In Liebe und Tod
selber Detektiv zu spielen, wären sie jetzt noch am Leben.«
»Sie waren irgendeiner heißen Sache auf der Spur«, stimmte McNab ihr zu. »Bestechungen und Drohungen und am Ende ein blutiger Doppelmord. Am besten gehe ich noch weiter zurück und gucke, ob sie vielleicht irgendwann vorher konkreter über die Sache gesprochen hat. Scheint, als wäre es um irgendwas gegangen, auf das sie im Zusammenhang mit ihrer Arbeit gestoßen ist.«
»Ich warte immer noch auf den verdammten Beschlagnahmungsbefehl für ihre Unterlagen. Diese verfluchten Anwälte. Falls irgendwer Interesse daran hat, kann er sämtliche belastenden Materialien mühelos verschwinden lassen, bevor mir die Firma die Papiere endlich überlässt.«
»Es bleibt immer irgendeine Spur zurück. Wir elektronischen Ermittler sind wie Bluthunde, wir riechen einfach alles, was nicht sauber ist.« Er zog die Diskette wieder aus dem Schlitz und gab sie Eve. »Verdammt schade, dass die beiden nicht mehr leben. Es war ihnen deutlich anzusehen, dass das zwischen ihnen wahre Liebe war.«
»Wenn sie bei ihren Zahlen geblieben wären und uns die bösen Buben überlassen hätten, könnten sie diese Liebe immer noch genießen.«
Trotzdem war auch sie voller Mitleid, als sie aus der Kabine trat.
»Graben Sie noch tiefer«, sagte sie zu McNab. »Gehen Sie noch weiter zurück. Falls jemand sie in dieser Angelegenheit über ihr Link oder ihr Handy angerufen hat, hat sie die Aufnahme bestimmt gespeichert. Schließlich war sie irgendeiner krummen Sache auf der Spur. Buchhaltern geht es immer um Tabellen, darum, alles ins Gleichgewicht zu bringen, alles zu belegen. Falls es irgendwelche elektronischen Kontakte gab, hat sie die Beweise dafür ganz bestimmt irgendwo aufbewahrt.«
Oder hatte sie irgendwo auf bewahrt, verbesserte sich Eve, als sie die Abteilung für elektronische Ermittlungen dankbar wieder verließ. Wahrscheinlich hatte sie ihrem Mörder alles erzählt, was er hatte hören wollen, bevor er mit ihr fertig gewesen war.
Auf dem Weg nach Hause fuhr Eve noch im Labor vorbei, um den Laborchef Dick Berenski dazu zu bewegen, ihr alles zu erzählen, was seine Leute bisher herausgefunden hatten. Doch als sie durch die Tunnel und die gläsernen Labore lief, entdeckte sie Harvo, eine Laborantin, mit der sie schon einmal zusammengearbeitet hatte und die ihr durchaus sympathisch war.
Harvo hatte ihre kurzen, stacheligen, roten Haare unter einer mit nackten Männern bedruckten Schutzhaube versteckt. »Hübsche Kopfbedeckung«, stellte Eve ironisch fest.
»Hauptsache, man hat im Leben seinen Spaß.« Harvo blies ihr Kaugummi in der Farbe gesunder Lungen zu einer großen Blase auf. »Falls Sie den Sturschädel suchen, der ist nicht mehr da. Hat augenblicklich Urlaub und ist für ein paar Tage in den Süden abgehauen. Wahrscheinlich ist er bereits halb betrunken und macht sich an irgendeine arme Frau heran, die einfach in Ruhe ihre Pina Colada trinken will.«
»Und wer leitet währenddessen dieses Irrenhaus?«
»Dieses Mal hat es den armen Yon erwischt, aber der ist gerade unterwegs. Uns wurde eine Wasserleiche aus dem East River gemeldet. Da das seine Lieblingsleichen sind, hat er sich persönlich auf den Weg dorthin gemacht. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen erzählen, was wir bisher über Ihren Doppelmord herausgefunden haben.«
»Das wäre wirklich nett.«
»Stets zu Diensten«, stellte Harvo grinsend fest.
Statt Eve mit an Berenskis Arbeitsplatz zu nehmen, bahnte sich Harvo einen Weg durch das Labyrinth, bis sie vor ihrem eigenen Computer stand. »Würden Sie nicht lieber auch rausfahren, Harvo?«, fragte Eve.
»Nein, ich liebe meinen Bienenstock.« Sie schwang sich auf ihren Hocker und stellte ihre dicksohligen, knöchelhohen, schwarz-grünen Turnschuhe auf der Sprosse ab. »Diese ganzen Leichen gehen mir nicht besonders ab. Ich befasse mich lieber mit den Beweismitteln.« Sie rutschte auf dem Hocker hin und her und drosch mit ihren langen, lackierten Nägeln auf die Tasten ihres Keyboards ein.
»Ich habe Ihr Klebeband nicht untersucht. Der Kollege hat eben gerade Feierabend gemacht und Ihnen den Bericht wahrscheinlich vorher noch geschickt, aber da Sie einmal hier sind ...«
»Da ich einmal hier bin ...«, wiederholte Eve.
»Der Mörder hat das Klebeband in beiden Morden von derselben Rolle abgemacht. Sehen Sie hier? Das Ende des Bandes, mit dem die Knöchel des weiblichen Opfers gefesselt waren, passt genau zu dem Ende des Bandes, mit dem die Hände des
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