In Liebe und Tod
kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
Zuletzt ging Eve zu Cara Greene und trat in dem Moment in ihr Büro, als diese eine kleine blaue Pille nahm.
»Ein Schmerzmittel«, erklärte sie. »Ich habe fürchterliches Kopfweh. Aber schließlich ist dies auch ein fürchterlicher Tag.«
»Wissen Sie, warum Natalie in letzter Zeit nach Ende ihrer Arbeitszeit öfter noch einmal zurückgekommen ist und an ihrem Computer war?«
»Nein.« Cara runzelte die Stirn. »Wir alle machen öfter Überstunden, und um diese Jahreszeit stehen wir wegen der bevorstehenden Abgabe der Steuererklärungen besonders unter Strom. Aber ich hätte auf jeden Fall gewusst, wenn Natalie nach Ende ihrer Arbeitszeit noch an ihrem Schreibtisch gesessen hätte. In den vier Wochen vor dem fünfzehnten April leben wir alle praktisch hier, aber dann bleiben wir einfach länger und kommen nicht noch mal extra zurück. Wollen Sie sich vielleicht setzen? Ich muss auf alle Fälle sitzen. Ich fühle mich wirklich nicht gut.«
Sie ließ sich in einen Sessel sinken und fuhr fort: »Es ist nicht gerade angenehm, die Anrufe von Kunden abzuwehren, die wütend oder in Sorge sind, weil die Polizei ihre Unterlagen beschlagnahmt hat. Genauso lästig ist es zu versuchen, den Angestellten gegenüber die Rolle der Mutter zu übernehmen, wenn sie sich wegen Natalie an meiner Schulter ausweinen oder ihrer Furcht Ausdruck verleihen, dass auch ihnen was passiert. Und dann auch noch zu überlegen, was ich übersehen habe, falls Ihre Vermutung richtig ist und diese ganze fürchterliche Sache mit ihrer Arbeit zusammenhängt. Mich die ganze Zeit zu fragen, ob möglicherweise irgendetwas von mir übersehen worden ist.«
»Ohne, dass Ihnen etwas einfällt.«
»Ohne, dass mir etwas einfällt. Vielleicht war es eine private Angelegenheit. Vielleicht hat jemand die beiden aus Zorn oder aus Eifersucht ermordet.«
»Gab es Eifersucht hier im Büro?«
»Es gibt auf jeden Fall eine gewisse Konkurrenz. Natürlich kommen auch nicht alle gleich gut miteinander aus. Aber mir fällt wirklich niemand ein, der Natalie gegenüber einen derartigen Groll gehegt haben könnte, dass er zu solchen Mitteln greift.«
»Kennen Sie Lilah Grove?«
»Die Femme fatale aus der Privatkundenabteilung.« Cara verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. »Ich habe das Gerücht gehört, dass sie es auf Bick Byson abgesehen hatte. Aber Natalie war diesbezüglich vollkommen gelassen, und ich habe auch nie gehört, dass es zwischen ihr und Lilah deshalb Streit gegeben hat.«
Vielleicht hatten sie diesen Streit ja bis zu ihrem letzten Treffen aufgeschoben, überlegte Eve, als sie nach unten fuhr, wo Peabody schon auf sie wartete.
»Haben Sie mit einer gewissen Lilah Grove gesprochen?«, fragte sie.
»Haben Sie vielleicht einen sechsten Sinn?«, fragte ihre Partnerin. »Sie war die Erste, von der ich Ihnen erzählen wollte.«
»Die Sex-Königin ihrer Abteilung. Hatte ein Auge auf Byson geworfen. Wie schätzen Sie sie ein?«
»Ziemlich tough, intelligent, eitel und ehrgeizig. Gibt gern mit ihrem beruflichen Erfolg und ihrem guten Aussehen an. Hat behauptet, der Flirt wäre gegenseitig und völlig harmlos gewesen, und hat - meiner Meinung nach künstliche - Abscheu und Verärgerung darüber gezeigt, dass jemand aus ihrer Abteilung in dieser Art über sie tratscht. Hatte ein paar Mal Tränen in den Augen, wenn sie über die Opfer gesprochen hat, aber ihr Make-up - das perfekt aufgetragen und vor allem wirklich teuer war - war niemals wirklich in Gefahr. Sie trägt Verführung pur.« »Was ist denn das?«
»Ein Parfüm. Und zwar hat sie das richtige, echte Parfüm, keine billige Kopie oder das billigere Eau de Toilette. Ich lasse mich immer gern damit besprühen, wenn ich mal in einem der teureren Kaufhäuser bin.«
»Sie sind das?«
»Ich bin was?«
»Die einzige bekannte Person im ganzen Universum, die sich freiwillig von diesen Sprühgorillas einnebeln lässt.«
Peabody straffte die Schultern und reckte den Kopf. »Ich bin nicht allein. Wir sind eine kleine, aber duftende Armee.«
»Ja, ich wette, dieses Zeug duftet wie eine süße Sommerwiese. Bevor wir auf die Wache fahren, führe ich noch ein zweites kurzes Gespräch mit dieser Grove.«
»Zweite Tür rechts, wenn Sie in die Abteilung kommen.«
»Ich gehe lieber allein zu ihr. Gucken Sie währenddessen, wie weit McNab mit dem Verladen all der Sachen ist.«
»Zu Befehl. Und, Dallas?« Peabody sah sie mit einem gewieften Lächeln an. »Wenn ich
Weitere Kostenlose Bücher