In Liebe verführt
bemerkte sie, wie sie nickte, eine schwache Zustimmung, aber immerhin.
Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck wieder. Er lächelte, und sein Blick glich nun eher einem Sommerhimmel als dem blauen Schimmer eines Gletschers. »Ich war sicher, dass wir uns irgendwie einigen würden«, sagte er. »Auf offener See sind verschlossene Türen gefährlich. Falls wir in Schwierigkeiten geraten würden, zum Beispiel einen Sturm, oder wenn wir einem feindlichen Schiff begegnen würden, dann müsste ich sofort Zugang zur Kajüte haben, und du müsstest jederzeit ohne Verzögerung nach draußen gelangen können.«
»Ein feindliches Schiff?« Meg starrte ihn an.
»Meine liebe Meg, wir sind im Krieg gegen Frankreich. Hattest du das vergessen?« Er klang etwas ungläubig, und Meg verfluchte ihre eigene Dummheit. Sie erinnerte sich an die beiden Kriegsschiffe, die vor dem Hafen von Folkstone vor Anker gelegen hatten. Und noch besser erinnerte sie sich an die Reihe von glänzenden Kanonen auf dem Oberdeck des Schiffes, an Bord dessen sie sich befand.
»Ja, es sieht so aus, als hätte ich das wirklich kurzfristig vergessen«, gab sie zu. »Seit ich wieder zu Bewusstsein gekommen bin, hatte ich eine ganze Menge nachzudenken.«
»Das stimmt«, gab er ihr Recht. »Und wer weiß, was die Ohnmacht für Folgen auf dein Erinnerungsvermögen hatte.«
Das war nun echt absurd. Meg lachte. »Du weißt genau, dass es keinerlei Folgen hatte! Ich war so darauf konzentriert, mir Sorgen um meine momentane Lage zu machen, dass ich die Sorgen der Welt völlig vergessen habe.«
»Pax?«, fragte er noch einmal und hob die Augenbrauen.
»Ich denke schon«, sagte Meg. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, was Feindseligkeiten bringen könnten.«
»Dann komm mit an Deck und in die Sonne.« Er öffnete einladend die Kajütentür. »Außerdem haben wir sehr gutes Brot und dazu Käse und Salami. Und einen hervorragenden Burgunder. Wir haben nichts zu tun, bis der Wind wieder auffrischt, also können wir essen, trinken und uns dabei besser kennen lernen.«
Meg hatte nicht vor, diesen Mann besser kennen zu lernen. Er war so verdammt attraktiv und sie viel zu beeinflussbar durch attraktive Männer. Besonders in einer solch ungewöhnlichen Lage. Alle Instinkte sagten ihr, dass sie in diesem speziellen Fall besonders gut aufpassen musste.
»Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Buch hier, vielen Dank«, sagte sie und deutete auf den Roman hinter sich auf der Bank. »Ich habe sonst so selten Gelegenheit, in aller Ruhe zu lesen.«
Cosimo betrachtete sie zweifelnd. »Bist du eigentlich immer so stur?«
Meg lief vor Ärger rot an. »Ich sehe nicht ein, was besonders stur daran sein soll, wenn ich lieber allein bin als in Eurer Gesellschaft, mein Herr!«
Seine Augenbrauen hoben sich angesichts dieser giftigen Antwort. »Da du bisher noch nie Zeit in meiner Gesellschaft verbracht hast, kannst du doch gar nicht wissen, ob es dir gefallen würde.«
Megs Röte vertiefte sich. Er gab ihr das Gefühl, als wäre sie ein verzogenes Kind, während sie nichts anderes als ihre Ruhe wollte. »Dieses Gespräch führt uns nicht weiter«, sagte sie und wandte sich dem Fenster und ihrem Buch zu. »Falls du noch irgendetwas in dieser Kajüte zu tun hast, lass dich nicht aufhalten. Wenn nicht, möchte ich gern allein sein.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wie du willst. Ich werde Biggins sagen, er soll dir etwas zum Mittagessen bringen.«
»Wiedersehn… Wiedersehn…«, schnarrte Gus, als sich die Tür hinter dem Kapitän schloss. Er hopste von seiner Stange und hinüber zur Bank am Fenster. Dort flog er auf den Sitz neben Meg und begann, sein Gefieder zu putzen, wobei er unverständliche Dinge vor sich hin murmelte.
»Glaub bloß nicht, dass ich deine Gesellschaft als Kompliment empfinde«, belehrte Meg ihn. Er sah von seiner Beschäftigung auf, und sie hätte schwören können, dass eines seiner glänzenden Augen ihr zuzwinkerte.
3
Cosimo war verärgert, und genau das ärgerte ihn noch mehr. Es passierte ihm selten, dass ihn jemand bis an die Grenzen seiner Geduld trieb. Miss Meg Barratt war das bestens gelungen. Er machte sich auf den Weg zur Koch-Kombüse. Eine Kanne mit Kaffee verströmte ihren köstlichen Duft auf dem Herd, und der Koch war damit beschäftigt, ein großes Stück Rindfleisch für Eintopf zu zerschneiden. Biggins saß gemütlich mit einem Becher Kaffee am Tisch und schnitzte an einem Stück Elfenbein. Die beiden Männer sahen auf, als
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