«
»Termin gemacht. Eine Woche später. Wissen Sie, das Baby war schon ziemlich - weit.«
»Ich weiß«, antwortete Eve.
»Aber sie hat nicht für das Baby eingekauft, nicht hier in Rom. Ich habe in allen Geschäften gefragt. Ein paar Leute kannten sie von anderen Besuchen, aber an dem Tag hat niemand sie gesehen. Nachdem sie den dottore verlassen hat, hat niemand Sophia mehr gesehen. Auch nicht am Bahnhof, am Busbahnhof, am Flughafen. Ihren Pass habe ich in ihrer Wohnung gefunden. Es gab keine Nachrichten, keine Telefongespräche, keine Spur.«
»Und sie ist auch in keinem Krankenhaus, keinem Geburtszentrum, keinem Leichenschauhaus aufgetaucht?«
»Nein. Ich habe den Vater des Kindes gesucht, aber niemand wusste, wer er war. Nicht hier in Rom und auch nicht in Florenz. Wir haben uns viel Mühe gegeben, sie aber nicht gefunden.«
Mit Roarkes Hilfe ließ sich Eve noch einmal ganz genau erzählen, wie Triveti bei der Suche vorgegangen war, fand noch ein paar Details heraus, erbat eine Kopie der Akte und sagte ihm im Gegenzug ihre Ermittlungsunterlagen zu.
Nach dem Gespräch blickte sie stirnrunzelnd auf die Notizen, die sie sich gemacht hatte, und stellte traurig fest: »Ich muss das alles aufschreiben.«
»Erst musst du etwas schlafen.«
»Ich habe der Kollegin aus der Abteilung für vermisste Personen versprochen, ihr Kopien sämtlicher Berichte und Aufzeichnungen zu schicken, also ...«
»Glaubst du etwa, sie sitzt um ...«, er warf einen Blick auf seine Uhr, »... vier Uhr achtundfünfzig an einem verdammten Sonntagmorgen vor ihrem Computer und wartet auf deinen Bericht?«
»Nein, aber ...«
»Zwing mich nicht, dich wie einen Sack Kartoffeln über meine Schulter zu werfen und ins Schlafzimmer zu schleppen. Ich bin nämlich hundemüde, und da könnte es passieren, dass dein Kopf auf dem Weg dorthin gegen den Türrahmen schlägt. Ich fände es entsetzlich, wenn das Holz eine Macke kriegen würde.«
»Haha. Aber okay. Lass mich nur noch einmal versuchen, diesen Applebee zu erreichen. Wenn sie sich irgendwo mit ihm getroffen hat, kann ich nämlich ins Bett gehen, ohne dass ich mir weiter Sorgen um sie machen muss.«
»Du weißt, verdammt noch mal, genau, dass sie sich nicht einfach mit ihm getroffen hat. Ein letzter Versuch, aber dann ist wirklich Schluss.«
»Du wirst ganz schön motzig, wenn du müde bist.«
»Ich werde noch motziger, wenn ich mit ansehen muss, wie du dich fertigmachst.«
Sie versuchte es noch mal bei Aaron Applebee; als sie wieder auf der Mailbox landete, warf sie mit einem »Verdammt« den Hörer auf.
»Also komm ins Bett, wenn du nicht willst, dass ich dir, übellaunig, wie ich bin, ein Beruhigungsmittel einflöße, damit du endlich einmal Pause machst.«
»Und wer soll dir dabei helfen?« Als sie aufstand und ihr dabei schwindlig wurde, musste sie erkennen, dass Roarkes Forderung durchaus berechtigt war. Sie brauchte dringend ein paar Stunden Schlaf.
Zwei, höchstens drei Stunden, dachte sie. Und warf noch einen letzten Blick auf Tandys Bild, bevor sie das Büro verließ.
»Das ist noch härter als Mord«, erklärte sie.
»Ach ja?«
»Mordopfer sind schon tot. Du bist nur da, um rauszufinden, wer ihnen warum das Leben genommen hat, und um dafür zu sorgen, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Aber in einem Fall wie diesem weiß man nicht einmal, ob die Person noch lebt, schon tot, verletzt, irgendwo gefangen oder einfach abgehauen ist. Wenn sie noch am Leben ist und in Schwierigkeiten steckt, weißt du nicht, wie viel Zeit dir bleibt, um sie zu finden. Und wenn du sie nicht rechtzeitig findest, kriegst du sie vielleicht als Mordopfer noch einmal rein.«
»Du wirst sie finden«, meinte Roarke.
Eve sah auf den Wecker, der auf ihrem Nachttisch stand. Einundsiebzig Stunden, dachte sie. Seit nun einundsiebzig Stunden hatte niemand mehr Tandy gesehen.
15
Ein blendend weißes Licht durchzuckte die Dunkelheit erschöpften Tiefschlafs, in der Eve versunken war. Sie hörte weinende Babys, schluchzende Frauen, und obwohl sie überall um sie herumzuschwirren schienen, war sie ganz alleine in der weißen Box. Sie schlug gegen die Wände, doch sie
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