In Liebe verführt
ziehe ich nicht vor«, erklärte sie. »Und ich werde auch nicht auf diesem Ding da verfrachtet!« Sie deutete vorwurfsvoll auf die Brettkonstruktion. Und dann, noch bevor Cosimo Zeit hatte, sich von ihrem Widerstand zu erholen, setzte sie sich auf die Reling, schwang ein Bein nach dem anderen hinüber, ohne auf ihren pochenden Arm zu achten, und tastete mit dem linken Fuß zur obersten Sprosse der Strickleiter. Gleichzeitig hielt sie sich am dafür vorgesehenen Halteseil fest. Mit zusammengebissenen Zähnen stieg sie auf die bedrohlich schwankende Leiter.
Cosimo verschränkte mit finsterer Miene die Arme und sah ihrem Abstieg schweigend zu. Die Leiter endete mehr als einen Meter über dem schaukelnden Boot, und Meg überlegte, dass sie an dieser Stelle durchaus eine kleine Hilfestellung hätte brauchen können, aber die gab es nun mal nicht. Also kniff sie die Augen zu und ließ sich fallen. Das kleine Boot neigte sich heftig zu einer Seite, und sie hätte beinah das Gleichgewicht verloren. Cosimo fand seine Stimme wieder.
»Um Himmels willen setz dich ins Heck. Sofort !«
Meg befolgte diese Anweisung und spähte dann nach oben. Die Reling erschien ihr unangenehm weit entfernt, und sie war froh, dass sie den Abstieg vorher nicht aus dieser Perspektive gesehen hatte.
Cosimo kam mit beneidenswerter Geschwindigkeit die Leiter herunter und ließ sich leicht in das Boot fallen, das unter seinem Gewicht kaum schwankte. Er setzte sich in die Mitte und griff nach den Rudern. Ohne sie zu betätigen musterte er Meg stirnrunzelnd. »Du hast einen einzigartig ärgerlichen Hang zur Unabhängigkeit, Miss Barratt.«
»Nur weil du so daran gewöhnt bist, dich durchzusetzen«, gab sie zurück und ergriff zufrieden die Gelegenheit, jene seltsame Absichtserklärung in der Kajüte vorübergehend beiseite zu lassen. »Ich bin durchaus in der Lage zu entscheiden, was ich tun kann und was nicht. Und ich habe nicht die Absicht, mich jemals auf diesem Ding herunterschaffen zu lassen wie ein Sack Kartoffeln!«
Sein Gesichtsausdruck war undurchdringlich, als er endlich die Ruder eintauchte und mit kräftigen Zügen zum Kai ruderte. Meg lächelte vor sich hin. Solche Siege hatte sie mit diesem Freibeuter nur wenige gehabt. Selbst wenn dies nur ein kleiner Triumph war, so genoss sie doch die Illusion, die Kontrolle kurzfristig zurückerlangt zu haben.
Als sie den Kai erreichten, warf Cosimo einem wartenden Jungen das Seil zu, mit dem er das Ruderboot festband. Cosimo stieg zum Kai hinauf, gab dem Jungen eine Münze und drehte sich erst dann zu Meg um. »Kannst du allein hier heraufsteigen, oder brauchst du Hilfe?«
Der Abstand war groß, und Meg wusste, dass ihre Beine nicht lang genug waren, um ihn ohne Hilfe zu überwinden. Und Cosimo wusste es ebenso. Ein Grinsen, das sie ungemein ärgerte, lag auf seinem Gesicht, während er zu ihr ins Boot hinabschaute. »Ich nehme gern etwas Hilfe an«, verkündete sie so würdevoll wie möglich.
»Aber natürlich.« Er sprang erneut ins Boot zurück, griff sie um die Taille und hob sie einfach hinauf auf den Kai.
Meg holte tief Luft. »Eine Hilfestellung von oben mit nur einer Hand hätte völlig ausgereicht«, sagte sie spitz und schüttelte ihre Röcke zurecht.
»Ach, aber dann hätte ich den ganzen Spaß versäumt«, murmelte er, und sein Grinsen verbreiterte sich zu einem Lächeln, das beinah so zufrieden wirkte wie ihres vor ein paar Minuten. Er trat neben sie und legte eine Fingerspitze an ihr Kinn. Seine Augen glitzerten, und um seine Mundwinkel spielte ein wissendes Lächeln. »Und du vielleicht auch?«
Megs Augen wurden schmal, und sie entzog ihm ihr Kinn mit einem Ruck. »Wie unerträglich eingebildet!«, stellte sie fest.
»Ach, wirklich? Den Gedanken hatte ich ebenfalls.« Er hob fragend eine Augenbraue. »Steck den Degen wieder ein, Miss Meg. Ich dachte, wir hatten uns geeinigt, diese…«, er öffnete in einer wortlosen Geste die Hände, »diese Anziehung zwischen uns, wie ich sie einmal mangels eines besseren Wortes nennen will, zu akzeptieren.«
Meg betrachtete ihn entnervt. Sie konnte seine Feststellung zwar nicht abstreiten, aber er hatte es zu eilig damit, fand es viel zu selbstverständlich. »Mag sein«, sagte sie. »Aber etwas zu akzeptieren oder danach zu handeln sind zwei verschiedene Dinge.«
Er nickte freundlich. »Natürlich, dann lass mich wissen, wenn du dich entschieden hast. Wir gehen hier entlang.« Er machte sich auf den Weg zum Dorf.
Meg folgte ihm
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