In Liebe verführt
schräg über eine Augenbraue gesetzt hatte. Alles wirkte leicht schmuddelig, genau wie ihre Kleidung. Ein wenig fadenscheinig und abgenutzt, die Kleider eines Arbeiters. Und nichts an seiner Erscheinung verringerte seine erotische Anziehungskraft.
Sie lugte hinunter zu dem Segelboot, in dessen Heck gerade die Schiffskiste verstaut und dann mit einer wasserdichten geteerten Plane bedeckt wurde. In der Kiste steckte noch ein Set Hosen, ihre Kleider, der Umhang, die Unterröcke, Schuhe und mehrere eher elegante Kleidungsstücke für Cosimo, die er irgendwo aufbewahrt hatte. Sie war sicher, dass sie nicht in der Kajüte gewesen waren. Es würde sie sehr interessieren, ihn in formeller Kleidung zu sehen, dachte sie. Auf dem Schiff war er zwar ordentlich gekleidet, doch stets in einfachen Kniehosen, Hemd und Wams.
»Ich steige jetzt hinunter«, sagte Cosimo. »Folge mir, sobald ich im Boot bin.« Er warf ihr noch einmal einen langen, fragenden Blick zu, wartete einen Moment, und als sie schwieg, nickte er kurz und schwang sich über die Reling auf die Strickleiter.
Meg fragte sich, ob er ihr gerade eine letzte Gelegenheit hatte geben wollen, es sich anders zu überlegen. Er hatte gesagt, er würde sie nicht noch einmal fragen, und sie hatte nicht erwartet, dass er das tun würde. Doch solange ihre Füße noch fest an Deck der Mary Rose standen, konnte sie einen Rückzieher machen. Ohne weiter nachzudenken kletterte sie über die Reling und auf die Leiter.
»Viel Glück, Miss Barratt.« Die beiden Cousins hingen über die Reling, und sie erkannte den Neid in ihrem Blick, mit dem sie zu ihr hinunterschauten.
»Euch ebenfalls«, sagte sie und nahm eine Hand von der Leiter, um zu winken. »Kümmert Euch um Gus.« Dann kletterte sie hinunter ins Segelboot.
Cosimo hisste das Segel des Bootes und pfiff dabei leise vor sich hin. Es war dunkel unten auf dem Wasser, die Nachtluft milde. Meg spähte zum Deck der Mary Rose , wo die Männer in einer Reihe standen und schweigend auf das kleine, schaukelnde Boot schauten. Sie hatten zum Gruß die Hände gehoben, halb grüßend, halb winkend, und Meg lächelte, obwohl sie das wahrscheinlich aus der Höhe und im Dunkeln nicht erkennen konnten.
Das Segel flatterte locker, bis Cosimo sich hinsetzte und das Ruder und das Segel mit einer Hand ergriff. Er hob die freie Hand zum Abschiedsgruß für sein Schiff, und Meg folgte seinem Beispiel. Das Boot glitt in Richtung auf die Mündung der Gironde.
Meg stieg vorsichtig zum Heck und setzte sich auf die Bank, die an der Seite des Boots entlanglief, in deutlichem Abstand von Cosimo und dem Ruder. Es war ganz anders, in einem so kleinen Boot zu segeln, aber Cosimo hatte eindeutig Spaß an der Sache. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, beobachtete die Bewegung des Segels ähnlich wie auf der Mary Rose , doch hier war nur eine knappe Bewegung des Ruders nötig, um den Kurs zu korrigieren.
»Ich verstehe nichts vom Segeln«, sagte sie leise, weil es rings um sie her so still war.
»Das brauchst du auch nicht«, erwiderte er und warf ihr ein kurzes Lächeln zu. »Das Einzige, was du zu wissen brauchst, ist, wie du den Kapitän der Rosa bei Laune hältst.«
Meg grinste. »Ich glaube, dass ich das schaffe. Also Rosa heißt das Segelboot?«
»Das passt doch zu einem Beiboot der Mary Rose . Warum gehst du nicht in die Kajüte und siehst dich bei den Vorräten um? Ich fürchte, du wirst für Essen, Vorräte und so etwas verantwortlich sein müssen. Zumindest solange ich am Ruder sitze.«
Meg tat, worum er sie gebeten hatte, und stieg die zwei Stufen zu der kleinen Kajüte hinunter. Sie musste sich bücken, um durch die Tür zu kommen, und auch im Innern der Kajüte konnte sie kaum aufrecht stehen. Cosimo würde sich hier tief bücken müssen. Sie sah sich um. Im Dunkeln war kaum etwas zu erkennen. Sie streckte ihren Kopf nach draußen. »Kann ich eine Lampe anzünden?«, flüsterte sie.
»Auf dem Tisch steht eine Laterne. Sie ist schon bereit zum Anzünden. Feuerstein und Zunder sind in der Schublade darunter. Aber lass den Docht weit heruntergedreht.«
Meg fand den Tisch, indem sie sich mit der Hüfte an einer harten Kante stieß. Dann ertastete sie die Schublade und danach die Laterne. Das warme Leuchten der Laterne enthüllte ihr schließlich einen kleinen Raum mit einer schmalen Koje, die dem Rumpf des Boots folgte. Sie war noch schmaler als die auf der Mary Rose , also würden sie wohl abwechselnd schlafen. Doch schließlich war
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