In Liebe verführt
dir, wie versprochen, etwas zu essen gebracht«, verkündete er heiter. »Ich denke zwar nach wie vor, dass es dir gefallen würde, an Deck zu essen, aber du bist selbst für deine Entscheidung verantwortlich.«
»Das ist gut zu wissen«, sagte sie. »Ich wünschte, jemand könnte das auch diesem Vogel klar machen.«
»Oh, Gus lässt sich nicht belehren«, erklärte Cosimo und stellte das Tablett auf den Tisch. »Es überrascht mich, dass du nicht eine gewisse Seelenverwandtschaft mit ihm festgestellt hast.«
Meg schnappte nach Luft über diese dreiste Bemerkung, und dann lachte sie. Diesem verdammten Kerl gelang es, sie zum Lachen zu bringen! Das schafften nur wenige. Sie hatte eine verstörende Tendenz, Dinge zu entdecken, über die sie plötzlich lachen konnte. Ihren Sinn für Humor teilte allerdings selten jemand. Arabella und sie konnten sich beispielsweise gemeinsam über merkwürdige Begebenheiten vor Lachen ausschütten.
»Ihr habt ein wirklich hübsches Lachen, aber ich bin sicher, dass Euch das schon andere Männer gesagt haben«, stellte Cosimo fest und merkte, dass seine gute Laune zurückkehrte.
Das Lachen verstummte. »Danke für das Tablett, Kapitän«, sagte sie trocken und neutral.
Cosimo verfluchte sich selbst. Diese Miss Barratt schätzte offensichtlich derartige Komplimente keineswegs. Was andere Frauen als angenehmen Flirt empfanden, fand sie eindeutig aufdringlich. Oder nicht? Er musterte sie nachdenklich. »Wie steht Ihr zum Flirten, Miss Barratt?«
Die Frage überraschte sie so, dass ihr erst keine Antwort einfiel. Dann sagte sie leichthin: »Am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt hab ich nichts dagegen einzuwenden. Aber ungeschickte Annäherungsversuche kann ich grundsätzlich nicht leiden.«Übergangslos setzte sie sich an den Tisch und begann, den Apfel zu zerschneiden, als ob der Mann neben ihr gar nicht existierte.
Cosimo wurde klar, dass sie das kleine Wortgefecht gewonnen hatte, und er verneigte sich vor ihr. »Ich nehme meine Niederlage an, Madame.« Er verließ die Kajüte, konnte sich aber nicht verkneifen, die Tür ein wenig lauter als nötig zu schließen.
Meg lächelte still vor sich hin und überlegte, dass ihr der Gedanke gefiel, noch öfter solche Gespräche mit Cosimo zu führen – und wie viel Spaß sie ihr bereiten würden.
Sie trank noch einen Schluck von ihrem Wein und gab Gus, der erwartungsvoll neben ihrem Teller saß, abwesend ein Stückchen Apfel.
»Dankä… dankäää…«, schnarrte er und warf das Stück in die Luft, um es dann mit dem Schnabel wieder aufzufangen.
»Mit der Zeit finde ich dich richtig nett«, befand Meg und bot ihm ein weiteres Stück an. Sie erwischte sich bei dem Gedanken, ob das wohl für den Eigentümer des Vogels auch gelten mochte – und gab sich innerlich einen Klaps auf die Finger. Das Problem war, dass ihr Flirten eigentlich viel zu sehr gefiel. In den letzten paar Monaten hatte sie in London eine Menge Gelegenheiten gehabt, das immer wieder mit völlig unpassenden, aber sehr flirt-freudigen Männern auszukosten, die nicht mehr Interesse an einer festen Beziehung hatten als sie selbst. Und jetzt war sie auf einem Schiff gefangen, zusammen mit einem Mann, der die besten Chancen hatte, ihr viel besser zu gefallen als ihre bisherigen Gesprächspartner – und noch viel unpassender zu sein.
Was mochte er sein? Sicher kein einfacher Schiffskapitän, das war offensichtlich. Vor allem war er der Kapitän eines Kriegsschiffes, und solche Schiffe fuhren nicht zum Vergnügen auf dem Meer herum. Zumindest nicht in Kriegszeiten. Doch Marinekapitän war er auch nicht. Dieses Schiff gehörte nicht der britischen Marine an. Keiner trug hier eine Uniform. Also war es ein privates Schiff, dessen Kapitän gerade Zeit hatte, den Charmanten zu mimen. Doch hinter dieser heiteren Fassade hatte sie bereits einen viel härteren Kern entdeckt, nämlich als sie sich um den Schlüssel für die Kajütentür stritten. In jenem Augenblick war nichts Charmantes, Verführerisches oder auch nur entfernt Freundliches in seinem Verhalten und seiner Ausdrucksweise gewesen. Nein, sie hatte keinen Zweifel daran, dass Cosimo ein ernst zu nehmender Mann war. Und was immer er vorhatte… er und sein Schiff… war mehr als eine Vergnügungsfahrt.
Sie trank einen Schluck von dem Wein und stand auf. Neugierig ging sie hinüber zum Kartentisch. Sie hatte keine Erfahrung mit Seekarten und konnte deswegen nichts daraus entnehmen. Sie erkannte nur die Inseln im
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