In Liebe und Tod
unseres Mandanten, diese Sache so schnell wie möglich aufzuklären, ich kann sowohl das internationale als auch das Strafrecht abdecken«, stellte die einzige Frau, eine elegante, brünette Erscheinung von vielleicht fünfzig, mit klarer, akzentfreier Stimme fest.
Einer der Männer erhob sich von seinem Stuhl und verließ steifbeinig den Raum.
»Mr Chase, Sie wurden über Ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt, ist das richtig?«
Als er keine Antwort gab, erhob abermals die Frau die Stimme und erklärte: »Mr Chase gibt zu Protokoll, dass er über seine Rechte und Pflichten aufgeklärt worden ist.«
»Entweder, er gibt es selbst zu Protokoll, oder die Vernehmung ist vorbei.«
»Ich wurde über meine Rechte und Pflichten aufgeklärt«, schnauzte Chase erbost. »Und ich wurde attackiert. Ich habe die Absicht, die Polizei wegen Misshandlung zu verklagen.«
»Sie sehen gesund und munter aus. Verlangen Sie eine ärztliche Untersuchung, um mögliche Verletzungen zu dokumentieren, die Ihnen bei Ihrer Verhaftung zugefügt worden sind?«
»Sie haben mich angegriffen.«
»Ich habe mich zur Wehr gesetzt, und es gibt eine Aufzeichnung davon, wie ich von Ihnen angegriffen worden bin. Also, Mr Chase, haben Sie verstanden, was für Rechte und Pflichten Sie haben? Ich bestehe abermals darauf, dass er mir selbst eine Antwort gibt«, fügte sie, an die Anwälte gewandt, hinzu.
»Ich habe Sie verstanden, auch wenn man in dieser unzivilisierten Stadt wohl kaum von Rechten sprechen kann.«
»Okay. In dieser unzivilisierten Stadt bringen wir Menschen gerne wegen verschiedener Verbrechen bis an ihr Lebensende hinter Gitter. Nun, wo sollen wir beginnen?«
»Lieutenant.« Die Anwältin zog einen Zettel aus der Aktentasche, die vor ihren Füßen stand. »Vielleicht könnten wir als Erstes den Fall einer jungen Dame klären, einer gewissen Tandy Willowby, die vorübergehend in Ms Bullocks und Mr Chases New Yorker Heim untergekommen war.«
»Untergekommen? Nennt ihr Briten es irgendwo Un terkommen, wenn jemand gegen seinen Willen gefangen gehalten wird?« Kopfschüttelnd wandte sich Eve an Baxter. »Und da heißt es immer, dass wir dieselbe Sprache sprechen.«
»Für mich hat es nicht so ausgesehen, als ob sie dort untergekommen wäre. Ich wette, Sie lieben es, wenn Frauen eingesperrt und hilflos sind, Chase. Und vielleicht sogar noch schwanger, weil sie sich dann noch nicht einmal gegen Sie wehren können. Verdammtes, perverses Schwein.«
»Wir werden sämtliche Obszönitäten schriftlich festhalten«, stellte die Anwältin prüde fest.
»Wichser.« Eve sah Chase mit einem bösen Grinsen an. »Ich wette, du hast Tandy über den Monitor beobachtet und dir dabei einen runtergeholt.«
»Du widerliche Fotze.«
»Mr Chase.« Die Anwältin legte eine Hand auf seinen Arm. »Lieutenant, bitte. Ich glaube, wir können diese Angelegenheit umgehend klären und uns dann anderen Themen zuwenden. Ich habe hier nämlich eine Erklärung, die Ms Bullock ihrem Anwalt ausgehändigt hat und die Mr Chase bestätigt und eigenhändig unterschrieben hat. Ich würde sie gern verlesen.«
»Bitte sehr.«
»Am Donnerstagabend, kurz nach achtzehn Uhr, traf Ms Bullock in der Madison Avenue, wo sie Einkäufe erledigt hatte, auf Ms Willowby. Im Mai vergangenen Jahres hatte Ms Willowby in ihrem Bemühen, ihr Kind adoptieren zu lassen, die Hilfe der Bullock-Stiftung gesucht. Allerdings hatte Ms Willowby es anschließend versäumt, die Termine mit der Psychologin, der Gynäkologin und der Adoptionsvermittlung einzuhalten. Erleichtert, sie zu sehen, hat Ms Bullock sich ihr deshalb am Donnerstag genähert. Bei dem Zusammentreffen brach Ms Willowby in Tränen aus und flehte Ms Bullock erneut um Hilfe an. Aus Sorge um ihr Wohlergehen half Ms Bullock Ms Willowby in ihren Wagen, um sie heimfahren zu lassen, doch Ms Willowby wurde immer hysterischer und drohte plötzlich sogar ihren Selbstmord an. Sie stand kurz vor dem Entbindungstermin und meinte, ihr wäre klar geworden, dass sie das Kind nicht aufziehen kann, denn sie hätte weder die emotionale Kraft noch die finanzielle Möglichkeit dazu. Aus Sorge und dem Wunsch, zu helfen, hat Ms Bullock die junge Frau - mit deren uneingeschränkter Zustimmung - bei sich zu Hause aufgenommen, in einem Gästezimmer untergebracht, sich um die medizinische Versorgung gekümmert und Vorkehrungen für eine Beratung und Adoption des Babys getroffen, für den Fall, dass sich Ms Willowby auch nach der Entbindung außer Stande
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