In Liebe verführt
möglicherweise lebensrettend sein. Meg hingegen ging die Sache wie ein nettes Abenteuer an. Intellektuell kannte sie die Gefahren, hatte sie aber noch nie erlebt. Also konnte er nicht erwarten, dass sie sie im Voraus erriet. Er konnte sie ihr jetzt in allen Einzelheiten darlegen – oder sie mit etwas praktischer Erfahrung langsam hineinwachsen lassen. Er war sicher, dass sie schnell lernen würde.
Er entspannte sich. »Es wird zwar bald schon dämmern, aber ich bin ausgehungert«, sagte er. »Warum gehst du nicht ins Bett, und ich sehe mal, was ich in der Kombüse finden kann?«
Meg sprang auf und erklärte: »Ich kann doch jetzt nicht schlafen! Abgesehen davon habe ich ebenfalls einen Bärenhunger. Und wir müssen die Einzelheiten der Sache besprechen. Wir wissen, dass ich reiten kann. Wir haben uns eine Identität ausgedacht, die meinen unbeholfenen Akzent erklärt, aber ich habe noch so viele Fragen, und ich will, dass du sie mir heute Nacht noch erklärst… oder besser gesagt heute Morgen«, korrigierte sie sich mit einem Blick aus dem Fenster, wo die Dunkelheit der Nacht allmählich einem warmen Grau zu weichen begann.
»Dann lass uns in die Kombüse gehen und sehen, was wir finden können.«
Meg ging vor ihm den Flur entlang. Unter Deck schliefen alle, aber oben segelte das Schiff unter einer vollen Mannschaft. Meg kam der Gedanke, dass sie dies alles vermissen würde, wenn sie über Land gingen. Die Routine des Lebens an Bord schien ihr in Fleisch und Blut übergegangen zu sein, sie hatte sogar das Gefühl, sich mit den Rhythmen des Meeres zu bewegen. Und ihre Augen hatten sich an ferne Horizonte gewöhnt.
Cosimo zündete die Laterne in der Kombüse an und sah sich in dem makellos sauberen kleinen Raum um. »Wurst«, sagte er und griff nach der Salami am Haken.
»Brot«, sagte Meg und öffnete den Schrank, wo Silas es aufbewahrte. Sie griff nach einem Laib Roggenbrot. »Messer… ach ja, da sind sie.«
Cosimo sah ihr erstaunt und amüsiert zu. Meg schien sich in Silas’ Kombüse gut auszukennen. Er wusste, dass eigentlich nur Biggins dort willkommen war. Silas verteidigte sein Reich sonst mit sehr finsteren Blicken und einsilbigem Gemurmel.
»Käse… kommst du dran, Cosimo? Ich bin nicht groß genug.« Sie zeigte nach oben zu einem hohen Regal, auf dem ein Laib Cheddar lag.
»Mit Vergnügen.« Er holte den Käse herunter.
»Wein ist da drüben in dem kleinen Fass beim Spülbottich.« Meg zeigte mit sicherem Finger darauf. »Und Gläser in dem Schrank dort.«
»Du kennst dich ja in Silas’ Kombüse bemerkenswert gut aus«, stellte Cosimo fest und folgte ihren Anweisungen.
»Schließlich bin ich auch schon beinah zwei Wochen auf diesem Schiff«, erklärte sie ihm. »Und ich erwarte nicht, bedient zu werden. Entsprechend ist es so, dass ich mir etwas hole, wenn ich es will.«
Er lachte leise, öffnete den Hahn am Fässchen und füllte zwei Gläser mit Wein. »Na, das überrascht mich aber. Ich hätte erwartet, dass Miss Barratt daran gewöhnt ist, bedient zu werden.«
Sie schnitt schnaubend zwei Scheiben Brot ab. »Nicht von Seeleuten, die viel wichtigere Dinge zu tun haben. Abgesehen davon hat es mir Spaß gemacht, sie kennen zu lernen. Biggins erscheint mir fast wie ein Freund – vorausgesetzt natürlich, ich bewahre einen gewissen, respektvollen Abstand.« Sie lächelte und schnitt mit großer Effizienz Salami. »Ist das genug, mon capitain ?« Sie drehte sich um und machte einen tiefen Knicks.
»Du bist eine abscheuliche Frau«, erklärte Cosimo, fasste sie unter den Armen und hob sie hoch. »Du machst dich über alles lustig.«
»Nicht ganz«, sagte Meg, neigte den Kopf nach hinten und bot ihm ihren Mund. »Nicht über alles.«
Er stellte sie wieder hin und legte seine Hände hinter ihren Kopf. Sein Blick hielt den ihren: »Bist du ganz sicher, dass du das alles willst? Antworte mir erst, wenn du gründlich darüber nachgedacht hast, Meg. Denn ich frage nicht noch einmal.«
Ihre Augen waren so ernst wie die seinen, als sie sagte: »Ich könnte jetzt eigentlich beleidigt sein, weil du mich noch mal fragst. Ich habe gesagt, dass ich dies tun will. Ich habe gründlich darüber nachgedacht. Die Tatsache, dass ich im Moment Scherze darüber machen kann, ändert nichts an meiner Zustimmung oder meiner Überzeugung. Ich werde deine Partnerin sein. Und jetzt lass uns essen und besprechen, welche Vorbereitungen wir noch treffen müssen. Ich weiß nicht recht, wer ich eigentlich sein soll,
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