In Liebe verführt
Entscheidungsfindung!
»Dann schreib deinen Brief schnell«, sagte er. »Wir werden schon mit der Flut heute Abend aufbrechen, nicht erst morgen früh.«
Sie wirkte überrascht. »Warum die plötzliche Änderung des Plans?«
»Ganz einfach: Wenn du mit mir kommst, gibt es keinen Grund mehr, noch mehr Zeit zu verschwenden.«
»Ich dachte, du wartest auf irgendwelche Nachrichten.«
»Die habe ich heute Morgen von Murray bekommen.«
»Ah, ich verstehe.« Allerdings verstand sie eigentlich gar nichts. Trotz der Dringlichkeit seiner eiligen Mission, jener Dringlichkeit, die er ihr gegenüber mehr als einmal betont und die ihn daran gehindert hatte, sie nach Folkstone zurückzubringen, sobald er bemerkt hatte, dass sie die Falsche war, war er bereit gewesen, unnötigerweise noch zu warten. Nur für eine letzte leidenschaftliche Nacht. Irgendetwas stimmte bei der Sache nicht, aber sie wusste nicht, was.
»Ich schreibe rasch meinen Brief«, sagte sie und ging nachdenklich unter Deck. Er hatte am Morgen das schmale Bett vor ihr verlassen, genau wie am Tag zuvor, das war also wohl der Moment gewesen, als er die Nachrichten in Empfang genommen hatte. Aber woher waren sie gekommen? Die einzigen Schiffe, die sie in der Nähe der Insel bemerkt hatte, waren die Marinefregatten gewesen, und es war wohl kaum anzunehmen, dass ihre Kommandanten Cosimo Nachrichten mitgaben, wenn sie alle in dieselbe Richtung segelten und sie Folkstone gleichzeitig verlassen hatten.
Na ja, sie wusste praktisch absolut nichts über jene heimlichen Aktivitäten. Zumindest noch nicht. Natürlich gab es eine Erklärung, aber keine, die ihr einfiel. Also dachte sie erst einmal nicht weiter über die Sache nach und schloss mit der Überlegung, dass sie diese Reise womöglich noch in anderen Beziehungen lehrreich finden würde.
Cosimo, der glücklicherweise nichts von den Fragen ahnte, die seine offene Antwort in Megs regem Verstand hervorgerufen hatte, sah sich vom Heck aus auf seinem Schiff um. Um sechs Uhr würde die Flut auf dem Höhepunkt sein, also hatten sie genug Zeit, am Riff vorbeizumanövrieren und bis ins offene Meer hinauszugelangen, bevor es dunkel war. Er hasste Untätigkeit, und obwohl er bereit gewesen war, bis morgen zu bleiben, um seiner noch unwissenden Partnerin Gelegenheit zur Entscheidung zu geben, drängte es ihn jetzt, wo er sein Ziel erreicht hatte, aufzubrechen. Er winkte dem stets aufmerksamen Miles, der eilig über das Deck zu ihm herüberkam.
Unter Deck hörte Meg die plötzliche Geschäftigkeit oben, spürte die Änderung der Atmosphäre. Stimmen riefen, Schritte liefen hin und her, und Gus begann, murmelnd auf seiner Stange auf und ab zu wandern. Nach einem Klopfen erschien David Porter mit seiner Arzttasche.
Meg sah vom Schreiben auf, als er eintrat. »Guten Tag, David. Wie es scheint, fahren wir schon früher als geplant los.«
»Daran ist nichts Ungewöhnliches«, bemerkte er und stellte seine Tasche auf den Tisch. »Ich vermute, dass Ihr bei uns bleiben werdet.«
»Die Vermutung ist richtig«, sagte sie und spürte, wie sie ein wenig rot wurde. Es war eine Sache, sich mit offener Indiskretion zu verhalten, aber eine ganz andere Sache, gezwungen zu sein, es zuzugeben. Aber David nickte nur. »Es freut mich, wenn noch ein anderes Gesicht an Bord ist. Segeln kann langweilig werden, wenn man für längere Zeit nicht an Land kommt.«
»So lange kann aber doch die Fahrt nach Bordeaux nicht dauern«, sagte sie.
Er betrachtete sie interessiert. »Ach, ist das unser Ziel?«
»Das wusstet Ihr nicht?« Sie wirkte schockiert und dachte wieder an die Geheimnistuerei, die auf Cosimos Schiff herrschte. »Hätte ich es Euch überhaupt sagen dürfen?«
»Wenn Cosimo es Euch gesagt hat, dann hat er auch nichts dagegen, wenn es alle erfahren«, sagte David und hob ihren Arm, um den Verband zu lösen.
Meg war sich nicht sicher, ob es ihr gefiel, in einem Atemzug mit der ganzen Mannschaft der Mary Rose genannt zu werden. Sie hätte sich gern noch weiter der Illusion hingegeben, das besondere Vertrauen des Freibeuters zu genießen. Doch dafür war es wohl noch zu früh, rief sie sich in Erinnerung und wandte ihre Aufmerksamkeit der gut heilenden Wunde zu.
»Braucht das überhaupt noch einen Verband?«
»Ich finde es besser«, sagte er. »Nur noch ein paar Tage. Wenn Ihr irrtümlich dagegenstoßt, könnte sich die Wunde noch einmal öffnen. Das kann unter derart beengten Umständen wie hier leicht passieren.« Sein Blick
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